Altersvorsorge

Bausteine der Alterssicherung: Positionen aus der Politik

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Was sind die Bausteine für die künftige Einkommenssicherung im Ruhestand? Das hat die bank-und-markt-Redaktion die Fraktionen des Deutschen Bundestags sowie die FDP gefragt. Die Konzepte (in alphabetischer Reihenfolge der Parteinamen) sind durchaus unterschiedlich, doch gibt es immer wieder auch Überschneidungen: So plädieren Die Linke und Bündnis 90/Die Grünen für die Einbeziehung aller Erwerbstätigen beziehungsweise Bürger in das umlagefinanzierte System. CDU und FDP wiederum sind sich darin einig, dass den Verbrauchern der Gesamtüberblick über das, was sie aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Vorsorge zu erwarten haben, erleichtert werden muss. Am stärksten auseinander gehen die Vorstellungen in Sachen staatlich geförderte Altersvorsorge. Für die SPD (die sich ganz auf bAV konzentriert) offenbar kein Thema, will die Linksfraktion sie in die gesetzliche Rentenversicherung überführen. Die Union plädiert dagegen, ganz ähnlich wie die Grünen, für ein Standardprodukt unter staatlicher Kontrolle. Einigen kann sich die Politik wohl auch darauf, Eigenvorsorge künftig nicht mehr oder doch weniger stark auf die Grundsicherung anzurechnen, damit sich die Sparbemühungen der Verbraucher lohnen. Red.

BÜNDNIS 90 DIE GRÜNEN

"Armut im Alter verhindern durch eine ganzheitliche Sicht"

Immer mehr Rentner sind von Altersarmut betroffen. Angesichts unsteter Erwerbsbiografien, weit verbreiteter Niedriglöhne und eines sinkenden Rentenniveaus droht diese Entwicklung rasant fortzuschreiten. Betroffen sind insbesondere Frauen, Selbst ständige und Personen mit gesundheitlichen Problemen. Um dieses Problem zu lösen, ist eine Reihe von Maßnahmen notwendig:

1. Das Rentenniveau stabilisieren ...

Es ist für uns Grüne eine Frage der Gerechtigkeit und der Würde, dass Menschen im Alter ein selbstbestimmtes Leben führen können. Die Basis für eine umfassende Alterssicherung ist und bleibt die gesetzliche Rente. Sie ist die mit Abstand wichtigste Säule der Alterssicherung - auf ihr Konto gehen rund neun Zehntel der Gesamtausgaben. Und sie soll es auch bleiben. Denn sie ist besser als ihr Ruf: In der Bankenkrise und während der Niedrigzinsphase bewies und beweist die umlagefinanzierte Rentenversicherung ihre Stabilität.

Es ist allerdings zu konstatieren, dass das Niveau der gesetzlichen Rentenversicherung in den letzten Jahren abgesunken ist.

- Momentan erhält die sogenannte Eckrentnerin beziehungsweise der Eckrentner nach 45 Beitragsjahren aus einem durchschnittlichen Verdienst eine Rente, die rund 47 Prozent des durchschnittlichen Nettoentgelts entspricht. Auf diese Rente fallen noch Steuern an.

- Ohne weitere Maßnahmen kann das Rentenniveau bis zum Jahr 2030 auf bis zu 43 Prozent absinken und danach weiter fallen.

- Wird nicht gegengesteuert, werden bereits Ende der 2020er Jahre 30 Entgeltpunkte nicht mehr ausreichen, um eine Rente oberhalb der Grundsicherung im Alter zu gewährleisten.

Für immer mehr Versicherte wird somit der Wechsel vom Arbeitsleben in den Ruhestand zu einem deutlichen Statusverlust führen. Viele Menschen fürchten daher, dass sie sich im Alter deutlich werden einschränken müssen. Wir sind der Meinung, dass Menschen der Rentenversicherung nur dann Vertrauen schenken, wenn sich eigene Beiträge auch lohnen.

Eine Stärkung der gesetzlichen Rente ist nicht nur ein Garant für die Möglichkeit, den während des Erwerbslebens erreichten Lebensstandard auch im Alter zu wahren. Sie ist auch ein zentrales Instrument zur Vermeidung von Altersarmut. Das gesetzliche Rentenniveau wollen wir möglichst auf heutigem Stand stabilisieren.

... und eine Garantierente einführen

Zusätzlich sollte die Rentenversicherung durch eine Garantierente gewährleisten, dass alle Menschen, die den größten Teil ihres Lebens gearbeitet, Kinder erzogen, andere Menschen gepflegt oder sonstige Anwartschaften in der Rentenversicherung erworben haben, im Alter eine Rente beziehen, die oberhalb der Grundsicherung liegt.

Ungeachtet der Vorschläge für ein angemessenes Rentenniveau fordern wir daher Maßnahmen zur Bekämpfung von Altersarmut für langjährig Versicherte. Denn niedrige Löhne, Zeiten der Arbeitslosigkeit, der Pflege von Angehörigen oder der Erziehung von Kindern können dazu führen, dass Versicherte trotz langjähriger Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht auf 30 Entgeltpunkte kommen und somit auf Leistungen der Grundsicherung im Alter angewiesen wären.

Für diese Versicherten wollen wir eine steuerfinanzierte Garantierente innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung schaffen, die eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus verspricht. Klar ist aber auch: Je stärker das Sicherungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung, desto weniger Versicherte sind auf die Garantierente angewiesen.

2. Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente abschaffen

Grundsätzlich spiegeln die Renten die Einkommensposition des Erwerbslebens wider. Wer viel und lange verdient, erhält eine höhere Rente. Hier erweist es sich als fatal, dass bestimmte Gruppen weniger Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben als andere. Auch wenn solche Probleme grundlegend auch dort - auf dem Arbeitsmarkt - gelöst werden müssen, kann das Rentenrecht Ungerechtigkeiten ab mildern.

So ist etwa die rentenrechtliche Absicherung der Bezieher einer Erwerbsminderungsrente dringend zu verbessern. Gerade weil die Erwerbsminderungsrente eine unfreiwillige Form des Rentenzugangs darstellt, ist deren armutsfeste Ausgestaltung notwendig. Die von den Regierungsfraktionen verabschiedeten Änderungen im Rahmen des Rentenpakets gehen zwar in die richtige Richtung, sind in der Summe aber ungenügend.

Sinnvoll ist es, auf die Abschläge bei der Erwerbsminderungsrente dann zu verzichten, wenn der Zugang allein aus gesundheitlichen Gründen erfolgte. Es ist nicht plausibel, dass Menschen, die aufgrund ihrer gesundheitlichen Situation an ihrer Lage nichts ändern können und gezwungen sind, einen Antrag auf Rente zu stellen, dafür mit Abschlägen bestraft werden.

Dies gilt selbstverständlich auch für die Anhebung der Altersgrenze für den abschlagsfreien Rentenbeginn von 63 auf 65 Jahre für erwerbsgeminderte und schwerbehinderte Personen. Dieser Schritt sollte ebenso rückgängig gemacht werden wie die Anhebung der Regelaltersgrenze für schwerbehinderte Personen.

3. Die Betriebsrente stärken

Eine starke Rentenversicherung wird die großen Herausforderungen des demografischen Wandels nicht alleine bewerkstelligen können. Daher spielen auch die ergänzende Betriebsrente sowie die private Altersvorsorge eine wertvolle Rolle. Mit revitalisierten und gestärkten Säulen des Alterssicherungssystems und Maßnahmen auf dem Arbeitsmarkt lässt sich Armut im Alter wirksam vermeiden.

Die Betriebsrente ist zwar recht weit verbreitet, allerdings sind bestimmte Personengruppen von ihr faktisch ausgeschlossen. So werden Betriebsrenten in kleinen und mittleren Unternehmen sowie in einigen Branchen kaum angeboten. Vielen Beschäftigten steht daher kein Angebot einer betrieblichen Altersversorgung zur Verfügung. Ausgerechnet in Branchen mit geringerem Lohnniveau fehlt die zweite Säule. Zudem beteiligen sich Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber immer seltener auch finanziell.

Wir setzen uns dafür ein, dass die Rahmenbedingungen so verändert werden, das auch kleine und mittlere Unternehmen ihren Beschäftigten ausnahmslos eine Betriebsrente anbieten können und sie mit einem eigenen Arbeitgeberbeitrag unterstützen. Dies entspricht der historisch gewachsenen Verantwortung der Unternehmen zur sozialen Sicherung der Beschäftigten und ist darüber hinaus ein Beitrag zur Betriebsbindung.

Im Gegenzug wollen wir kleinere Unternehmen zielgenau entlasten und damit besondere Anreize für ein Betriebsrentenangebot gegenüber den Beschäftigten schaffen. Die sogenannte reine Beitragszusage im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung gezielt für Unternehmen bis zu fünfzig Mitarbeitern zuzulassen, unterstützt gerade diejenigen Betriebe, die Hilfe besonders benötigen. Es bedarf zudem eines einfachen, kostengünstigen, sicheren und öffentlich verwalteten Bürgerfonds als Basisprodukt der betrieblichen Altersversorgung, um gerade kleinen und mittleren Unternehmen eine transparente Anlagemöglichkeit zu eröffnen.

Die geförderte private Altersvorsorge neu aufstellen

Die Riester-Rente mag individuell gesehen in Einzelfällen durchaus attraktiv sein. Das sinkende Rentenniveau kann sie aber für viele nicht ausgleichen. Dafür sorgen zu wenig Bürger auf diesem Weg vor, insbesondere Geringverdienerinnen und Geringverdiener. Auch ist der Ertrag vieler Produkte geringer als ursprünglich erwartet. Und die Riester-Interessierten stehen nach wie vor tausenden Produkten unzähliger Anbieter oft ratlos gegenüber. Der Verbraucherschutz ist bis heute eine der größten Baustellen.

In Anbetracht der eklatanten Schwächen in diesen drei Bereichen wird die heutige geförderte private Altersvorsorge ihrer rentenpolitischen Funktion, das Absinken des gesetzlichen Rentenniveaus auszugleichen, eindeutig nicht gerecht. Wir wollen daher einen Neustart bei der privaten Altersvorsorge - und zwar in vier Schritten:

- Der Versicherungswirtschaft ist es (von einigen positiven Ausnahmen abgesehen) auch nach eineinhalb Jahrzehnten nicht gelungen, ein alterssicherungspolitisch vertretbares Tableau an Altersvorsorgeangeboten vorzulegen. Exemplarisch ist der im vergangenen Jahr erschienene Bericht der Stiftung Finanztest, die nur einem Bruchteil der untersuchten Riester-Lebensversicherungen die Note "gut" ausstellen konnte. Daher gilt es erstens einen "BürgerInnenfonds" einzuführen; ein öffentlich verwaltetes, einfaches, kostengünstiges und sicheres Basisprodukt der privaten Altersvorsorge.

- Zweitens wollen wir über umfassende verbraucherpolitische Maßnahmen die Verbrauchersouveränität ausweiten, unter anderem, indem wir die Kosten weiter begrenzen und die Rahmenbedingungen für Beratungsleistungen neu konturieren.

- Auch wenn die skizzierten Maßnahmen die Attraktivität der geförderten privaten Altersvorsorge mutmaßlich merklich steigern dürften - sie sind nicht mehr und nicht weniger als eine notwendige, aber eben noch keine hinreichende Bedingung für eine umfassende Verbreitung, gerade unter Menschen mit geringem Einkommen. Die Grüne Bundestagsfraktion setzt sich deshalb - drittens - für eine zielgenaue Neuaufstellung der Riester-Förderung bei Neuverträgen ein. Die private Altersvorsorge als konstitutiven Teil des Alterssicherungssystems zu retten, ist nur dann gerechtfertigt, wenn sie für Geringverdiener zu einer bezahlbaren Option wird. Dazu wollen wir insbesondere die Grundzulage erhöhen sowie einen Zuschlag für Menschen im unteren Bereich der Einkommensskala einführen.

- Damit sich die betriebliche und die private Altersvorsorge auch für Menschen mit niedrigen Einkommen lohnen, soll - viertens - die Grüne Garantierente ausgezahlt werden, ohne dass es dabei zu einer Anrechnung von Einkommen aus der zweiten und der dritten Säule der Alterssicherung kommt.

Bürgerversicherung für alle

Um wirklich alle im Ruhestand abzusichern, muss die Renten- zu einer Bürgerversicherung weiterentwickelt werden. Als eine der zentralen präventiven Maßnahmen gegen Altersarmut sollen Versicherungslücken geschlossen werden. Die Bürgerversicherung bezieht kurzfristig nicht nur die anderweitig nicht abgesicherten Selbstständigen ein, sondern auch Minijobber, Hausmänner und ALG-II-Empfänger. Sie sorgt darüber hinaus für eine eigenständige Alterssicherung von Frauen: Wir wollen sicherstellen, dass Paare ihre Anwartschaften in der GRV teilen, unabhängig davon, wie die Erwerbs- und Fürsorgearbeit untereinander aufgeteilt wird. Schnellstmöglich sollen auch Abgeordnete, Selbstständige in freien Berufen sowie Beamte integriert werden. Nicht zuletzt ist die Bürgerversicherung ein zentraler Baustein für die nachhaltige Finanzierung der umlagebasierten Rente einschließlich Garantierente. Sie ist ein Instrument zur Stabilisierung des Rentenniveaus und damit eine wesentliche Voraussetzung für ein armutsfestes Alterssicherungsystem.

Markus Kurth, MdB, Sprecher für Rentenpolitik, Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

CDU/CSU

"Vertrauen in die Systeme der Alterssicherung schaffen"

Die drei Systeme der Alterssicherung haben sich grundsätzlich in den letzten 125 Jahren bewährt. Sie haben die Menschen zuverlässig für das Alter abgesichert und vor Altersarmut geschützt. Das gilt in erster Linie für die umlagefinanzierte, gesetzliche Rente. Sie steht heute weitaus besser da, als noch vor einigen Jahren vorausgesagt. Der Beitragssatz ist mit 18,7 Prozent niedriger als prognostiziert, die Nachhaltigkeitsrücklage mit rund 32 Milliarden Euro solide finanziert und das Rentenniveau liegt ebenfalls über dem vorausberechneten Wert.

Das liegt vor allem auch daran, dass wir in den vergangenen Jahren bereits viele Schritte getan haben, um die gesetzliche Rente zukunftsfest und generationengerecht auszugestalten. Mit dem Rentenpaket hat die derzeitige Koalition wesentliche Leistungsverbesserungen eingeführt. Die Mütterrente, die abschlagsfreie Rente mit 63 oder der verbesserte Erwerbsminderungsschutz stellen wichtige Weichen für ein zukunftsfestes Rentensystem. Wir haben die steigende Lebenserwartung und die Generationengerechtigkeit im Blick. Bis 2030 führen wir daher schrittweise die Rente mit 67 ein.

Bei den Reformen, die jetzt beschlossen wurden, dürfen wir aber nicht stehen bleiben. Bei der gesetzlichen Rente ist es wichtig, das Rentenniveau auch über 2030 hinaus zu stabilisieren. Wir müssen uns alle Stellschrauben genau ansehen: Eine Beteiligung der Beitragszahler oder längeres Arbeiten ist für ein stabiles Rentenniveau unentbehrlich. Wir dürfen die junge Generation aber nicht überfordern.

Betriebsrenten und Privatvorsorge gewinnen an Bedeutung

Die Betriebsrenten und die Privatvorsorge bleiben notwendige Bausteine für eine gute Absicherung im Alter. Im Grunde gewinnen sie sogar an Bedeutung. Auch hier hat die Koalition bereits reagiert und wesentliche Schritte unternommen, um die Betriebs- und Privatvorsorge zu stärken. Das gilt es nun weiter voranzutreiben.

Alle drei Säulen des Rentensystems sind auf Beiträge und eine gesunde wirtschaftliche Entwicklung angewiesen. Nur so können sie die in sie gesetzten Erwartungen erfüllen.

Klar ist: Wer im Alter ausreichend abgesichert sein will, muss in mindestens zwei der drei Säulen einzahlen. Um das Vertrauen der Menschen in die Systeme der Altersabsicherung zu stärken, bedarf es behutsamer und wohlbedachter Reformschritte. Sie müssen ausgewogen sein und sowohl die (zukünftigen) Rentner als auch die Beitragszahler in den Blick nehmen. Für die heutigen Rentner wird sich nichts ändern. Es geht jetzt darum, die bis 2030 ausgestalteten Mechanismen bis 2045 fortzuentwickeln. Zehn wesentliche Punkte sind in der Debatte zentral und diskussionswürdig:

Künftiges Rentenniveau: 46 Prozent sind zu viel

Das Rentenniveau ist derzeit einer der zentralen Diskussionspunkte. Es ist nicht beliebig, sondern die Höhe hängt von verschiedenen Faktoren ab, die wohlbedacht sind. Da ein sinkendes Rentenniveau mit einem zunehmenden Armutsrisiko einhergeht, soll das Bruttorentenniveau bis 2030 und darüber hinaus bei 45 Prozent stabilisiert werden. Der Beitragssatz soll 2030 23 Prozent und 2040 24 Prozent nicht übersteigen. Der Vorschlag von Ministerin Nahles mit einem Rentenniveau von 46 Prozent bis 2045 geht hier zu weit und ist zu teuer.

Das Rentenniveau hängt unmittelbar von der wirtschaftlichen Entwicklung ab. Es ist daher noch nicht abschätzbar, welche Mehrkosten bereits mit der Anhebung auf 45 Prozent entstehen. Diese könnten bis 2030 auf bis zu zehn Milliarden Euro anwachsen. Ein besseres Rentenniveau ist eben nie kostenlos zu erreichen.

Lebensleistungsrente systemkonform einführen

Es soll zur langfristigen Sicherstellung der Rentenfinanzen geprüft werden, ob und wie die Einnahmebasis der Rentenversicherung verbreitert werden kann. So wie sich die Arbeitswelt und die Beschäftigungsformen und damit auch die Lebensgrundlagen wandeln, gilt es auch die Finanzgrundlagen der Rente an die Entwicklungen anzupassen, in denen die klassische Erwerbsarbeit an Bedeutung verliert.

Zudem sollten sämtliche versicherungsfremde Leistungen durch Steuermittel abgedeckt sein. Entsprechend sollte die steuerliche Unterfütterung der Mütterrente nach 2018 ausgebaut werden.

Die solidarische Lebensleistungsrente und die wesentlichen Voraussetzungen sind durch den Koalitionsvertrag vereinbart. Ihre Einführung ist allerdings umstritten. Wichtig ist, das Fürsorgeprinzip und das Versicherungsprinzip auseinanderzuhalten. Die Vorschläge der Ministerin müssen wir sehr genau prüfen.

Absicherung von Soloselbstständigen verbessern

Eine Altersvorsorgepflicht ist für alle Selbstständigen notwendig, die nicht bereits anderweitig abgesichert sind. Es zeigt sich zunehmend, dass die Handwerkerpflichtversicherung ein gutes Vorbild für soziale Sicherheit bislang ungesicherter Selbstständiger ist.

Damit wird gerade bei modernen, neuen Formen der Arbeitswelt, in denen sich Phasen abhängiger Beschäftigung mit Phasen selbstständiger Tätigkeit abwechseln, eine größere Kontinuität erzeugt. So würden sich auch die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen beispielsweise für eine Erwerbsminderungsrente verbessern.

Ungesicherte Selbstständige sollten aber zwischen der gesetzlichen Rentenversicherung und anderen Vorsorgearten wählen können. Ihnen könnten wir dabei im Rahmen eines Pilotprojekts zusätzlich anbieten, mit einem neuen Standardprodukt ("Deutschlandrente") vorzusorgen.

Flexiblere Übergänge und demografische Herausforderung

Mit dem Gesetz zur Flexi-Rente wurde bereits ein wichtiger Baustein für eine moderne und zukunftsfeste Rente beschlossen. Das Gesetz ermöglicht längeres Arbeiten und senkt so auch die Gefahr von Altersarmut. Wer neben der Rente arbeitet, kann jetzt auch seine späteren Rentenansprüche aufbessern. Wir wollen die Anreize zur Nutzung der Flexi-Rente erhöhen. Das System von Zu- und Abschlägen soll transparenter und anschaulicher werden, indem zum Beispiel die bisherigen Altersgrenzen in Altersstufen umgewandelt werden. Die Anhebung der bisherigen Altersgrenzen kann so über 2030 hinaus fortentwickelt und flankiert werden.

Die Flexi-Rente ist auch als Gegenpol zur Rente mit 63 wichtig. Denn: Die Lebenserwartung steigt und eine älter werdende Gesellschaft ist auf eine höhere Erwerbsbeteiligung älterer Menschen angewiesen.

Derzeit besitzen etwa 60 Prozent der Beschäftigten eine Betriebsrentenanwartschaft. Mit der Umsetzung der EU-Mobilitätsrichtlinie hat die Koalition bereits zuvor die Portabilität und die Unverfallbarkeit der Betriebsrenten verbessert.

Betriebsrenten stärken

Die Betriebsrenten sollen nun weiter gestärkt und ihre Verbreitung in kleinen und mittelständischen Betrieben erhöht werden. Dazu liegt bereits ein Gesetzentwurf vor, der viele wichtige Schritte enthält. Förderwege sollen vereinfacht und zielgenau so ausgebaut werden, dass Geringverdiener besser angesprochen werden.

Hier soll der Arbeitgeber einen Zuschuss bekommen, wenn der Arbeitnehmer weniger als 2000 Euro verdient. Zudem soll die steuerliche Förderung von vier auf sieben Prozent erhöht werden. Mit dem Sozialpartnermodell sollen Tarifvertragsparteien neue Wege bei der Betriebsrente gehen und unter anderem eine Zielrente vereinbaren können.

Förderung der Privatvorsorge für alle Steuerpflichtigen

Privatvorsorge bleibt für ein lebensstandardsicherndes und auskömmliches Alterseinkommen unverzichtbar. Dabei schwächeln die kapitalgedeckten Vorsorgeformen derzeit aus verschiedenen Gründen. Insbesondere wegen der Finanzkrisen und der Niedrigzinsphase scheuen viele Menschen das Kapitalmarktrisiko. Manche Produkte haben die Erwartungen nicht erfüllt. Renditen sind allerdings langfristig zu betrachten und nicht nur kurzfristig.

In der Kritik ist die Riester-Rente, nicht zuletzt wegen des Geschäftsgebarens mancher Anbieter, das nicht immer förderlich war. Der Gesetzgeber hat hier bereits gegengesteuert und beispielsweise Wechselkosten begrenzt. Immerhin mehr als 16 Millionen Menschen haben einen Vertrag abgeschlossen. Allerdings ruhen rund 20 Prozent dieser Verträge und werden nicht (mehr) angespart.

Die Förderung zielt auf Geringverdiener und wirkt auch bei mittleren sowie bei besseren Einkommen. Rund zwei Drittel der Zulagenempfänger haben ein Bruttojahreseinkommen von weniger als 30 000 Euro. Gleichwohl sorgen viele Geringverdiener nicht privat vor. Es ist zu begrüßen, dass mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz die Grundzulage von 154 auf 165 Euro erhöht werden soll.

Die Förderung der privaten Altersvorsorge sollte nicht abgeschafft werden. Es ist jedoch zielführend, die Vorsorgeformen auf Effizienzgesichtspunkte hin zu überprüfen und zu optimieren. So sollte die geförderte Altersvorsorge zum Beispiel mit einem neuen Standardprodukt auf den Weg gebracht werden, das bestimmte Kriterien erfüllt und unter dem Dach staatlicher Kontrolle angeboten werden soll. Die Förderung sollte künftig für jedermann zugänglich sein, der hier unbeschränkt einkommenssteuerpflichtig ist, mindestens aber auch für Selbstständige.

Auch der Freibetrag auf die Grundsicherung, der mit dem Betriebsrentenstärkungsgesetz eingeführt werden soll, ist hilfreich.

Erwerbsminderungsschutz fördern: in Betriebsrente und Privatvorsorge

Erwerbsminderung geht mit einem hohen Armutsrisiko einher. Die Erwerbsminderungsrente ist daher ein wichtiger Baustein, um finanzielle Ausfälle zumindest teilweise auszugleichen. Mit der Verlängerung der sogenannten Zurechnungszeit sowie Verbesserungen bei der Rehabilitation hat die Koalition bereits wichtige Schritte eingeleitet. Es ist gut, dass der Koalitionsausschuss hier ansetzt und die Zurechnungszeit weiter ausbauen will. Versicherungsmathematische Abschläge haben ihre Berechtigung in der längeren Laufzeit und der Beseitigung von früheren Fehlanreizen. Sie sollten wir nicht abschaffen.

Maßnahmen der Prävention sowie der Grundsatz "Reha vor Rente" gewinnen an Bedeutung und sind weiter zu stärken. Arbeitsplätze müssen altersgerecht ausgestaltet sein.

Außerdem soll der Erwerbsminderungsschutz in der Betriebsrente und der Privatvorsorge ausgebaut werden. Die steuerliche Förderfähigkeit von Produkten soll sich auch stärker daran ausrichten, inwieweit ein Erwerbsminderungsschutz vorgesehen ist.

Einheitliche Vorsorgeinformation soll Überblick schaffen

Den Menschen fehlt oft der Durchblick, was sie aus verschiedenen Systemen an Alterseinkommen zu erwarten haben. Eine einheitliche Vorsorgeinformation soll künftig einen besseren Überblick darüber geben, in welchem Umfang man vorgesorgt hat und welche Einkünfte daraus später resultieren. Die Menschen müssen eine Orientierung darüber haben, was ihnen aus den Systemen der gesetzlichen, betrieblichen und privaten Vorsorge am Ende zum Leben bleibt.

Die Angleichung der Renten zwischen Ost und West ist weit fortgeschritten. Grundsätzlich folgen die Renten der Lohnentwicklung. Denn von diesen Löhnen werden die Beiträge gezahlt und die Renten finanziert. Mit fortschreitender Lohnangleichung gleicht sich das Rentenniveau an. Die Ost-West Rentenangleichung wird nun in mehreren Schritten bis 2025 forciert.

Zur Stabilisierung der Rentenfinanzen sollte schließlich die untere Grenze der Nachhaltigkeitsrücklage auf 0,4 Monatsausgaben angehoben werden.

Karl Schiewerling, MdB, arbeitsmarkt- und sozialpolitischer Sprecher, CDU/CSU-Bundestagsfraktion

Freie Demokraten FDP
###"Es ist höchste Zeit, die Rente komplett neu zu denken"

Die Rentenpolitik der Großen Koalition besteht im konsequenten Rückabwickeln notwendiger Reformen und in verantwortungslosen Mehrausgaben. Ihre bisher beschlossenen Rentenmaßnahmen schlagen mit mehr als 200 Milliarden Euro extra bis zum Jahr 2030 zu Buche und attackieren massiv die Demografiefestigkeit des Systems. Union und SPD verteilen Milliarden-Geschenke, als gäbe es kein Morgen.

Jüngst hat Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles ihre neue "doppelte Haltelinie" vorgestellt: Das Rentenniveau soll - anders als im Sinne der Zukunftsfähigkeit der Rente vereinbart - nicht unter 46 Prozent liegen. Und die Rentenbeiträge sollen - anders als vereinbart - auf 25 Prozent steigen. 25 Prozent - das ist keine "Haltelinie". Das ist rentenpolitisches Harakiri. Wie sollen die Jüngeren das bezahlen? Zumal "sinkendes Rentenniveau" nicht sinkende Renten bedeutet. Was sprachlich nach sinkenden Renten klingt, heißt tatsächlich nur, dass die Renten in den kommenden Jahren etwas weniger stark steigen werden - sodass die Beiträge eben nicht explodieren und ein fairer Finanzierungsausgleich zwischen den Generationen gewahrt bliebe.

Weichen für demografischen Wandel stellen

Man sollte meinen, dass bei all den Mehrausgaben und Plänen für Mehrausgaben immerhin die Altersarmut wirksam bekämpft werde. Das ist aber ein absoluter Trugschluss. Die schwarzrote Gießkanne fördert zum Beispiel die Frühverrentung durch die Rente mit 63. Im Kampf gegen die Altersarmut bleibt sie aber blass. Genau genommen löst die schwarzrote Rentenpolitik nicht ein einziges Problem, sondern schafft immer nur neue. Es ist höchste Zeit, die Rente komplett neu zu denken. Stellen wir die Weichen Richtung Zukunft und machen das System fit für die moderne Arbeitswelt. Denn mit Digitalisierung, demografischem Wandel und Internationalisierung kommen auf die Arbeitswelt und somit auch auf die sozialen Sicherungssysteme große Veränderungsbedarfe zu.

Diese Zukunft kann dabei Freiheit und Flexibilität in jeder Lebensphase bieten und Selbstverwirklichung ganz neu ermöglichen: Aufgaben entstehen, deren Existenz wir noch nicht ahnen. Die Notwendigkeit zur physischen Präsenz am Arbeitsplatz von 9 bis 17 Uhr verliert an Bedeutung. Die Möglichkeiten zu flexiblen Wechseln zwischen Anstellung, Selbstständigkeit und Unternehmertum werden sich mehren. Ob als Angestellter, Gründer, Freelancer, Co-Worker oder Projektarbeiter - die Chancen zur freien Entscheidung, was, wann, wie und von welchem Ort man arbeiten möchte, nehmen zu.

Auch in anderer Hinsicht ist die Realität längst bunter als das heutige sozialpolitische Korsett: Die Lebenserwartung nimmt zu, Menschen bleiben länger fit und der Wunsch nach Betätigung im Alter wächst. Viele ältere Menschen wollen deshalb mehr statt weniger Freiräume beim Übergang in die Rente. Ein starres Renteneintrittsalter, das die Menschen in Aktive und - häufig ungewollt - Passive aufteilt, wird der Lebenswirklichkeit der Menschen längst nicht mehr gerecht. Was also ist zu tun? Aus meiner Sicht sind fünf Punkte für ein modernes Altersvorsorgesystem zentral.

Eigenvorsorge muss sich lohnen

Erstens: Vielfältigere Lebensläufe verlangen nach neuen Vorkehrungen gegen Altersarmut. Zum einen muss das Existenzminimum auch im Alter gesichert sein. Zum anderen muss sich Vorsorge immer auszahlen. Dies ist eine Frage der Fairness. Wer Grundsicherung im Alter bezieht, hat aber bisher nichts von seiner Vorsorge: Sie wird vollständig aufgezehrt. Deswegen sollten wir durch Freibeträge in der Grundsicherung Altersarmut verhindern. Denn Altersvorsorge muss sich für alle auszahlen, also auch für jene, denen es wegen geringer Verdienste, Schicksalsschläge oder schwieriger Erwerbsbiografien nicht gelungen ist, eine ausreichende Absicherung im Alter aufzubauen. Wer sich angestrengt und vorgesorgt hat, muss ein Alterseinkommen über dem Grundsicherungsniveau haben. Und er muss mehr haben als derjenige, der nicht vorgesorgt hat.

Freiwillige Altersvorsorgeerträge sollten deshalb nur teilweise auf die Grundsicherung im Alter angerechnet werden. Damit nur diejenigen Menschen von der Neuregelung profitieren, die sie brauchen, sollte auch künftig die Bedürftigkeit geprüft werden. So lohnt sich Vorsorge immer und niemand, der vorsorgt, bleibt am Existenzminimum hängen. Würden Beantragung und Auszahlung zusätzlich unter dem Dach der Rentenversicherung zusammengeführt, müsste zudem niemand den Gang zum Sozialamt antreten. Rentner mit unzureichendem Einkommen erhielten so beide Leistungen aus einer Hand.

In Digitalkompetenz investieren, um Altersarmut vorzubeugen

Als wichtigste Maßnahme gegen Altersarmut müssen wir aber schon heute die jungen Menschen in den Blick nehmen, wenn wir sie langfristig vermeiden wollen. Deshalb brauchen wir für die moderne Arbeitswelt massive Investitionen in Bildung. Sie ermöglicht Selbstbestimmung und Eigenverantwortung und eben auch ein gesichertes Einkommen im Alter. Insbesondere benötigen wir eine Offensive für Digitalkompetenz. Es genügt zum Beispiel bei den Jüngsten nicht, einmalig Geld in die Hand zu nehmen, um die Schulen mit Tablets auszustatten, wie die Bundesbildungsministerin es plant. Der Bund soll kontinuierlich die Modernisierung der Schulen und Unterrichtsformen und digitales Lernen mitfinanzieren. Denn: Brandenburg steht nicht im Wettbewerb mit Bremen und Hessen, sondern Deutschland mit China und den USA. Außerdem müssen wir die frühkindliche Förderung verbessern und den Schulen mehr Freiheit und Autonomie geben, die besten Entscheidungen zu treffen. Das sorgt für Chancengerechtigkeit.

Bei den Erwachsenen muss das Schlagwort "Lebenslanges Lernen" endlich überall zur gelebten Realität werden - etwa durch Bildungssparen, Weiterbildung in den Unternehmen und eine aktive Arbeitsmarktpolitik, die Weiterbildung auch von Beschäftigten fördert. Das sichert Aufstiegschancen und die Möglichkeit, vorzusorgen.

Altersvorsorge im Baukastensystem

Zweitens: Eine moderne Altersvorsorge muss künftig als Baukasten aus verschiedenen Elementen organisiert werden. So kann sich jeder die Altersvorsorge zusammenstellen, die zu seinem Lebensweg passt. Es muss ganz selbstverständlich werden, dass eine individuelle Kombi nation verschiedener Elemente aus unterschiedlichen Vorsorgeformen undsys temen das spätere Alterseinkommen ausmachen.

Um den Anforderungen einer modernen Arbeitswelt gerecht zu werden, sollten die Menschen zudem zwischen Tätigkeiten, Arbeitgebern und Beschäftigungsformen wechseln können, ohne dadurch Nachteile für ihre Alterssicherung zu erleiden. Wer etwa zwischen Anstellung und Selbstständigkeit wechseln will, darf nicht benachteiligt werden, sondern muss zum Beispiel seine Riester-Förderung behalten können. Daher sollten die Vorteile der geförderten Altersvorsorge künftig auch denen, die nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert sind, nach gleichen Regeln zugutekommen.

Renteneintrittsalter flexibilisieren

Drittens: Ein starres Renteneintrittsalter in der gesetzlichen Rentenversicherung wird der Lebensrealität der Menschen und der Unterschiedlichkeit ihrer Erwerbsbiografien nicht mehr gerecht. Wir müssen daher endlich flexible Übergänge ermöglichen, damit jeder selbst entscheiden kann, wann er in Rente geht. Wer später geht, bekommt mehr, wer früher geht, bekommt weniger Rente.

Wer etwa durch langjährige Einzahlungen ausreichend Rentenansprüche erworben hat und wessen Einkommen aus gesetzlicher Rente, betrieblicher und privater Altersvorsorge mindestens oberhalb des Grundsicherungsniveaus liegt, der soll ab 60 Jahren in Rente gehen können. Er könnte aber auch weiter arbeiten, so lange er will, und damit die eigenen Ansprüche weiter erhöhen.

Wenn man nach Renteneintritt doch wieder arbeiten oder sich etwas dazuverdienen will, muss auch das möglich sein. Die Hinzuverdienstgrenzen sollten komplett entfallen. So können Menschen auch ihre Arbeitszeit bei Bedarf reduzieren und ergänzend einen Teil ihrer Rente beziehen. Das schafft Freiräume für einen gleitenden Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand und macht eine längere Teilhabe am Erwerbsleben attraktiv. Schweden macht uns das bereits heute erfolgreich vor und hat dabei eines der höchsten faktischen Renteneintrittsalter in Europa.

Vorsorgekonto: Gesamtüberblick über alle Bausteine der Altersvorsorge

Viertens: Über 50 Prozent der Menschen sind laut Umfragen nicht in der Lage, ihr Einkommen im Alter richtig einzuschätzen. Viele junge Menschen stellen sich die Frage zudem erst gar nicht, weil das Thema Rente so weit weg und abstrakt scheint.

Der Staat sollte den Bürgern deshalb durch ein neues E-Government-Bürgerportal eine Übersicht über die einzelnen Elemente und die Summe ihrer Altersvorsorge ermöglichen. Dänemark hat Ähnliches bereits heute. Wer möchte, sieht in dem Portal all seine bisher angesparten Anwartschaften aus seinen persönlichen Baukastenelementen übersichtlich in einem individuellen Vorsorgekonto zusammengeführt. Man erfährt darüber hinaus, welcher monatliche Anspruch einem daraus unter Heranziehung unterschiedlicher Zinsszenarien mit dem Renteneintritt erwachsen sein wird.

Dies würde den Verbraucherschutz und die Vergleichbarkeit der Angebote stärken. Darüber hinaus könnten Versorgungslücken frühzeitig aufgedeckt und Altersarmut vermieden werden. Nicht zuletzt würde so der Gedanke eines Alterseinkommens aus der Summe verschiedener Vorsorgeelemente eingängiger.

Betriebliche und private Vorsorge verbraucherfreundlicher machen

Fünftens: Betriebliche und private Vorsorge dürfen nicht abgeschafft werden - wir müssen sie stattdessen besser machen. Zum Beispiel durch mehr Verbraucherfreundlichkeit und Vergleichbarkeit der Produkte.

Zudem sollte ergänzende Altersvorsorge auf eine breitere Basis gestellt werden. Dazu sollte die Möglichkeit ausgeweitet werden, auch in Aktien, Infrastruktur und Startups zu investieren. Das macht nicht nur mit Blick auf das aktuelle Zinsumfeld Sinn, sondern würde die Mitte der Gesellschaft auch stärker an den Chancen von Globalisierung und Digitalisierung teilhaben lassen.

Es gibt in Deutschland in der Rentenfrage viel zu tun - packen wir es endlich an, statt weiter die Zeit zurückzudrehen und Schlachten der Vergangenheit zu führen. Statt Milliardengeschenken und Realitätsverweigerung brauchen wir in Deutschland endlich wieder mehr Reformmut, der das Rentensystem zukunftsfest macht.

Johannes Vogel, Mitglied des FDP-Bundesvorstands und Generalsekretär, FDP NRW

DIE LINKE
###"Eine umlagefinanzierte Rentenversicherung ist finanzierbar"

Mit den sogenannten "Rentenreformen" von SPD und Grünen wurde zu Beginn des Jahrtausends mit dauerhaft niedrigen Rentenbeitragssätzen dafür gesorgt, dass die Unternehmen weniger für ihre Beschäftigten in die Rentenkasse einzahlen müssen. Die Folge: Das Niveau der gesetzlichen Rente wurde im Arbeitgeberinteresse in den Sinkflug geschickt. Von einst rund 53 Prozent im Jahr 2000 wird es bis auf 41,6 Prozent in 2045 sinken, wenn jetzt nicht gehandelt wird. Außerdem wurde durch die Rente erst ab 67 das abschlagsfreie Renteneintrittsalter deutlich erhöht. Damit wird den meisten Menschen die Rente gekürzt.

Die staatlich geförderte private Altersvorsorge kann jedoch die politisch willkürlich in die gesetzliche Rente gerissenen Sicherungslücken nicht schließen. Jahr für Jahr sind immer mehr Rentner von Altersarmut und sozialem Abstieg betroffen. Derzeit leben bereits 2,7 Millionen Menschen nach ihrem 65. Geburtstag in Armut oder sind von Armut bedroht. Das darf so nicht bleiben!

Unternehmen stärker an Kosten der Alterssicherung beteiligen

Von den Beitragssenkungen und den Leistungskürzungen profitieren vor allem die Unternehmen. Sie haben sich ihrer gesellschaftlichen Verantwortung entzogen und zahlen für die Alterssicherung deutlich weniger Beiträge als ihre Beschäftigten, denen man zusätzlich zu ihren Beiträgen für die gesetzliche Rentenversicherung zumutet, Beiträge in Riesterverträge (oder andere private Vorsorge) und in betriebliche Altersvorsorge (oder in betriebliche Altersversorgung) einzuzahlen. Das muss geändert werden, die Unternehmen sollen sich wieder (mindestens) paritätisch an den Kosten der Alterssicherung ihrer Beschäftigten beteiligen.

Das Verhältnis zwischen Beiträgen und Leistungen stimmt nicht mehr. Die Renten von niedrig und durchschnittlich Verdienenden sind viel zu niedrig. Deshalb engagiert sich die Linke im Interesse von Jung, Mittelalt und Alt für eine tragfähige und solidarische Rentenversicherung für alle.

Unsere linke Rentenversicherung besteht aus den folgenden aufeinander abgestimmten Bausteinen.

Rentenniveau anheben

Das "Sicherungsniveau vor Steuern" der gesetzlichen Rente muss wieder auf 53 Prozent erhöht werden, damit der Lebensstandard im Alter wieder gesichert wird und die Renten für alle spürbar steigen. Ein Rentenniveau von 53 Prozent kostet Beschäftigte und ihre Arbeitgeber bei einem durchschnittlichen Verdienst von 3 022 Euro nur jeweils 33 Euro mehr im Monat. Die vier Prozent Beitrag für eine Riesterrente, bei Durchschnittsverdienenden 108 Euro plus Zulagen, könnten entfallen. Durchschnittsverdienende hätten also 75 Euro mehr in der Tasche. Auf der anderen Seite hätte ein Standardrentner durch die Anhebung des Rentenniveaus heute fast 130 Euro mehr Rente im Monat, netto. Dieses Rentenniveau ist auch im Jahr 2030 und danach finanzierbar.

Zeiten niedriger Löhne rentenrechtlich aufwerten

Zeiten niedriger Löhne wollen wir rentenrechtlich aufwerten. Die sogenannte "Rente nach Mindestentgeltpunkten" wollen wir auch für Zeiten nach 1992 einführen und sie so gestalten, dass Vollzeiterwerbstätige mit zwölf Euro Stundenlohn und mehr in der Regel eine Rente von mehr als 1 050 Euro erhalten. Eine Einzelhandelskauffrau mit einem Verdienst von 1 940 Euro brutto hätte dadurch monatlich gut 270 Euro mehr Rente. Von dieser Rente würden zu 88 Prozent Frauen profitieren! Zudem müssen Ausbildungszeiten rentenrechtlich besser anerkannt werden und zu höheren Renten führen. Auch Zeiten der Erwerbslosigkeit, der Kindererziehung und Pflege müssen deutlich besser abgesichert werden.

Unabhängig vom Geburtsjahr und dem Geburtsort des Kindes sollen den vielen Müttern und den wenigen Vätern drei Jahre Kindererziehungszeiten in der Rente angerechnet werden, und zwar in der gleichen Höhe für im Osten wie im Westen geborene Kinder. Egal, ob ein Kind 1960 oder 2010 geboren wurde, egal, ob es in Dresden oder in Köln geboren wurde, sollen für jedes Kind drei Entgeltpunkte - das sind zurzeit deutlich über 90 Euro sogenannter "Mütterrente" - auf dem Rentenkonto von Mutter oder Vater gutgeschrieben werden. Damit Altersarmut erst gar nicht entsteht, sind diese Maßnahmen systemgerecht als gesamtgesellschaftliche Aufgaben aus Steuern zu finanzieren. Durch eine sozial gerechte Steuerpolitik wollen wir die Mittel dazu bereitstellen.

Erwerbstätigenversicherung für alle

Besonders wichtig für die Linke: Für alle Erwerbseinkommen müssen Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung gezahlt werden. Auch Politiker, Selbstständige, Freiberufler, Beamte und Manager sollen Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung einzahlen. Und für Langzeiterwerbslose sollen endlich wieder Beiträge in die Rentenkasse gezahlt werden, sodass sie für Zeiten der Arbeitslosigkeit später eine halbe Durchschnittsrente erhalten werden.

Die Beitragsbemessungsgrenze (ab dem 1. Januar 2017: 6 350 Euro West und 5 700 Euro Ost) wollen wir in einem ersten Schritt vereinheitlichen, in einem zweiten deutlich anheben und in einem dritten Schritt aufheben; die Rentenhöhe der Rentenansprüche über dem Doppelten des Durchschnittes sollen degressiv gestaltet, also abgeflacht werden. Es soll somit eine Beitragsäquivalenzgrenze eingeführt werden. Wer ein Gehalt von 10 000 Euro im Monat hat, muss auch für 10 000 Euro Beiträge zahlen. Die Abflachung daraus resultierender sehr hoher Renten ist mit dem Grundgesetz vereinbar, ein Deckel auf diese hohen Renten - wie in der Schweiz - wäre es nicht.

Riester in gesetzliche Rentenversicherung überführen

Die Linke will allen Riester-Sparern ermöglichen, die in Riester-Verträgen erworbenen individuellen Ansprüche freiwillig und zu geringen Kosten auf das Konto bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu übertragen. Anschließend wollen wir die staatlichen Riestersubventionen von über drei Milliarden Euro jährlich einstellen und um diese Summen die Bundeszuschüsse an die gesetzliche Rentenversicherung erhöhen. Außerdem soll es Versicherten und ihren Arbeitgeber erleichtert werden, freiwillig zusätzliche Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung auf ihr persönliches Rentenkonto einzuzahlen. Dies wäre eine sinnvolle Alternative zu Riester und zur heutigen betrieblichen Altersvorsorge.

Eine Enthaftung der Arbeitgeber im Rahmen kapitalgedeckter betrieblicher Altersvorsorge und sogenannte "Zielrenten" lehnt die Linke ab. Den Verzicht auf Rentengarantien zugunsten einer reinen Beitragszusage lehnt die Linke ebenfalls ab. Die Beschäftigten dürfen nicht den Risiken auf dem Kapitalmarkt ausgesetzt werden.

Einen Ausbau der betrieblichen Altersversorgung, bei der die Arbeitgeber zwischen 50 und 100 Prozent der Beiträge übernehmen und/oder eine klare Direktzusage geben, begrüßt die Linke. Einen Ausbau der betrieblichen Altersvorsorge - vor allem durch Entgeltumwandlung - darf nicht als Alibi für ein weiter sinkendes Rentenniveau missbraucht werden. Die Linke lehnt die Sozialabgabenfreiheit von Betriebsrenten auch deshalb ab, weil so die Finanzen der gesetzlichen Rentenversicherung geschwächt werden und die Rentenansprüche aller Versicherten - egal ob sie über den Betrieb vorsorgen oder nicht - sinken.

Die Rente erst ab 67 muss abgeschafft werden - ohne Wenn und Aber. Forderungen nach noch höheren Regelaltersgrenzen von 69, 70, 71 oder 73 sind unrealistisch und sozialpolitisch völlig unverantwortlich. Arbeiten bis zum Umfallen ist weder gesellschaftlich noch sozialpolitisch akzeptabel. Jeder muss wieder spätestens ab 65 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Das ist finanzierbar. Wir wollen, dass Menschen nach 60 Lebensjahren und 40 Beitragsjahren abschlagsfrei in Rente gehen können.

Zugang zu Erwerbsminderungsrenten erleichtern

Der Zugang zu den Erwerbsminderungsrenten muss erleichtert werden, die systemwidrigen Abschläge wollen wir komplett streichen und die Zurechnungszeit von 62 Jahren auf 65 Jahre anheben.

Die Beiträge zur Gesetzlichen Rentenversicherung müssen paritätisch von den Beschäftigten und den Unternehmen beziehungsweise den Arbeitgebern und Auftraggebern finanziert werden. Das gilt für alle Erwerbstätigen. Die Beitragshöhe soll sich wieder nach dem angestrebten Sicherungsziel richten und nicht nach der Zahlungswilligkeit der Unternehmen. Die Bundesregierung kalkuliert damit, dass der Beitragssatz bis 2030 auf 22 Prozent ansteigen wird. Sie erwartet von den Beschäftigten, dass sie zusätzlich vier Prozent ihres Lohnes in Riester und 3,2 Prozent in die betriebliche Altersversorgung oder die betriebliche Altersvorsorge stecken. Über 18 Prozent Gesamtbeitrag der Beschäftigten würden dann elf Prozent bei den Arbeitgebern gegenüber stehen. Bei einer paritätischen Finanzierung würden beide im Jahr 2030 jeweils 14,5 Prozent Beitrag ausschließlich in die Gesetzliche Rentenversicherung zahlen müssen.

Benachteiligung der ostdeutschen Rentner beenden

Die Linke will die Benachteiligung der ostdeutschen Rentner endlich beenden. Wir fordern eine zügige Angleichung an das Westniveau. Die Angleichung der Ostrenten an das Westniveau muss spätestens bis Ende 2019 abgeschlossen sein. Die Lebensleistung in Ost und West muss endlich in gleicher Weise anerkannt werden und die Umrechnung1) (fälschlicherweise auch Hochwertung oder Höherwertung genannt) der ostdeutschen Löhne und Gehälter vorübergehend erhalten bleiben, denn die Gehälter der heute im Osten Beschäftigten sind bei gleicher Tätigkeit oft deutlich niedriger als im Westen.

Darum soll ein steuerfinanzierter, stufenweise steigender Zuschlag eingeführt werden, mit dem für im Osten erworbene Rentenanwartschaften der Wertunterschied zwischen den Rentenwerten in Ost und West bis zum Jahresende 2019 sukzessive ausgeglichen werden wird. Der Zuschlag wird so lange gezahlt werden, bis der Unterschied zwischen dem jeweiligen aktuellen Rentenwert (Ost) und dem jeweiligen aktuellen Rentenwert (West) im Zuge der Angleichung der Löhne und Gehälter überwunden sein wird. Um höhere Löhne durchzusetzen, wollen wir unter anderem die Mitbestimmung in den Betrieben ausweiten und das Tarif- und Arbeitsrecht stärken.

Bei der Überführung der Alterssicherungssysteme der DDR in bundesdeutsches Recht kam es massenhaft zu Ungerechtigkeiten. Hunderttausende Ostdeutsche sind davon betroffen. Die Nachteile bei der Rentenüberleitung, also der Überführung der Rentenregelungen Ost in das Rentensystem West für 16 verschiedene Berufsgruppen und in der DDR geschiedene Frauen sind sofort auszugleichen, damit den hochbetagten Rentnern noch zu Lebzeiten Gerechtigkeit widerfährt. Die Linke wird sich weiterhin für die Anerkennung dieser Ansprüche einsetzen.

Wer bereits heute auf lange Phasen mit schlechten Löhnen, Erwerbslosigkeit oder Krankheit zurückblicken muss, muss genauso einen Anspruch auf ein würdevolles Leben im Alter haben wie alle anderen Menschen. Kein Mensch soll im Alter von einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze leben müssen.

Solidarische Mindestrente einführen

Die Solidarische Mindestrente soll deshalb an alle Menschen jenseits der Regelaltersgrenze als Zuschlag - oder im Einzelfall auch als Vollbetrag - von der Rentenversicherung gezahlt werden, die als Unverheiratete weniger als 1 050 Euro Nettoeinkommen im Alter haben. Die einkommens- und vermögensgeprüfte Solidarische Mindestrente wird aus Steuern finanziert werden. Wir werden mit deutlich höheren Vermögensfreibeträgen sicherstellen, dass soziale Härten vermieden und selbstgenutztes Wohneigentum unangetastet bleibt. Niemand soll im Alter von weniger als 1050 Euro leben müssen.

Unabhängig von der Rentenpolitik gilt: Von guter Arbeit zu guter Rente. In einem einkommensbasierten Rentensystem wird durch "gute Arbeit" die Grundlage für eine gute Rente im Alter geschaffen. Erwerbslosigkeit, Niedriglöhne und prekäre Beschäftigung sind Gift für auskömmliche Rentenansprüche im Alter. Vor allem Frauen können sich nur selten eine eigenständige Alterssicherung aufbauen. Die Ursachen: anhaltende Lohndiskriminierung und Erwerbsunterbrechungen oder unfreiwillige Teilzeitarbeit aufgrund familiärer Verpflichtungen.

Selbst der seit 2015 geltende gesetzliche Mindestlohn ändert nichts an dieser Entwicklung. Auch nach langjähriger Beschäftigung reicht er für eine Rente oberhalb der Grundsicherung nicht aus. Darum muss er schrittweise möglichst schnell auf zwölf Euro angehoben werden, denn die Bundesregierung bestätigte, dass jemand 45 Jahre lang mindestens 11,68 Euro brutto verdient haben muss, um eine Rente oberhalb der Grundsicherungsschwelle zu erhalten.

Von Österreich lernen

Unser Nachbarland Österreich zeigt: Ein öffentliches Rentensystem kann leistungsstark und finanzierbar sein. Statt einen Teil der Alterssicherung vom Kapitalmarkt abhängig zu machen, wurde in Österreich das gesetzliche Rentensystem zu einer Erwerbstätigenversicherung ausgebaut, in die auch Politiker und Beamte einzahlen. Die Altersrenten liegen mit durchschnittlich 1 829 Euro für Männer und 1 130 Euro für Frauen - ab 65 Jahren - deutlich höher als bei uns (umgerechnet auf zwölf Monate, denn in Österreich werden Löhne, Renten und Sozialleistungen vierzehn Mal im Jahr ausgezahlt).

Niedrige Renten werden unbürokratisch innerhalb der Rentenversicherung nach einer Einkommensprüfung mit einer Ausgleichszulage versehen, das heißt faktisch hat jemand mit auch nur einem Cent Rentenanspruch eine Mindestrente von 1030 Euro im Monat. Und wer dreißig Beitragsjahre vorweisen kann, erhält sogar 1144 Euro Mindestrente. Dass Österreich wirtschaftlich nicht schlechter dasteht als Deutschland beweist: Eine umlagefinanzierte gesetzliche Rentenversicherung ist finanzierbar und sorgt für einen hohen Schutz im Alter.

Fußnote

1) Sozialgesetzbuch VI, Anlage 10.

Matthias W. Birkwald, MdB, Rentenpolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE

SPD

"Wir müssen die Lasten gerecht verteilen"

Die Zukunft der Rente ist derzeit heftig in der Diskussion. Und das, obwohl die gesetzliche Rentenversicherung aktuell gut dasteht. In diesem Jahr gab es die höchste Rentenerhöhung seit 23 Jahren, das Rentenniveau ist auf 48 Prozent gestiegen, der Beitragssatz liegt mit 18,7 Prozent auf vergleichsweise niedrigem Niveau und die Rücklage der Rentenversicherung beläuft sich auf über 30 Milliarden Euro. Erstmals seit Jahren konnten 2015 mit dem Rentenpaket der Bundesregierung Leistungsverbesserungen beschlossen werden. Dies alles verdanken wir der extrem guten Arbeitsmarktentwicklung der vergangenen Jahre. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung hat den höchsten Wert erreicht, den es im vereinten Deutschland je gegeben hat.

Doch werden die zukünftigen Herausforderungen für die Rentenpolitik erkennbar, wenn man auf die demografische Entwicklung schaut. Heute kommen auf einen Rentner ungefähr drei Personen im erwerbsfähigen Alter. Im Jahr 2060 wird das Verhältnis 1 zu 1,6 sein. In den kommenden beiden Jahrzehnten werden die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand gehen. Aufgrund der steigenden Lebenserwartung wird diese demografische Veränderung zur dauerhaften Herausforderung.

Derzeit liegt das Rentenniveau (netto vor Steuern) bei 48 Prozent. Mittelfristig darf das Rentenniveau laut Gesetz bis 2020 nicht unter 46 Prozent und bis 2030 nicht unter 43 Prozent sinken. Für den Beitragssatz gelten Grenzen von 20 Prozent bis 2020 und 22 Prozent bis 2030. Nach derzeitigen Prognosen werden diese Ziele erreicht. So wird für 2029 ein Rentenniveau von gut 44 Prozent und ein Beitragssatz von 21,5 Prozent prognostiziert. Greift die Politik nicht ein, wird ein Rentenniveau bis 2045 von 41,6 Prozent prognostiziert bei einem gleichzeitigen Anstieg des Beitragssatzes auf 23,4 Prozent. Wichtig ist: Trotzdem werden die Renten in den kommenden Jahren auch weiterhin nicht sinken, sie werden nur weniger stark ansteigen als die Löhne. Vorausgesagt wird ein Anstieg um rund 34 Prozent in den nächsten zehn Jahren.

Anwartschaften aus bAV und Privatvorsorge oft zu gering

Zusätzlich zur gesetzlichen Rente kommen in knapp 70 Prozent aller Beschäftigungsverhältnisse Anwartschaften aus Betriebsrenten und/oder privater Altersvorsorge hinzu, die über die beitragsfreie Entgeltumwandlung und Riester-Zulagen gefördert werden. Allerdings sind diese Anwartschaften oft zu gering. Besonders gering ist der Anteil unter Geringverdienern. Betriebliche Altersvorsorge ist vor allem in Großbetrieben verbreitet, in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) aber Mangelware. Zudem gibt es deutliche Unterschiede zwischen den Branchen. Studien zeigen, dass gerade bei KMU die Haftung der Arbeitgeber für die betriebliche Altersvorsorge ihrer Beschäftigten auch bei externen Durchführungswegen ein zentrales Hindernis für ihre Verbreitung darstellt.

Als Grundproblem erweist sich zudem, dass die Umsetzung zusätzlicher geförderter kapitalgedeckter Altersvorsorge der privaten Versicherungswirtschaft überlassen wurde. Das Ergebnis sind individuelle Produkte mit hohen Vertriebs- und Verwaltungskosten. Die Konkurrenz über Sicherheitsgarantien führt zu Anlagestrategien, die insbesondere in der Niedrigzinsphase nicht optimal sind. Die Beschäftigten sind ebenso wie die KMU mit der Vielzahl an Anbietern und Produkten häufig überfordert. Infolge brüchiger Erwerbsbiografien, längerer Phasen der Arbeitslosigkeit, Familienphasen, geringfügiger Beschäftigung, Teilzeitbeschäftigung mit geringem Stundenumfang, Beschäftigung im Niedriglohnbereich oder nicht abgesicherter selbstständiger Tätigkeit droht einer zunehmenden Zahl von Menschen der Bezug von Altersgrundsicherung.

Alterssicherung braucht gesetzliche Rente und flächendeckende bAV

In der Diskussion über die Weichenstellungen für die Zukunft der Alterssicherung in Deutschland werden häufig zwei Extreme sichtbar:

- Die einen setzen ausschließlich auf die Stärkung der betrieblichen und vor allem der privaten kapitalgedeckten Altersvorsorge durch eine stärkere Förderung.

- Die anderen setzen hingegen ausschließlich auf die Stärkung der gesetzlichen Rente. Sie wollen die Riester-Rente auslaufen lassen, die Entgeltumwandlung abschaffen und das Geld in die gesetzliche Rente umleiten.

Beide Wege sind aus meiner Sicht falsch. Denn ein Blick in andere Länder zeigt, dass die höchsten Alterssicherungsniveaus realisiert werden können, wenn es neben einer starken umlage- oder steuerfinanzierten Säule auch eine starke und möglichst flächendeckende kapitalgedeckte Säule gibt. Die Herausforderungen des demografischen Wandels für die Alterssicherung können nur bewältigt werden, wenn wir die Lasten gerecht zwischen den Generationen und verschiedenen Formen der Finanzierung verteilen. Deshalb brauchen wir gleichermaßen die Stärkung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rente einerseits und eine möglichst flächendeckende kapitalgedeckte betriebliche Altersvorsorge andererseits.

Um ein weiteres Absinken des Rentenniveaus zu verhindern und die Akzeptanz der gesetzlichen Rentenversicherung nicht zu gefährden, muss eine Haltelinie für das Rentenniveau festgeschrieben werden, die oberhalb der bisher im Gesetz stehenden Haltelinie von 43 Prozent liegt und die auch über 2030 hinaus gilt. Zugleich ist jedoch zu beachten, dass der Spielraum für eine Erhöhung der Beiträge begrenzt ist. Denn bei der Beurteilung der Beitragsbelastung sind alle Zweige der Sozialversicherung zu betrachten. Der demografische Wandel wird aber gerade auch in der gesetzliche Pflege- und Krankenversicherung zu höheren Beiträgen führen. Deshalb brauchen wir eine doppelte Haltelinie: für das Rentenniveau und für den Beitragssatz.

Doppelte Haltelinie

Arbeits- und Sozialministerin Andrea Nahles hat in ihrem Gesamtkonzept zur Alterssicherung erstmals tragfähige Zahlen für die Zeit bis 2045 vorgelegt und auf dieser Basis anspruchsvolle und zugleich realistische Vorschläge für die beiden Haltelinien gemacht. So soll das Rentenniveau in der gesetzlichen Rentenversicherung auch langfristig nicht unter 46 Prozent sinken. Der Beitragssatz soll bis 2030 nicht über 22 Prozent und bis 2045 nicht über 25 Prozent steigen. Dies soll erreicht werden, indem auch die Steuerzahler einen zusätzlichen Beitrag zur Finanzierung der demografischen Herausforderung leisten. Damit wird dafür gesorgt, dass unsere gesetzliche Rente verlässlich für zukünftige Rentnergenerationen und finanzierbar für zukünftige Beitragszahler bleibt.

Politisches Ziel im Gesamtkonzept der Ministerin bleibt eine Stabilisierung des Rentenniveaus auf derzeitigem Stand und ein Beitragssatz von nicht mehr als 24 Prozent. Dies setzt aber voraus, dass sich die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nochmals deutlich besser entwickeln wird als derzeit voraussehbar: durch gezielte Einwanderung in unseren Arbeitsmarkt (Stichwort: Einwanderungsgesetz), durch eine weiterhin steigende Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren, durch eine erfolgreiche Wirtschafts- und Arbeitsmarktpolitik.

Zuschussmodell für verpflichtende betriebliche Altersvorsorge

Ergänzende kapitalgedeckte Altersvorsorge kann insbesondere dazu beitragen, die Bewältigung des demografischen Wandels besser zwischen den Generationen zu verteilen. Allerdings gibt es auch hier Reformbedarf. Die Sozialdemokraten setzen dabei auf eine Verbreiterung und Vertiefung der betrieblichen Altersvorsorge. Dabei wollen wir zu großen kollektiven Lösungen mit Beteiligung der Sozialpartner kommen. Dies erreichen wir, indem die betriebliche Altersvorsorge über die Tarifpartner in Tarifverträgen organisiert wird, die dann auch eine Enthaftung des Arbeitgebers ermöglicht. Insgesamt können so bessere Anlagestrategien, deutlich geringere Vertriebs- und Verwaltungskosten und eine bessere Portabilität erreicht werden.

Diese strukturellen Veränderungen müssen durch eine bessere Förderung von Geringverdienern über ein Zuschussmodell in der betrieblichen Altersvorsorge flankiert werden. Um eine flächendeckende Verbreitung zu erreichen, sollten wir arbeitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge obligatorisch machen. Vieles davon soll mit dem noch in dieser Wahlperiode geplanten Betriebsrentenstärkungsgesetz umgesetzt werden.

Pflichtversicherung für Selbstständige

Die zunehmende Ausdifferenzierung von Erwerbsformen, insbesondere die Zunahme von Solo-Selbstständigkeit, das Entstehen prekärer Selbstständigkeit, die zunehmenden Wechsel zwischen abhängiger Beschäftigung und Selbständigkeit machen eine umfassendere Form der sozialen Absicherung - über das klassische Beschäftigungsverhältnis hinaus - erforderlich. Selbstständige, die nicht Pflichtmitglied in einem berufsständischen Versorgungswerk sind, sollten daher in Zukunft verbindlich in die gesetzliche Rentenversicherung einbezogen werden. Die damit verbundenen Mehreinnahmen sollten in eine Demografierücklage fließen, die erst zur Stabilisierung des Rentenniveaus nach 2030 verwendet wird. Im Gegenzug sollten Selbstständige mit geringen Einkommen bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung entlastet werden.

Solidarrente über der Grundsicherung

Eines der wesentlichen Risiken für Altersarmut liegt darin, auf Erwerbsminderungsrente angewiesen zu sein. Deshalb ist es gut, dass wir nach den Vereinbarungen im Koalitionsausschuss zum zweiten Mal zu einer Verlängerung der Zurechnungszeit bei Erwerbsminderungsrenten und damit zu einer Erhöhung der Erwerbsminderungsrenten kommen.

Wir wollen verhindern, dass Leute, die ihr Leben lang gearbeitet haben, im Alter zum Sozialamt müssen. Deshalb muss es eine Solidarrente geben, die sicherstellt, dass langjährig Versicherte eine Mindestrente in Höhe von zehn Prozent über dem regionalen durchschnittlichen Bruttobedarf bei der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung erhalten.

Flexible Übergänge in den Ruhestand

Wenn wir im Durchschnitt immer älter werden, müssen wir im Durchschnitt auch länger arbeiten. Dabei sind aber die unterschiedlichen Erwerbsbiografien und Lebenssituationen zu berücksichtigen. Deshalb brauchen wir jetzt keine Diskussion über eine weitere Erhöhung einer festen Regelaltersgrenze. Stattdessen sollten wir den, mit dem unlängst verabschiedeten Gesetz zu flexiblen Übergängen, eingeschlagenen Weg weitergehen: Anreize für längeres Arbeiten und Wege des individuellen flexiblen Ausstiegs gehören zusammen. Die auf den Weg gebrachte flexiblere und attraktivere Teilrente ist ein wichtiger Schritt, um individuellere Ausstiegsmöglichkeiten zu schaffen. Was noch fehlt sind Lösungen des früheren flexiblen Ausstiegs für gesundheitlich eingeschränkte Beschäftigte bereits vor dem 63. Geburtstag. Dabei geht es um Personen, die zu gesund für die Erwerbsminderungsrente, aber zu krank für eine weitere Vollzeitbeschäftigung im bisherigen Beruf sind und bei denen Arbeitslosigkeit droht.

Klar ist, dass die Rente immer das Spiegelbild des Arbeitslebens darstellt. Es gibt einen klaren Zusammenhang zwischen guter Arbeit, guten Löhnen und guter Rente. Deshalb beginnt Rentenpolitik bei der Bildung, umfasst Ordnung auf dem Arbeitsmarkt, Mindestlohn und Tarifbindung sowie die Aufgabenverteilung zwischen Frauen und Männern.

Es geht darum, die individuellen Versicherungsbiografien zu stärken und möglichst vielen zu ermöglichen, länger gesund im Arbeitsleben zu bleiben. Das Gesetz zu den flexiblen Übergängen hat die Prävention und Rehabilitation umfassend gestärkt: beginnend mit der Kinder- und Jugendrehabilitation, über Prävention bis zur Nachsorge. Zudem schaffen wir mit dem berufsbezogenen Gesundheitscheck einen neuen niedrigschwelligen Zugang zu Unterstützungsleistungen durch die Sozialversicherungsträger. Eine aufsuchende und vorbeugende Präventions- und Rehabilitationsstrategie wird zudem durch zusätzliche Mittel im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes auch finanziell unterstützt. Damit leiten wir einen Paradigmenwechsel ein, der weitergehen muss. Gerade in einer älter werdenden Gesellschaft und angesichts immer schneller werdender Umbrüche in der Arbeitswelt müssen die Beschäftigten bereits während des Arbeitslebens besser beraten, begleitet und unterstützt werden. Die Sozialversicherungsträger - die Rentenversicherung, aber auch die Bundesagentur für Arbeit - müssen sich zu Partnern der Beschäftigten im Arbeitsleben weiterentwickeln.

Dr. Martin Rosemann, MdB, Berichterstatter für Rentenpolitik, SPD-Bundestagsfraktion, Berlin

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