GELDANLAGE

Covid-19-Pandemie - Vermögensverwalter in der Krise?

Karl Matthäus Schmidt, Foto: Quirin Privatbank

Durch den Ausbruch der Corona-Pandemie hat die Fondssprache einen kräftigen Rückschlag einstecken müssen, so Karl Matthäus Schmidt. Zu den Folgen für die Vermögensverwalter gibt es noch wenig Informationen. Die Kunden der Quirin Bank und der Tochtergesellschaft Quirion haben großenteils die Nerven behalten. Die Aufstockungen lagen deutlich über den Einnahmen. Und auch im April und März konnten neue Kunden gewonnen werden. Längerfristig wertet Schmidt die Krise als Chance - auch deshalb, weil die Hilfen für Unternehmen die Hoffnungen auf eine Zinswende beseitigt haben. Ein wichtiger Erfolgsfaktor wird jedoch auch in Zukunft das richtige Zusammenspiel aus Digitalisierung und persönlicher Beratung sein. Red.

Der Ausbruch der Covid-19-Pandemie und der folgende weltweite Crash an den Kapitalmärkten waren ein echter Stresstest - für Anleger, Fondsmanager und Bankvorstände gleichermaßen. In Spitze gaben die Kurse um bis zu 40 Prozent nach - ein jähes Ende für den seit der Finanzmarktkrise anhaltenden Bullenmarkt.

Viele Anleger sind panikartig aus den Märkten ausgestiegen, vor allem aus aktiv gemanagten Fonds, und haben erhebliche Verluste realisiert. Das gilt für Private und Institutionelle gleichermaßen.

Einer Analyse von Morningstar zufolge zogen europäische Privatanleger im März etwa 246 Milliarden Euro aus Fondsanlagen ab. Während der Finanzmarktkrise waren es im Oktober 2008 hingegen nur 108 Milliarden Euro.

Vermögensverwalter halten sich zurück

Die Fondsbranche hat also einen kräftigen Rückschlag einstecken müssen. Und wie ist es deutschen Vermögensverwaltern ergangen, wie haben sie die Corona-Krise verkraftet? Hierzu finden sich kaum Informationen, die Unternehmen halten sich bedeckt.

Ein Blick auf die Vermögensverwaltung der Quirin Privatbank zeigt, dass deren vermögende Privatkunden mit durchschnittlichen Anlagevolumina von 400 000 Euro die Nerven behalten haben. Sie sind mehrheitlich investiert geblieben, obwohl der Marktcrash auch hier die Depots ins Minus gedreht hat. So lag die Performance nach Kosten für eine 100-prozentige Aktienanlage von Jahresbeginn bis Ende April bei minus 15 Prozent.

Kunden haben starke Nerven

Viele Kunden haben die niedrigen Kurse zum Nachkaufen genutzt. So überstiegen die Aufstockungen in neun von zehn Krisenwochen die Entnahmen deutlich. Die Summe der neuen Kundengelder lag per Ende April bereits bei 54 Prozent des Vorjahres.

Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der digitalen Vermögensverwaltung und Tochter des Hauses, der Quirion AG. Auch hier saßen die Kunden den Crash im März einfach aus. Die Aufstockungen lagen deutlich über den Entnahmen. Beide Geschäftsbereiche - die digitale und die stationäre Vermögensverwaltung - gewannen in den Krisenmonaten März und April unverändert neue Kunden und Assets. Damit stieg die Zahl der gemeinsam betreuten Kunden auf über 30 000 Kunden, insgesamt werden 4,3 Milliarden Euro an Kundengeldern verwaltet.

Das Kundenverhalten in der digitalen wie in der stationären Vermögensverwaltung scheint in diesem Falle ausgesprochen stabil. Zurückzuführen ist das auf mehrere Faktoren: Die Nähe zum Kunden trotz räumlicher Distanz durch die Nutzung neuer Kommunikationswege und die in der Krise höhere Taktung der Kundenkommunikation sind zwei davon. Entscheidend sind zudem auch das Geschäftsmodell und die Anlagestrategie.

s-24_grafik-1_anleger_bum_6-2020_vxl.jpg

Rebalancing zahlt sich aus

So setzt die Bank sowohl in den Niederlassungen als auch bei der digitalen Tochter auf die Erkenntnis der Finanzmarktforschung, dass niemand den Markt schlagen kann, und kombiniert dies mit einem regelbasierten Rebalancing. Dass dieses Rebalancing-Modell Risikomanagementansätzen wie Value at Risk in Krisen überlegen ist, bestätigte das Institut für Vermögensaufbau (IVA) bereits 2018. Für Anleger zahlt sich das regelbasierte Rebalancing doppelt aus.

Zum einen wird das Depot immer wieder auf das anfangs festgelegte Verhältnis von Aktien und Anleihen zurückgesetzt, das heißt Markt- und Kursentwicklungen führen nicht zu einer ungewollten Verschiebung von Rendite und Risiko. Zum anderen bewirkt es, dass bei niedrigen Kursen günstig nachgekauft und bei hohen Kursen Gewinne realisiert werden.

s-24_grafik-2_beispielhafter_bum_6-2020_vxl.jpg

Menschen brauchen Menschen

In Krisen spielt zudem der Faktor Mensch eine entscheidende Rolle. Die Covid-19-Pandemie hat die meisten Berufstätigen gezwungen, von zu Hause zu arbeiten, auch Bankberater. Parallel stieg durch die Krise der Gesprächsbedarf der Kunden. Menschen brauchen Menschen - das gilt für Kunden stationär arbeitender Vermögensverwalter genauso wie für Kunden digitaler Anbieter. Nur wer beide Welten, die persönliche Betreuung vor Ort und schnelle, einfache und digitale (Produkt-)Lösungen, kundenorientiert kombiniert, wird auch in Zukunft am Markt bestehen.

Die meisten klassischen Vermögensverwalter lassen hier die Chancen der Digitalisierung noch weitgehend ungenutzt. Die Quirin Privatbank bietet als eine der wenigen Banken zusammen mit der digitalen Tochter Quirion im Rahmen eines erweiterten Geschäftsmodells seit Jahresbeginn diese hybride Vermögensverwaltung an. Das heißt, alle Kunden werden persönlich beraten, die der Privatbank und die der digitalen Tochter Quirion.1) Anleger reagieren also selbst in historischen Krisen gelassen, wenn sie einen Berater an ihrer Seite haben, dem sie vertrauen, und wenn die Anlagestrategie stimmt.

Es bleibt die Frage, wie lange die Corona-Krise noch andauern wird und was sie für das Wirtschaftssystem, für Banken und Anleger langfristig bedeutet.

Das Problem deutscher Asset Manager ist nicht das Virus

Die Kapitalmärkte haben sich bereits kräftig erholt und werden diese Erholung wie nach allen bisherigen Krisen weiter fortsetzen. Ähnliche Implikationen wie die aktuelle Pandemie hatten die Dotcom-Krise um die Jahrtausendwende, der 11. September 2001 und die Finanzmarktkrise 2008. Sie zogen die Märkte in die Tiefe, doch kam es nie zu einem ökonomischen Nullpunkt. Die Existenz des marktwirtschaftlichen Systems steht auch dieses Mal nicht auf dem Spiel. Die Corona-Krise wird irgendwann überwunden sein und in einen weiteren systembedingten Aufschwung münden, vielleicht sogar mit einer innovativeren und kraftvolleren Wirtschaft als vorher. Denn das ist das Wesen, der Kern der sozialen Marktwirtschaft: Sie ist kreativ und passt sich an neue Gegebenheiten an - und ist damit einer der besten Krisenmanager überhaupt.

Das größte Problem deutscher Asset Manager ist nicht die Corona-Krise, sondern "the underinvestment in true innovation", wie eine aktuelle BCG-Studie zeigt. 2) Innovationen wurden jahrzehntelang auf die lange Bank geschoben. Auch wenn es in einem Krisenszenario aufgrund gegebener Unwägbarkeiten doppelt schwerfällt - spätestens jetzt ist der Zeitpunkt, sich wettbewerbsfähig und damit auch zukunftsfähig zu machen.

Die Pandemie als Chance

Digitale Transformation darf nicht das Projekt eines abgegrenzten Digitalteams sein. Eine gute Compliance-Abteilung macht auch noch kein Compliance-konformes Unternehmen. Digitales, mobiles und agiles Arbeiten in allen Unternehmensbereichen bestimmen den Unternehmenserfolg von morgen. Wenn alle Mitarbeiter im Homeoffice sind, kommt der Vertrieb zum Erliegen, wenn es keine digitale Alternative gibt. Persönliche Betreuung auch aus der Entfernung plus kontaktlose Kontoeröffnungen ist hier das kleine Einmaleins.

Zudem pusht die Corona-Krise nachhaltige Anlagemöglichkeiten - Menschen wollen mehr und mehr einen Beitrag leisten zu einem nachhaltigen Wandel der Wirtschaft und Gesellschaft. Wer diese Chancen erkennt, kann gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen.

s-25_grafik-3_sparkonten_bum_6-2020_vxl.jpg

Lage für Sparer wird sich verschärfen

Für Anleger und Sparer sind die krisenbedingt niedrigeren Kurse die Chance, ihre Anlage von Beginn an auf ein solides Fundament zu stellen. Denn die Herausforderungen für den Vermögensaufbau und die Altersvorsorge werden in Zukunft nicht kleiner. Die Niedrigzinsen bleiben - auch nach Corona. Die derzeitigen weltweiten Konjunkturhilfen und Leitzinssenkungen sind nötig, um den wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen, die Lage für Sparer werden sie aber nochmals verschärfen.

Auf lange Sicht sind mit Spareinlagen und festverzinslichen Anlagen keine Renditen zu erzielen. Laut Bundesbankberechnungen befindet sich der Realzins, die kombinierte Betrachtung von Sparbuchzins und Inflationsrate, schon seit 2011 im Minus. Die Sicherheit, die sich viele Sparer mit der Anlage auf dem Sparbuch immer noch erhoffen, kostet sie seit Jahren Geld. Mit einer Investition in Aktien sichern sich Anleger hingegen die Teilhabe am Wirtschaftswachstum. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert.

Fußnoten

1) Bei Wahl des Paketmodells Premium.

2) "Asset Management in Germany - the problem goes deeper than the crisis", BCG, April 2020

Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des Vorstands, Quirin Privatbank AG, Berlin
Karl Matthäus Schmidt , Vorsitzender des Vorstands , Quirin Privatbank AG, Berlin
Noch keine Bewertungen vorhanden


X