Digitalisierung

Chatbots für Broker - mehr als FAQ

Evgeny Sorokin, Head of R&D-Abteilung, Devexperts GmbH, München
Quelle: Devexperts GmbH

Die Chatbots von Finanzinstituten beschränken sich meist auf die Beantwortung häufig gestellter Fragen oder grundlegende Informationen zum Konto, bei Brokern gibt es auch Kursbenachrichtigungen. Damit jedoch werden die Möglichkeiten der Chatbots bei weitem nicht ausgeschöpft, meint Evgeny Sorokin. Sondern die Nutzeroberflächen müssen technisch komplexer werden. So können Chatbot mit dem CRM-System verbunden werden, um individuell auf den Nutzer eingehen zu können. Und sie eignen sich zur Identifikation von Geschäftspotenzialen und deren Ausschöpfung. Gut gemachte Chatbots wirken sich zudem positiv auf Konversions- und Aktivierungsraten aus. Red.

Ob Facebook, Wechat, Whatsapp, Viber oder Telegram - die meisten Menschen nutzen heute mehr als eine Messaging-Anwendung auf ihren Smartphones und Computern. Einige Unternehmen arbeiten bereits mit Chat-Programmen oder virtuellen Assistenten auf ihren Websites sowie in den sozialen Medien. Viele Nutzer ziehen es vor, über eine Chat-Oberfläche mit beispielsweise dem Support zu kommunizieren, statt sich per Telefon im direkten Gespräch auszutauschen.

Ob Facebook, Wechat, Whatsapp, Viber oder Telegram - die meisten Menschen nutzen heute mehr als eine Messaging-Anwendung auf ihren Smartphones und Computern. Einige Unternehmen arbeiten bereits mit Chat-Programmen oder virtuellen Assistenten auf ihren Websites sowie in den sozialen Medien. Viele Nutzer ziehen es vor, über eine Chat-Oberfläche mit beispielsweise dem Support zu kommunizieren, statt sich per Telefon im direkten Gespräch auszutauschen.

Doch wie bei anderen Kommunikationskanälen wächst der Personalaufwand zur Bearbeitung der Anfragen immer stärker, je mehr Nutzer hinzukommen. Die Automation in Form von Chatbots ist eine sinnvolle Lösung. Möchte ein Unternehmen jüngere Zielgruppen ansprechen, ist es heutzutage noch wichtiger, per Chat erreichbar zu sein - da bilden Finanzunternehmen keine Ausnahme. Mancher Finanz-Bot ermöglicht es Anlegern beispielsweise, im Facebook Messenger Charts zu öffnen, Aufträge zu erteilen und Geschäfte zu überprüfen.

Mit Chatbots können Broker den Kommunikationskanal aufgreifen, den ihre User bereits verwenden. Es ist keine Installation nötig, die Anleger nehmen den Chatbot einfach in ihre Kontaktliste inmitten von Freunden und Bekannten auf und verstehen intuitiv, wie sie mit einem Bot umgehen müssen. Außerdem ist ein Chatbot für das Unternehmen leicht zu implementieren, da die Nutzeroberfläche des Messengers verwendet werden kann.

Einfache FAQ-Dienste reichen nicht aus

Finanzinstitute sind bekanntermaßen eher konservativ. Ihre Chatbots beschränken sich meist auf FAQs und grundlegende Informationen zum Konto des Verbrauchers. Broker-Firmen bieten via Chatbot üblicherweise Kursbenachrichtigungen oder allgemeine Informationen zu Marktbedingungen und aktuellen Trading-Positionen an.

Doch Chatbots verfügen über ein viel größeres Potenzial. Conversational-User-Interfaces, also chatgestützte Nutzeroberflächen, müssen technisch komplexer werden - denn ein einfacher FAQ-Dienst reicht nicht aus, um den Kunden zu halten und qualifizierte Leads zu generieren.

Mit dem CRM-System verbinden

Wird ein Chatbot mit dem Customer-Relationship-Management (CRM) und Back-Office-System eines Brokers verbunden, sammelt er Daten über den User, etwa über häufig gestellte Anfragen, seinen Kommunikationsstil (wie formell oder umgangssprachlich seine Sprache ist) oder wie er auf verschiedene Nachrichten reagiert. Sie können Informationen über Besucher sammeln, Gespräche automatisch zuweisen, Besucher nach ihrer E-Mail-Adresse oder ihrer Telefonnummer fragen und die Leads in einem CRM-System anlegen. Nach der Bearbeitung der Trader-Anfragen besteht die Möglichkeit, die zusammengefassten Anfragen zu analysieren und entsprechende Aufforderungen, News oder Hinweise auf Trading-Möglichkeiten zu versenden.

Wenn beispielsweise ein Trader innerhalb eines bestimmten Zeitraums immer wieder Marktdaten zu Kryptowährungen erfragt, ist es wichtig, ihm ein personalisiertes Angebot und einen Link zur Eröffnung eines Kontos und zum Handel mit Kryptowährungen bereitzustellen: "George, Sie haben mich kürzlich nach Litecoin gefragt. Möchten Sie Litecoin, Bitcoin, Ether und mehr als 100 weitere Kryptowährungen auf unserer neuen Multi-Asset-Handelsplattform handeln?"

Kosten für Kunden-Support und Vertrieb verringern

Immer mehr Banken und Brokerfirmen setzen Chatbots ein, um die Kosten für Kunden-Support und Vertrieb zu verringern. Viele Fragen sind typisch und kehren immer wieder, vorkonfigurierte Antworten reduzieren das Eingreifen realer Personen. In Online-Hilfesystemen lässt sich mithilfe von Chatbot-Techniken der Bereich identifizieren, in dem der Kunde Unterstützung braucht.

Chatbots verstehen, was der Nutzer will, und gehen mit Anfragen anders um als die Suchfunktion auf einer Unternehmenswebsite: Sie sorgen für ein schnelles Erfolgserlebnis. So kann beispielsweise ein rascher Zugriff auf die Kontoeinstellungen ermöglicht werden, um eine Karte zu sperren oder einen Tarif zu ändern.

Ein konkretes Beispiel: Der Chatbot bearbeitet eine typische "Wo ist mein abgehobenes Geld"-Abfrage, indem er den Status in einem CRM prüft und eine Antwort gibt wie "Ihre Anfrage Nr. 123 zum Abheben von 275 Euro wird verarbeitet". "Wir erwarten, dass das Geld heute gesendet wird. In bestimmten Fällen müssen wir jedoch Ihre Anfrage erneut prüfen, was zu einer Verzögerung von bis zu drei Tagen führen kann."

Obwohl der gesamte Vorgang recht einfach und sprachlich oberflächlich anmutet, wird der Kunde mit der maschinellen Antwort ähnlich zufrieden sein wie mit einer menschlichen Nachricht eines Kundenbetreuers.

Anrufe automatisch zuweisen

Bots können darüber hinaus Anrufe automatisch zuweisen, wenn beispielsweise einem Benutzer das Öffnen seines Kontos Probleme bereitet. Der Bot leitet ihn zu einem menschlichen Mitarbeiter weiter. Auch bei Schwierigkeiten bei der Geldeinzahlung kann der Bot helfen, indem er den User zur Problemlösung mit dem entsprechenden Support-Mitarbeiter verbindet.

Die meisten Kunden haben lieber mit Programmen zu tun, die wie Menschen kommunizieren. Deshalb können chatbotartige Techniken in interaktiven Systemen, die vom Nutzer Informationen erfragen müssen, sehr hilfreich sein. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Informationen einfach strukturiert und vorhersehbar sind. Ein weiterer Vorteil: Der Broker muss keine Werbung für eine Kommunikation per Chat machen, die Nutzer wissen, wie praktisch das ist.

Auch für die Lead-Qualifizierung

So lassen sich Bots auch für die Lead-Qualifizierung einsetzen. Denn jeder User, der einen Chatbot in Gebrauch hat, gilt als potenzieller Kunde für einen Broker. Um einen Lead zu erstellen, muss ein Chatbot Kontaktinformationen über diesen Benutzer erhalten, etwa eine E-Mail, ein soziales Profil oder eine Telefonnummer. Der Chatbot kann mit einfachen Worten nach der E-Mail-Adresse des Users fragen: "Möchten Sie personalisierte Ankündigungen, ermäßigte Preise oder weitere Vorteile erhalten? Dann geben Sie bitte Ihre E-Mail-Adresse an."

Ein qualifizierter Lead weist bestimmte Merkmale auf, anhand derer er im Sales-Funnel, beispielsweise in Anbindung an Sales Force - weiter nach unten gelangt: Der Chatbot ermittelt das Herkunftsland des Nutzers (da in verschiedenen Ländern unterschiedliche Vorschriften und Gesetze für den Finanzbereich gelten), die Sprache und ob der Nutzer ein (spekulierender) Trader oder ein Investor ist (der langfristige Investitionen bevorzugt). Diese beiden verschiedenen Nutzertypen benötigen unterschiedliche Produkte.

Hohe Öffnungsraten

Wenn gleich zu Beginn eine Kommunikationsform zum Einsatz kommt, die dem Gespräch zwischen zwei Menschen ähnelt, erzeugt dies die Illusion, verstanden zu werden. Mit Chatbots ist es möglich, den Kunden in einem lockeren Ton anzusprechen und Gespräche ohne menschliche Interaktion zu führen.

Die Möglichkeiten sind grenzenlos und reichen von exklusiven News über Bildungs- oder Unterhaltungsangebote bis hin zu Spielen, Wettbewerben oder Umfragen. Außerdem können Bots Performance-Daten senden, die den Trader über seine Performance informieren. Zum Beispiel, ob er laut Chatbot-Statistik in die Top 10 der progressiven Trader gelangt ist oder ob er profitabler war als Broker x oder Broker y.

Selbst wenn die Interaktionen bislang ziemlich oberflächlich sind, sorgen sie letztlich für höhere Conversion- und Aktivierungsraten. Messenger werden von über einer Milliarde aktiven Usern weltweit genutzt. Es wäre töricht, sie nicht einzusetzen, schließlich weisen sie eine durchschnittliche Öffnungsrate von 80 Prozent und vier- bis zehnmal höheren Klickraten im Vergleich zu E-Mails auf.

Geschäftspotenziale identifizieren und ausschöpfen

Chatbots können Geschäfte veranlassen und abschließen. Hier ein Szenario: Der Nutzer konfiguriert eine Meldung, etwa "Benachrichtige mich, wenn ein Bitcoin weniger als 5 000 USD wert ist". Tritt dieser Fall ein, benachrichtigt der Chatbot den User und sendet ihm zudem eine Aufforderung: "Möchten Sie jetzt mit Bitcoins handeln?" Mit anderen Worten: Jedes vom Nutzer geäußerte Interesse an einem Finanzinstrument zieht eine Handlungsaufforderung nach sich, die die Transaktion erleichtert.

Ein zweites Szenario zeigt, wie mithilfe von Chatbots neue Geschäftspotenziale entdeckt werden können. Der Trader fragt beispielsweise: "Welche US-Aktien hatten in den letzten drei Monaten die beste Performance?" Der Chatbot zeigt daraufhin eine Zusammenfassung an, die dem Nutzer als Entscheidungshilfe dient.

Im dritten Beispiel kann der Chatbot, der an eine Trading-Plattform angeschlossen ist, das Engagement des Traders auf dem Markt analysieren und vor potenziellen Gefahren warnen. Etwa: "Die Nonfarm Payrolls werden heute um 13:30 Uhr MEZ veröffentlicht und voraussichtlich eine starke Volatilität auf den Märkten verursachen. Möchten Sie Ihre Positionen jetzt verwalten?"

Chatbots handeln intelligent. Sie kennen die Einlagenhistorie des Nutzers, die offenen Positionen und die anderen persönlichen Informationen, mit denen sie den User gezielter zum Handeln auffordern können. "Ihr Kapital beträgt 1 040 Euro. Sollte sich der Markt um 100 Pips bewegen, wird Ihre Position "#123 1 Lot Euro/ US-Dollar à 112345 kaufen" geschlossen. Möchten Sie Ihr Konto aufstocken, um dies zu vermeiden? Es wird ein Betrag in Höhe von 450 Euro vorgeschlagen." Chatbots können problemlos berechnen, wann die Position geschlossen wird, da sie Zugang zu den Informationen über das Kapital und den Einschusssatz des Nutzers haben.

Darüber hinaus können Bots allgemeine Nachrichten an ein breiteres Publikum senden: "Der Präsident der Zentralbank spricht heute um 15:15 Uhr, vergessen Sie nicht aufzustocken!"

Positive Auswirkungen auf Konversions- und Aktivierungsraten

Alles in allem wirkt sich ein technisch ausgereifter Bot positiv auf die Conversions und die Kundenaktivierung aus. Der Grund: Ein Chatbot kann mit den Kunden auf einer persönlicheren Ebene kommunizieren. Er stellt einen direkten Draht zum Trader her und gestaltet ihm den Alltag leichter. Doch nur ein Chatbot mit einer wohldurchdachten Architektur und hoch entwickelten Funktionalität kann bessere Ergebnisse für ein Unternehmen erzielen.

In alte Technologien zu investieren, die sich auf die Beantwortung von FAQ-Fragen beschränken, wäre dagegen unklug. Denn die moderne Chatbot-Technologie bietet vielversprechende Möglichkeiten, um im Wettbewerb zu bestehen.

Zum Autor Evgeny Sorokin, Head of R&D-Abteilung, Devexperts GmbH, München
Evgeny Sorokin , Senior Vice President of Software Engineering , Devexperts, München
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