Geldanlage

Aktienmuffel in guter Gesellschaft

Anteil von Anlageformen am Gesamtvermögen von Anlegern (Angaben in Prozent, Mehrfachnennungen möglich) Quelle: Aktion pro Aktie

Immer wieder wird beim Thema private Altersvorsorge die mangelnde Wertpapieraffinität der Deutschen beklagt. Dann wird darauf verwiesen, wie viel stärker Anleger in den angelsächsischen Ländern in Aktien investieren. Doch deren gebetsmühlenartig vorgetragene Aktienaffinität schient vielleicht doch nicht ganz so ausgeprägt zu sein, wie oft vermutet. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Mitte März veröffentlichte repräsentative Studie im Auftrag der "Aktion pro Aktie" von Comdirect, Consorsbank, DAB Bank, ING-Diba und Maxblue.

Auch bei Briten und US-Amerikanern stehen demnach niedrig verzinste Anlageprodukte höher im Kurs als Aktien. So bezeichnet jeder vierte Deutsche (25 Prozent) und Brite (26 Prozent) sowie knapp ein Drittel der US-Amerikaner (30 Prozent) Sparkonten wie Festgeld und Sparbuch als ideale Anlageprodukte. Demgegenüber bewegen sich Aktienanlagen wie Anleihen, Einzelaktien oder Aktien-ETFs in allen drei Ländern nur im einstelligen Prozentbereich. Einzelaktien finden etwa nur vier Prozent der Deutschen, drei Prozent der Briten und sieben Prozent der Amerikaner ideal für die persönliche Geldanlage.

Das mag unter anderem daran liegen, dass die Renditeerwartungen der Anleger in allen drei Ländern deutlich über der Realität liegen. Zudem ist die Dividende als Renditebestandteil von Aktien vergleichsweise unbekannt. Nur 8 Prozent der US-Amerikaner und 13 Prozent der Briten sind sich dessen bewusst. Dagegen schneiden die Deutschen mit 24 Prozent direkt gut ab. Auch bei den Anteilen, die die einzelnen Anlageformen am gesamten Geldvermögen der Sparer haben, liegen die Werte überraschend nah aneinander, wobei die Deutschen etwas stärker auf Aktienfonds setzen (7 Prozent gegenüber 5 Prozent in Großbritannien und 4 Prozent in den USA), die Briten hingegen eher auf Anleihen (Deutschland 1 Prozent, Großbritannien 5 Prozent und USA 4 Prozent.

Allerdings werden Aktien von Anlegern in Deutschland als riskanter bewertet als von Briten und Amerikanern. Ein Viertel der Deutschen (24 Prozent) bezeichnet Aktien als "Zockerpapiere", in Großbritannien und den USA sind es nur 7 beziehungsweise 10 Prozent der Befragten. Zudem lässt sich die Zurückhaltung der Deutschen vielleicht auch damit erklären, dass sie weit stärker als die Anleger in den angelsächsischen Ländern davon ausgehen, vor allem Banken würden von Aktienanlagen profitieren. Das meint fast jeder zweite Deutsche (47 Prozent), aber nur knapp jeder vierte Brite und US-Amerkianer (24 Prozent). Letzgenannte geben zur 62 beziehungsweise 70 Prozent zu Protokoll, dass Anleger von der Aktienanlage profitieren. In Deutschland finden das nur 51 Prozent.

Wenn es um die Anlageentscheidung geht, befinden sich die deutschen Wertpapiermuffel also offenbar in guter Gesellschaft. Diese Erkenntnis ist jedoch in der aktuellen Situation, in der Wertpapierinvestments immer wichtiger werden, jedoch wenig hilfreich - eher im Gegenteil. Vermutlich hätten sich die Initiatoren der Studie hier andere Ergebnisse erhofft, die sich plakativ hätten vermarkten lassen.

Und doch bietet die Studie auch Ansatzpunkte. Und die liegen einmal mehr bei der Divergenz zwischen Theorie und Praxis. Wer Kunden für mehr Wertpapierinvestments begeistern will, der muss ganz offen darauf hinweisen, dass klassische Sparprodukte bei einem Leitzins von null Prozent zwar den nominellen Werterhalt sicherstellen, aber eben nicht mehr. Und er muss es schaffen, die grundsätzliche Erkenntnis vieler Anleger, dass sie vielleicht doch etwas mehr aus ihrem Geld machen könnten, in tatsächliches Handeln umzumünzen. Das ist die Herkulesaufgabe, an der sich die Branche schon lange abarbeitet. Red.

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