BERATUNGSPRAXIS

Die Corona-Krise ist ein Fairness-Test für Banken

Prof. Dr. Dr. Alexander Brink, Foto: concern

Fairness sei ein wichtiges, allerdings gegenwärtig kein dringliches Thema. Viele Vorstände und Führungskräfte von Sparkassen und Genossenschaftsbanken spiegeln das gegenwärtig zurück. Die Gründe liegen auf der Hand: In der Corona-Krise gehe es um das nackte Überleben, um schnelle, oftmals harte Entscheidungen. Fairness hingegen sei ein Wohlfühlfaktor für gute Zeiten - könnte man meinen. Das Gegenteil ist der Fall.

Wir erleben gegenwärtig eine noch nie dagewesene regionale und nationale Solidarität. Menschen nehmen Rücksicht aufeinander, stellen eigene Interessen zurück, engagieren sich für das Gemeinwohl. Solidarität ist gelebte Fairness! Die Herausforderung der kommenden Monate ist nun, fair aus der Krise herauszukommen und damit den bevorstehenden Exit verantwortungsvoll zu gestalten. Das betrifft auch das Beziehungsmanagement zu Kunden - die Videoberatung bietet hier große Chancen.

"Wir sind auch in Corona-Zeiten für Sie da!" Dieses Versprechen liest man immer häufiger. Wie jedoch kann man "da sein", wenn man die "soziale Distanz" pflegt, um sich und andere zu schützen? Keiner wird ernsthaft bestreiten, dass Fairness in einer persönlichen Interaktion einfacher umzusetzen ist. Sie kann aber genauso gut in einem digitalen Umfeld praktiziert werden. Die Lösung liegt in der Videoberatung, die - macht man sie richtig und gut - sogar sehr nah an die traditionelle Filialberatung herankommt.

"Vertrauens-Deal" zwischen Beratern und Kunden

Dabei sind drei Dinge zu beachten:

- Erstens müssen beide Parteien einen Art "Vertrauens-Deal" machen, sich auf diese Form der Interaktion einzulassen. Bei bestehenden Kundenbeziehungen wird das besonders gut funktionieren, wenn die Bank bislang als fair und vertrauensvoll wahr genommen wurde. Kunden müssen sich nämlich sicher sein, dass die Bank das digitale Umfeld nicht zu ihren Lasten ausnutzt. Individualität, Transparenz und Verständlichkeit der Beratung bleiben auch in der digitalen Umgebung die wichtigsten handlungsleitenden Werte einer fairen Beratung. Empirische Studien zeigen, dass die Banken hier sehr unterschiedlich abschneiden.

- Zweitens muss man ganz pragmatische Erfolgsfaktoren berücksichtigen: Man braucht die passende Soft- und Hardware, die richtige Kundenansprache, den passenden Spannungsbogen, die gute Kamera- und Beleuchtungseinstellung und eine angenehme Digitalkultur.

- Um diese Voraussetzungen zu realisieren, müssen Mitarbeiter drittens gezielt zu Videoberatern geschult und vor allem für diese innovative Form begeistert werden.

Die Videoberatung ist ein Stück weit alternativlos

Sparkassen und Genossenschaftsbanken, denen es gelingt, die Fairness werte Individualität, Transparenz und Verständlichkeit auch in der Videoberatung umzusetzen und diese mit den richtigen Techniken in der konkreten Interaktion zu kombinieren, werden in Zukunft erfolgreich sein.

Mal ehrlich - die Videoberatung ist auch ein Stück weit alternativlos: Die "Abwarte-Option" - wir sitzen die Krise aus und machen dann weiter wie bisher - wird auf der Erlös- und Kostenseite viel Geld kosten, Kundenbeziehungen schwächen und die Sparkassen und Genossenschaftsbanken zu angeschlagenen Akquisitionsopfern machen. Wer hingegen auf die Videoberatung wechselt, kurbelt den Vertrieb an und stärkt damit seine Wettbewerbssituation. Wer sich in Krisenzeiten aktiv um den Kunden kümmert, stärkt auch die Kundenbindung und -beziehung.

Eines ist klar: Qua ihrer Tradition, ihrer Gemeinwohlorientierung und ihrer Werte sind Sparkassen und Genossenschaftsbanken - im Vergleich zu vielen anderen Unternehmen, die sich gerade auf den Exit vorbereiten - hervorragend positioniert, als glaubwürdiges Vorbild voranzugehen. Diesen Differenzierungsvorteil sollte man in der Post-Corona-Zeit gezielt nutzen - zum Wohle der Kunden, der Mitarbeitenden und letztlich natürlich zum Wohle des eigenen Unternehmens.

Prof. Dr. Dr. Alexaner Brink, Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Universität Bayreuth
Prof. Dr. Dr. Alexander Brink , Professor für Wirtschafts- und Unternehmensethik, Universität Bayreuth
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