Geldanlage und Vorsorge

Robo-Advising in Deutschland noch in den Kinderschuhen

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Der Branchenoptimismus bezüglich "Robo-Advising" in Deutschland ist zu Recht hoch, so Karl Matthäus Schmidt. Und doch verwalten die rund 25 Angebote bislang in Deutschland erst einen kleinen Bruchteil der Vermögenswerte, die bis 2020 erwartet werden. Das liegt nach Einschätzung des Autors zum einen daran, dass nicht alle Angebote wirklich die Bedürfnisse der Kunden treffen und viele sich auf die technikaffinen jüngeren Kunden konzentrieren, denen es jedoch oft noch an Kapital fehlt. Zum anderen mangelt es noch an Marken- und Vertrauensaufbau. Richtige Dynamik, so Schmidt, wird erst dann in den Markt kommen, wenn ein Anbieter massiv ins Marketing investieren wird. Red.

Dem deutschen Pionier "Quirion" folgend, bieten immer mehr "Robo-Advisor" eine automatisierte Vermögensverwaltung an. Bei allen klingt das Leistungsversprechen genauso einfach wie überzeugend: eine transparente, qualitativ hochwertige und kostengünstige Online-Anlageberatung und Vermögenssteuerung für jedermann!

Wie kommt dieses Versprechen bei den Kunden an? Wie geht es der Branche? Und wo liegen die Differenzierungsmerkmale? Beim "Robo-Advising", also der automatisierten Vermögensverwaltung, greift kein Mensch aktiv in den Anlageprozess ein. Stattdessen übernimmt ein ausgeklügelter Algorithmus. Online werden mit ein paar kurzen Fragen die Anlagebedürfnisse und die Risikobereitschaft des Anlegers ermittelt. So wird bei Quirion, dem Online-Anlageberater der Quirin Bank, auf Basis weniger gezielter Fragen ein individueller Vorschlag für eine professionelle Vermögensverwaltung erstellt. Daraus leitet die Software sofort eine maßgeschneiderte Anlagestrategie ab.

Konsequenz bei der Anlagestrategie entscheidend für den Anlageerfolg

Zahlreiche wissenschaftliche Studien haben erwiesen, dass es diese einmal festgelegte und konsequent durchgehaltene Anlagestrategie ist, die maßgeblich für den langfristigen Anlageerfolg ist - und eben nicht die Auswahl einzelner Aktien, die immer noch die meisten Anleger umtreibt. Das macht auch intuitiv Sinn: Denn ob man jetzt eine VW- oder BMW-Aktie gekauft hat, dürfte bereits nach einigen Jahren kaum noch eine Rolle spielen, ob man aber 30 Prozent, 60 Prozent oder gar 90 Prozent Aktien im Portfolio hält, dagegen schon!

Die Umsetzung der Strategie erfolgt daher konsequenterweise mit sogenannten Indexfonds/ETFs (Exchange Traded Funds). Diese bilden ganze Märkte wie zum Beispiel den Dax eins zu eins ab. Das Ziel ist nicht, Wetten auf einzelne Aktien abzuschließen und besser als der Dax abzuschneiden, sondern sich gleichförmig mit ihm beziehungsweise den weltweiten Märkten zu bewegen. So lassen die Anleger die Wirtschaftskraft der besten Unternehmen weltweit für sich arbeiten und profitieren vom langfristigen Aufwärtstrend.

Robo-Advising eliminiert Börsenpsychologie

Zwar ist eine solche Anlage nichts, womit man Freunde verblüffen und bewundernde Blicke ernten kann. Aber sie ist kostengünstig und auf Dauer erfolgreich. Laut zahlreichen einschlägigen Studien schaffen es nämlich über 90 Prozent der Fondsmanager nicht, mit der Auswahl von einzelnen Aktien dauerhaft besser als ihre Benchmark (zum Beispiel der Dax) abzuschneiden. Von Investitionen in aktiv verwaltete Investmentfonds wird daher bewusst abgesehen. Denn deren Rendite liegt regelmäßig nicht über denen der ETFs, die Kosten fallen aber durch das Management deutlich höher aus. Unter dem Strich bleibt also für den Anleger weniger übrig!

Die systematisch erstellten Portfolios werden laufend und frei von Emotionen überwacht - und die Börsenpsychologie eliminiert. Sie bewirkt, dass von Angst oder Gier getriebene Anleger oft zu impulsiv, zu kurzfristig und zu prozyklisch handeln. Sorglos wird bei hohen Kursen gekauft und bei tiefen Kursen frustriert und verängstigt verkauft. Auf Dauer wird so viel Geld verbrannt!

Stattdessen gehen Robo-Advisor antizyklisch vor und setzen die Portfolios regelmäßig auf ihre Ursprungsgewichtung zurück. Das heißt, sehr gut gelaufene Anlagen, die dann einen höheren Portfolioanteil erreichen, werden reduziert und dafür Anlagen gekauft, deren Gewichtung gesunken ist. Solch ein "Rebalancing" sorgt dafür, dass der Anleger keine unerwünschten Risiken eingeht. Zudem wirkt es sich in schwankenden Märkten positiv auf die Wertentwicklung des Portfolios aus.

Auch in Krisenzeiten stabil

Dass dieses systematische und disziplinierte Anlagekonzept funktioniert und sich auch in Krisenzeiten als stabil erweist, hat Quirion bereits mehrfach - zuletzt beim Brexit - unter Beweis gestellt. Die Online-Plattform profitiert dabei von der über zehnjährigen Erfahrung der Vermögensverwaltung der Quirin Bank.

Insgesamt ist Robo-Advising somit nicht nur bequem und zeitsparend, sondern berücksichtigt auch alle wesentlichen Erkenntnisse der modernen Finanzmarkttheorie!

Durch die schlanken Strukturen sind Robo-Advisor zudem in der Lage, eine vernünftige Vermögensverwaltung zu einem Bruchteil der Kosten herkömmlicher Anbieter anzubieten - und ohne die sonst üblichen hohen Mindestanlagebeträge. Mit diesem Ansatz kann Millionen von Menschen in Deutschland eine professionelle Geldanlage geboten werden, die sonst nur vermögenden Privatbankkunden offensteht. So liegen die Pauschalgebühren etwa bei Quirion bei 0,48 Prozent pro Jahr. Für Konto- und Depotführung sowie Transaktionen fallen keine zusätzlichen Gebühren an.

Potenzial bei Weitem nicht ausgeschöpft

Da wundert es nicht, dass der Branchenoptimismus groß ist und bis 2020 betreute Vermögenswerte in Deutschland von bis zu 30 Milliarden Euro erwartet werden.

Doch die etwa 25 deutschen Robo-Advisor verwalten derzeit nur etwa 120 Millionen Euro, was einem kaum wahrnehmbaren Marktanteil von etwa 0,1 Prozent entspricht. Die aktuell von Quirion verwalteten Assets belaufen sich auf 40 Millionen Euro, die verwalteten Durchschnittsvermögen liegen bei 40000 Euro. Quirion ist damit klarer Marktführer in Deutschland.

Die Gründe dafür sind vielfältig: Die meisten Robo-Advisor suggerieren, dass sich mit wenigen Mausklicks die für jeden Anleger optimale Anlagestrategie finden lässt. Dabei wird jedoch verschwiegen, dass die standardisierten Systeme Schwächen bei der Erstellung von wirklich differenzierten und individuellen Anlagevorschlägen haben.

Nicht auf zu junge Zielgruppen konzentrieren

Zudem gibt es Lebensabschnitte (Geburt von Kindern, Kauf einer Immobilie, Gang in die Selbstständigkeit, Scheidung, Pensionierung), die wichtige Vermögensfragen hervorrufen. Hier wird auch weiterhin ein kompetenter, emphatischer und unabhängiger Berater aus Fleisch und Blut die bessere Lösung sein. Quirion bietet daher einen hybriden Ansatz, bei dem jederzeit ein persönlicher Berater per Videotelefonie hinzugezogen werden kann.

Die technikaffinen 18- bis 40-Jährigen sind die erklärte Zielgruppe der meisten Robo-Advisor. Diese Bevölkerungsgruppe stellt zwar aktuell etwa 35 Prozent der Haushalte in Deutschland, verfügt allerdings nur über 10 bis 15 Prozent des deutschen Wertpapiervermögens. Die wesentlichen Wertpapierbestände liegen somit in den Händen der älteren Generationen und damit weitgehend außerhalb der Marketingaktivitäten (Facebook & Co.) der meisten Anbieter. Quirion spricht daher bewusst die gut informierten, erfahrenen Anleger als Zielgruppe an - mit Erfolg, denn die Kunden sind im Schnitt 49 Jahre alt, in der Regel Akademiker und gut über das Börsengeschehen informiert.

Marken- und Vertrauensaufbau als größte Herausforderung

Viele Robo-Advisor legen zudem den Fokus einzig auf die Vermögensverwaltung. Die Kunden bevorzugen jedoch auch bei Geldanlagen ein nutzerfreundliches "One-Stop-Shopping". Quirion verfolgt daher konsequent einen Plattform-Ansatz. Neben der Vermögensverwaltung sind weitere Dienstleistungen geplant (unter anderem eine Vermögensberatung oder "Depot-Coaching" für Selbstentscheider).

Die größte Herausforderung für die Robo-Advisor ist derzeit jedoch der Marken- und Vertrauensaufbau. Denn laut einer Umfrage ist ein Großteil der Deutschen noch skeptisch und möchte das angesparte Kapital ungern unbekannten Start-ups anvertrauen, von denen man nicht weiß, wer dahintersteckt und ob es sie morgen noch gibt. Quirion genießt hierbei eine Sonderrolle. Denn der Online-Vermögensverwalter hat eine etablierte Bank als Bürgen für Qualität, Unabhängigkeit und Langfristigkeit.

Finanzielle Bildung ist die Voraussetzung

Aber auch wenn die Plattform zuletzt Wachstumsraten von bis zu 30 Prozent aufweisen konnte, bleibt die Kundengewinnung für den Robo-Advisor eine tägliche Herausforderung.

- Zum einen ist in Deutschland ein großer Nachholbedarf in Sachen finanzielle Bildung zu sehen. Je mehr Menschen über das Funktionieren der Kapitalmärkte und die Möglichkeiten des Vermögensaufbaus mit Aktien aufgeklärt werden, umso mehr werden sich diese Menschen auch mit dem eigenen Vermögensaufbau befassen. Sie sind dann in der Lage, eigenverantwortlich attraktive Angebote im Netz zu erkennen und für sich zu nutzen. Nicht ohne Grund sind Robo-Advisor in den USA, wo Bürger seit jeher für ihre Altersvorsorge größtenteils selbst verantwortlich sind, schon etabliert und betreuen mehrere Milliarden US-Dollar!

- Zum anderen ist der tägliche Werbedruck im Finanzbereich extrem hoch. Das Empfehlungsmanagement spielt daher neben dem Content-Management eine entscheidende Rolle.

Erst massives Marketing bringt Dynamik in den Markt

Bei Quirion hat sich zudem das Instrument eines kostenlosen Vermögenschecks bewährt, mit dem Anleger eine unabhängige Einschätzung ihres bestehenden Depots erhalten.

Richtige Dynamik wird aber voraussichtlich erst dann in den Markt kommen, wenn ein erster Anbieter massives Marketing betreibt und Millionen von Euros in die Werbung steckt. So, wie die ING-Diba seinerzeit dem Geschäftsmodell der Direktbanken zum Durchbruch verholfen hat.

Als First Mover im Markt für Finanzanlagen ist Quirion sehr gut positioniert und sollte dann überproportional profitieren - und als erster Anbieter die Eine-Milliarde-Euro-Grenze überschreiten. Die übrigen Robo-Advisor müssen angesichts der noch überschaubaren Erträge bis dahin entweder über einen langen Atem verfügen oder die Nähe zu etablierten Finanzdienstleistern suchen. Hinsichtlich der Anzahl der Anbieter sehen wir mittelfristig eher einen Trend zur Konsolidierung. Am Ende wird eine Handvoll Robo-Advisor überleben - einer davon wird Quirion sein!

Zum Autor Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des Vorstands, quirin bank AG, Berlin
Karl Matthäus Schmidt , Vorsitzender des Vorstands , Quirin Privatbank AG, Berlin
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