Schwerpunkt Immobilien an der Börse

Asset Allocation: Falsche Risikostreuung

Die Streuung von Risiken ist nicht nur zwischen einzelnen Anlageformen - wie etwa Aktien, Anleihen und Immobilien - ein wichtiger Grundsatz der Vermögensanlage, sondern dieses Prinzip gilt auch innerhalb jeder einzelnen Assetklasse. Für die Aktienanlage ist das den meisten Anlegern bewusst. Niemand würde auf die Idee kommen, seine gesamte Aktienanlage nur auf einen einzigen Dividendentitel zu konzentrieren. Jedem Anleger wäre bewusst, dass eine solche Konzentration hoch riskant wäre.

Im Immobiliensegment verhält es sich anders. Oftmals ist Anlegern gar nicht bewusst, dass sie hier gegen alle Grundsätze der Risikostreuung verstoßen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn ein Großteil des zur Verfügung stehenden Kapitals in einem Eigenheim gebunden ist oder wenn das gesamte für die Immobilienanlage zur Verfügung stehende Geld in den Erwerb einer Eigentumswohnung oder eines Mietshauses investiert wird.

In den vergangenen Jahren ist eine bedenkliche Entwicklung festzustellen, die für viele Anleger langfristig negative Auswirkungen haben könnte: Zunehmend favorisieren viele Anleger direkte statt indirekte Immobilienanlagen. Noch vor fünf oder zehn Jahren verhielt es sich umgekehrt: Während die Immobilien-Eigentumsquote in Deutschland so niedrig war wie in fast keinem anderen vergleichbaren Land der Welt, hatten die Deutschen zugleich so hohe Summen indirekt in Immobilien investiert (überwiegend in Offene und Geschlossene Fonds) wie in keinem anderen Land.

Seit dem Ausbruch der Finanzkrise setzen jedoch immer mehr Anleger auf Direktinvestments, vor allem vermietete Eigentumswohnungen oder auch sogenannte Zinshäuser. Auch der Erwerb selbst genutzter Immobilien wird zunehmend beliebt. Dies führt dazu, dass das "Immobilienportfolio" vieler Anleger keinerlei Risikodiversifikation mehr aufweist.

Zu einer sinnvollen Risikodiversifikation gehört im Immobilienbereich vor allem, dass sowohl zwischen den Nutzungsarten als auch geografisch beziehungsweise regional diversifiziert wird. Das heißt: Das Immobilienportfolio sollte idealerweise nicht nur aus einer Nutzungsart (also zum Beispiel Wohnimmobilien) bestehen, sondern mehrere Nutzungsarten (zum Beispiel Wohnen und Büro oder Büro und Einzelhandel) enthalten. Zudem sollte mit Blick auf die Investitionsstandorte diversifiziert werden. Wer nur eine Wohnung in seiner eigenen Stadt besitzt, verstößt gegen diesen Grundsatz. Ein Immobilenanleger sollte ein Portfolio aufbauen, das in mehrere Städte respektive Regionen investiert und möglicherweise auch Investitionsgelegenheiten in anderen Ländern nutzt.

Nur extrem vermögende Anleger können eine solche Risikodiversifikation mit direkten Immobilieninvestments umsetzen. Für mehr als 99 Prozent der Anleger gilt, dass eine solche Risikostreuung nur zu erreichen ist, wenn indirekt investiert wird. Dafür kommen nur drei Vehikel in Frage: Immobilienaktien, Offene Immobilenfonds und Geschlossene Immobilienfonds. Immobilenaktien haben sich bei deutschen Anlegern nicht durchgesetzt, da ihre Entwicklung stark von der allgemeinen Börsenentwicklung abhängt. Offene Immobilienfonds können eine Alternative sein, haben jedoch sehr darunter gelitten, dass das Versprechen jederzeitiger Liquidierbarkeit von vielen Fonds nicht eingehalten werden konnte.

Am nächsten bei der Direktanlage liegt der Geschlossene Fonds. Dieser braucht sich in seiner Performance nicht zu verstecken - trotz Enttäuschungen, die es auch in diesem Segment gab. Eine Studie des Verbandes Geschlossener Fonds kam zu dem Ergebnis, dass 82 Prozent aller aufgelösten Fonds der Verbandsmitglieder den Anlegern einen Vermögenszuwachs bescherten.

Bedenkt man, dass laut Berechnungen des DIW Berlin 60 Prozent der Immobilienbesitzer mit Direktanlagen Renditen von maximal zwei Prozent erzielten, dann wird das Risiko des derzeit zu beobachtenden Trends zur direkten Anlage in Eigentumswohnungen und Mietshäuser offensichtlich.

Angelika Kunath, Geschäftsführerin, FHH Fondshaus Hamburg Gesellschaft für Immobilienbeteiligungen mbH & Co. KG, Hamburg

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