FIRMENKUNDENGESCHÄFT

Corona-Krise - eine Bewährungsprobe für die Leasingbranche

Dr. Claudia Conen, Foto: BDL

Die Corona-Krise war die größtmögliche Bewährungsprobe für Leasingunternehmen und hat offengelegt, was gut funktioniert und wo noch nachgebessert werden muss, so die Autoren. Die erste Bewährungsprobe hat die Branche geschafft - mit der Stundung von Leasingraten oder Sale-lease-Back-Modellen. Bonitäten und Konditionen müssen jedoch jetzt und auch nach der Krise neu bewertet werden. Auch die Nachfrage nach Factoring ist in der Phase der Geschäftsschließungen stark gestiegen, obwohl die Einrichtung eine ganze Weile dauert. Wie viel davon nach der Krise bleibt, wird sich erst zeigen müssen. Red.

Die Corona-Krise trifft die Finanzbranche doppelt so hart wie die Bankenkrise der Jahre 2008 und 2009. Der Grund dafür: Die damalige Krise hat sich konzentrisch über Monate hinweg immer weiter ausgebreitet, die Corona-Krise hingegen erfasste schlagartig etwa 80 Prozent aller Branchen.

Kerngeschäft der Leasingbranche ist das Liquiditätsmanagement. Deshalb ist die momentane Krise der größtmögliche Test für Leasingunternehmen, sich zu bewähren. Je nach deren Branchenausrichtung verzeichnen Leasinggesellschaften ersten Schätzungen zufolge 5 bis 20 Prozent Ausfälle von aktuellen Leasingraten bei ihren Leasingnehmern.

Deshalb begrüßt die Branche, dass der Gesetzgeber die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hat, dass Leasinggeber fällige Raten auch stunden dürfen, ohne sich durch ein solches Vorgehen im Kontext einer etwaigen Insolvenzverschleppung womöglich strafbar zu machen.

Stundungsanträge kamen wie ein Tsunami über alle Kanäle

Die Stundungsanträge sind wie ein Tsunami über alle Kommunikationskanäle und Empfänger über die Unternehmen hereingebrochen. Hier mussten binnen weniger Tage alle Mitarbeiter befähigt werden, damit qualifiziert umzugehen, die Informationen transparent zu dokumentieren und die Kunden zu beraten wie sie liquide bleiben können. So ist die aktuelle Ausnahmesituation die extremste Weiterbildung für alle Belegschaften in Echtzeit. Sie hat in allen Firmen offengelegt, was sich bewährt hat und wo nachjustiert werden muss, zum Beispiel bei Medienbrüchen, die erst im Homeoffice richtig auffallen.

Ein Fünftel aller Betriebe sind den Zahlen des Bundesverbands Deutscher Leasinggesellschften (BDL) zufolge derzeit von Liquiditätsengpässen bedroht. Wenn etwa eine Einzelhandelsfirma bis Februar 2020 zehn Prozent ihres Umsatzes online und 90 Prozent stationär gemacht hat, so hat sich zwar deren Online-Umsatz mittlerweile verdoppelt oder verdreifacht, unter dem Strich beträgt der Umsatzeinbruch jedoch noch immer 70 bis 80 Prozent.

Bei vielen Firmen sind Lieferketten zusammengebrochen und Finanzreserven schmelzen sehr rasch dahin. Genau das aber sind die Parameter, auf denen Hausbanken, Leasinggeber und andere Finanziers ihre Bonitäten und Konditionen besichert haben. Diese Zahlen und Annahmen müssen jetzt und vor allem nach der Corona-Krise ganz neu betrachtet und verhandelt werden, um schnell wieder in ein geordnetes Wirtschaften zu kommen und Investitionen zu ermöglichen.

Sale-lease-Back-Verfahren bewährt sich als Liquiditätshilfe

Eine Möglichkeit, Ausfälle zu verhindern, besteht darin, betroffenen Kunden zum Beispiel schuldenfreie Reisebusse, Yachten oder Maschinen abzukaufen, die diese nun zurückleasen. Die aufgelaufenen und aktuell anfallenden Leasingraten können dann mit der auf diese Weise gewonnen Liquidität bedient werden. In allen Fällen geht es um die mittelfristige Liquiditätsplanung der Kunden.

Bei der Nürnberger Leasing macht dieses "Sale-lease-Back-Verfahren" (SLB) im Alltag maximal ein Prozent der Aktivitäten aus. In der Akutphase der Corona-bedingten Geschäftsschließungen waren es hingegen rund 30 Prozent.

Hohe Nachfrage nach Factoring

Welchen Effekt dies auf das Factoring hat, ließ sich bis Redaktionsschluss noch nicht absehen. Das Interesse am Forderungsankauf als Form der Liquiditätsbeschaffung ist allerdings aktuell gigantisch. Dabei überträgt der Kunde seine Forderung an den Factoringgeber, der eine gestellte Rechnung je nach Zahlungsziel mit Abschlag sofort begleicht und dann seinerseits deren Bezahlung 30, 60 oder 90 Tage später erhält.

Allerdings dauert es fünf bis sechs Wochen, Factoring einzurichten. Und es greift selbstverständlich nur in dem Umfang, in dem der neue Kunde wieder Umsätze generiert, die er in Rechnung stellen beziehungsweise dann auch verkaufen kann.

Erste Bewährungsprobe bestanden

Die erste Bewährungsprobe hat die Leasingbranche mittlerweile bestanden. Ging es doch zunächst darum, den Kunden zum Monatswechsel von März auf April über die Liquiditätsbrücke zu helfen.

Auf der anderen Seite der Brücke gilt es nun zu schauen, wie es für jeden weitergeht. Dazu zählen persönliche Situation, Liquidität und Bonität, das Business und dessen aktuelle Entwicklung und vieles mehr. Zu dieser zweiten Phase gehören Informationen der BaFin und des Gesetzgebers, Prognosen der Wirtschaftsweisen oder Gespräche mit Verbänden. Entscheidend ist derzeit, den Betrieb liquide zu halten, etwa Steuern und Sozialversicherungsbeiträge auszusetzen; Förderprogramme zu nutzen; Fixkosten zu senken, Verbindlichkeiten und Zahlungsziele zu strecken, etwa bei Leasingraten, Tilgungen et cetera, auch mit Zinsaufschlag; oder Finanzierungsinstrumente wie Leasing, Factoring oder Finetrading.

Dr. Claudia Conen, Hauptgeschäftsführerin, Bundesverband Deutscher Leasingunternehmen (BDL), Berlin
Ferdinand Dorn, Sprecher der Geschäftsführung, Nürnberger Leasing GmbH, Schwaig, und Vorsitzender des Vorstands, Bundesverband Finanzierung und Leasing e. V. (BVFL), Freiburg
Dr. Claudia Conen , Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Deutscher-Leasing-Unternehmen e.V. (BDL), Berlin
Ferdinand Dorn , Sprecher der Geschäftsführung, Nürnberger Leasing GmbH, Schwaig, und Vorsitzender des Vorstands, Bundesverband Finanzierung und Leasing e. V. (BVFL), Freiburg

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