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Konsumentenkredit - Kreditbearbeitungsgebühr: Bankenverbände im Bearbeitungsmodus

Beschwerdeeingänge bei den Schlichtungsstellen

Die Urteile des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Unzulässigkeit und Verjährung von Bearbeitungsgebühren1) bei Verbraucherdarlehen hat zum Stichtag 31. Dezember 2014 zu einer Welle von Rückforderungsansprüchen bei den betroffenen Banken und den Schlichtungsstellen der Deutschen Kreditwirtschaft geführt. Vorausgegangen war seitens verbrauchernaher Stellen und Internetplattformen eine beispiellos breit angelegte Aufklärungs- und Medienkampagne. So berichtete beispielsweise Finanztip, dass ihr online zur Verfügung gestelltes Musterschreiben zur Geltendmachung vermeintlich zu Unrecht erhobener Kreditbearbeitungsgebühren mehr als drei Millionen Mal von Usern der Plattform heruntergeladen wurde. Gleichfalls von großem Interesse und Nachfrage berichten die Stiftung Warentest2) und die Verbraucherzentralen.

Höchster Beschwerdeeingang bei den privaten Banken

Der hohen Abrufzahl stehen insgesamt über 130 000 Beschwerden bei den verschiedenen Schlichtungsstellen gegenüber, um Verbraucherrechte nach den BGH-Urteilen abzusichern. Bei diesen gemeldeten Altfällen ist - vorbehaltlich einer Prüfung von berechtigten "echten" Schlichtungsfällen - zunächst die Verjährung gehemmt.

Den höchsten Beschwerdeeingang mit etwa 100 000 fristgerechten Einreichungen verzeichnen die Privatbanken. Hiervon gingen allein am 29. Dezember 2014 über 29 000 Beschwerden ein. Im Vordergrund des Bankenverbands stehen organisatorische Maßnahmen zur Gewährleistung einer effizienten Bearbeitung. Auch auf die Bereitschaft der Banken, eine Bereinigung des Streits teilweise im Wege eines Kulanzausgleiches zu lösen wird verwiesen.3) Demgegenüber verzeichnen nahezu gleich hohe Anteile um die 10 000 Beschwerden der Ombudsmann des BVR, der VÖB sowie die Schlichtungsstelle des DSGV. Bei den Ombudsstellen im Sparkassensektor ist jedoch die zentrale und dezentrale Aufteilung der Beschwerdestellen zu berücksichtigen. Hinzuzurechnen sind folglich die Eingänge bei den regionalen Schlichtungsstellen wie zum Beispiel der Schlichtungsstelle Baden-Württemberg mit etwa 1 200 Beschwerden, wobei Doppelzählungen noch auszuschließen sind.

Aufgrund vorhandener Rechtsunsicherheit für Sonderfälle ist aber eine Einzelprüfung der Fälle zwingend erforderlich, zumal derzeit nach Auskunft des BGH eine Reihe von Sonderfällen mit etwa 60 Verfahren zur rechtlichen Klärung Kreditbearbeitungsgebühren anhängig sind. Grundsätzlich zu klären bleibt, ob Gebühren, die bei Abschluss von gewerblichen Krediten, KfW-und anderen Förderdarlehen und bei Bauspardarlehen berechnet wurden, unter die BGH-Regelungen fallen. Speziell die Auslegung im Sektor Bausparkassen ist noch strittig. Ursprünglich galt als gesichert, dass Gebühren bei Bausparvertrags- und Darlehensabschlüssen ausgenommen sind. Doch jüngst hat die BaFin hierzu eine differenzierte Auslegung vorgenommen.

Rückzahlungssumme von Verbraucherzentralen zu hoch gegriffen

Dennoch befinden sich derzeit die Schlichtungsstellen und Banken in einem hektischen Bearbeitungsmodus. Erste Erfahrungen zeigen, dass eine Welle von Rückvergütungen angelaufen ist, wenn auch diverse Mängelrügen der Empfänger laut Chat-Mitteilungen bestehen. So wird beispielsweise berichtet, dass die Rückvergütungen ohne Zinszahlung, mit Abschlägen und unter Abzug der Abgeltungssteuer auf Zinszahlungen erfolgen. Aus der Quantität der bei den Schlichtungsstellen eingegangenen Beschwerden lässt sich die materielle Belastung grob ableiten, die auf den gesamten Bankensektor durch die BGH-Urteile zukommt. Dabei dürfte die von Verbraucherzentralen vorab genannte Summe von 13 Milliarden zu hoch gegriffen sein.

Verlässliche Aussagen für den Sektor Privatbanken liefern bereits die sukzessiv aus den veröffentlichten Geschäftsberichten ersichtlich gebildeten Rückstellungen für 2014. Hart getroffen hat es die Deutsche Bank AG. Aufgrund der Sonderlast Rückstellungen von 330 Millionen Euro für die Erstattung von Kreditbearbeitungskosten musste sie im vierten Quartal 2014 einen Gewinneinbruch im Retailbanking von 55 Millionen Euro (im Vorjahr 218 Millionen Euro) verkraften. Die Commerzbank AG hat gleichfalls im Schlussquartal 2014 35 Millionen Euro für Rechtsrisiken infolge der BGH-Urteile zu Kreditbearbeitungsaufwendungen bereitgestellt. Die Rückstellungen belaufen sich derzeit für 2014 auf insgesamt 75 Millionen Euro. Von anderen Banken, deren Geschäftsmodelle auf Konsumentenkredite stark ausgerichtet sind, kann keine Wertung vorgenommen werden, da derzeit Informationen nur spärlich zu erhalten sind. Hier ist die weitere Entwicklung und die Vorlage der Geschäftsberichte abzuwarten.

Fußnoten

1) Vgl. Urteile AZ.XI ZR 405/12 und XI ZR 170/13. Zur Verjährung AZ.XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14.

2) Von fast zwei Millionen Abrufe der test.de-Musterbriefe berichtet die Stiftung Warentest. Vgl. o.V.: Kreditbearbeitungsgebühren: Milliardenerstattung für Kreditkunden. 2. Januar 2015.

3) Vgl. https://verbraucher.bankenverband.de/beschwerdestelle/ausgang. Abruf 16. Februar 2015. Prof. Dr. Klaus Fleischer, Hochschule für angewandte Wissenschaften München (Hochschule München).

Klaus Fleischer , Prof. (em.) Finanz- und Bankwirtschaft, Hochschule München, München
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