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Weiter Ärger mit N26

Quelle: N26

Im Grunde ist es ein Offenbarungseid, den N26 am 20. Oktober in seinem Blog leistete. Unter der Überschrift "Vorübergehende Änderungen bei der Neukundenaufnahme" ist da zu lesen, dass man die Anzahl der Bankkonten, die Neukunden monatlich angeboten werden können, vorübergehend angepasst werden müsse, sodass Neukunden sich unter Umständen in Wartelisten eintragen müssen. Begründet wird das mit der "Entscheidung", Produktangebot und Prozesse noch weiter zu verbessern. Dass bei dieser Entscheidung die BaFin Pate gestanden hat, wird dabei geflissentlich übersehen.

Der Handlungsbedarf ist allerdings offenbar enorm. So wenig hat die Neobank die KYC-Prozesse offenbar im Griff, dass trotz des Stopps, den die Bankenaufsicht für das ungebremste Wachstum von N26 verfügt hat, die Probleme weiter anhalten.

Deutlich wird das nicht zuletzt in einem offenen Brief, den der Genossenschaftsverband Bayern an BaFin-Chef Mark Branson gerichtet hat. Dort heißt es: Trotz des verhängten Bußgeldes wegen mangelhafter Geldwäschebekämpfung seitens N26 und trotz Bestellung eines Sonderbeauftragten sei das Risiko für die Bankkunden nicht gebannt, insbesondere betreffend der Legitimationsprüfung von Kontoeröffnungen bei der Neobank.

In Zahlen, die der GVB vorlegt, heißt das: Mindestens ein Drittel der bayerischen Volks- und Raiffeisenbanken hat in diesem Jahre Betrugsfälle bei seinen Kunden zu beklagen, die im Zusammenhang mit einem N26-Konto stehen. Insgesamt wurden seit Jahresbeginn 2021 mehr als 400 Betrugsdelikte in Zusammenhang mit einem N26-Konto gemeldet, wobei die Spanne von Kleinsummen um 50 Euro bis zu Beträgen von 130 000 Euro reicht. Der Gesamtschaden beläuft sich bisher auf mindestens 1,5 Millionen Euro - wohlgemerkt nur bei den Genossenschaftsbanken in Bayern.

Hier macht der GVB ein erhebliches Verbraucherschutzproblem aus - und auch eines für die gesamte Bankenbranche. Denn zum einen bedeuten solche Betrugsfälle immer einen Imageschaden für die Branche - ganz gleich, an welcher Stelle die Verantwortung dafür zu suchen ist. Zum anderen ist mit diesen Betrugsfällen auch ein immenser Aufwand für die Hausbanken der betroffenen Kunden verbunden.

Das ist umso ärgerlicher, wenn den Geschädigten nicht geholfen werden kann. Und auch das ist offenbar häufig der Fall. Wie aus den Rückmeldungen der Institute hervorgeht, so heißt es in dem Schreiben, funktionieren die Prozesse bei N26, zum Beispiel ein schneller Zugriff auf die betrügerisch erlangten Mittel, nur unzureichend. Rund zwei Drittel der befragten Genossenschaftsbanken gaben in der Umfrage des GVB unter seinen Mitgliedsinstituten an, dass die entsprechenden Stellen bei N26 entweder nicht erreichbar waren oder zu spät reagiert haben, um entsprechende Zahlungen rückgängig machen zu können. In der Folge blieben mehr als 75 Prozent der Fälle ungelöst.

Für N26 droht also vermutlich weiteres Ungemach - zu Recht. Denn zum einen ist es nur recht und billig, dass sich alle Marktteilnehmer an die gleichen Regeln halten. Zum anderen wird an den Zahlen aus den bayerischen Genossenschaftsbanken deutlich, dass es dabei keineswegs um bloße Paragrafenreiterei geht, sondern dass es durchaus von hoher Bedeutung ist, dass diese Regeln von allen eingehalten werden. Es kann und darf nicht sein, dass das ungebremste Wachstum einzelner Marktteilnehmer die ganze Branche und deren Kunden in Mitleidenschaft zieht.

Das Beispiel zeigt aber auch einmal mehr: technische Prozesse mögen nahezu beliebig skalierbar sein. Der Faktor Mensch ist es nicht. Ohne Menschen, die bei Problemen korrigierend eingreifen können, ohne ein funktionierendes Backoffice also, taugt die beste Technik an der Kundenschnittstelle nicht. Red.

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