Immobilienleasing

Bilanzänderung mit Tücken

Unerträglich, komplex, intransparent dies sind die Reaktionen des Bundesverbands Deutscher Leasing-Unternehmen (BDL) auf die möglichen Änderungen beim Bilanzieren von Leasinggeschäften. Ende August hatten das International Accounting Standards Board (IASB) und das Financial Accounting Standards Board (FASB) den Entwurf (Exposure Draft) ED/2010/9 "Leases" veröffentlicht, der massive Einschnitte in die bisherige Bilanzierungspraxis bedeuten würde. Immobilien sind - zumindest teilweise ausgenommen.

Finanzierungsleasing oder Operating-Leasingverhältnis

Bislang wird bei Leasing- oder Mietverhältnissen zwischen dem sogenannten Finanzierungsleasing und den Operating- Leasingverhältnissen unterschieden.

- Finanzierungsleasing ist dadurch charakterisiert, dass die wesentlichen mit dem Eigentum des Leasinggegenstandes verbundenen Chancen und Risiken auf der Seite des Leasingnehmers liegen. Ein wichtiger Indikator hierfür ist, wenn die Laufzeit des Leasingverhältnisses den wesentlichen Teil der wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes umfasst. Auch wenn der Barwert der Mindestleasingzahlungen im Wesentlichen dem Zeitwert des Leasinggegenstandes entspricht, liegt ein Finanzierungsleasing vor. In diesen Fällen ist in der Regel der Leasingnehmer auch für die Reparatur und Instandhaltung des Leasinggegenstandes zuständig.

- Operating Leasingverhältnisse betreffen eher Verträge, bei denen die Vertragslaufzeit im Verhältnis zur wirtschaftlichen Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes relativ kurz ist. Das Investitionsrisiko und die sonstigen mit dem Eigentum verbundenen Chancen und Risiken liegen hier überwiegend bei der Leasinggesellschaft.

Je nachdem, ob ein Leasing- oder Mietvertrag als Finanzierungs- oder Opera-ting-Leasingverhältnis gilt, sind die Leasingobjekte bislang bilanziell unterschiedlich zuzuordnen: Objekte des Finanzierungsleasings grundsätzlich dem Leasingnehmer und solche aus Operating Leasingverhältnissen dem Leasinggeber. Hier setzt der Entwurf des IASB und des FASB an. Künftig sollen alle Leasingverträge auf Seiten des Leasingnehmers einheitlich behandelt werden. Alle Leasing- und Mietverhältnisse sowie die daraus resultierenden Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten sollen dem Entwurf zufolge in der Bilanz des Leasingnehmers erfasst werden - unabhängig davon, ob es sich um Finanzierungs- oder Operating-Leasingverhältnisse handelt.

Grundsätzlich sollen auch die Bilanzierungsstandards für die Leasinggeber geändert werden. Im ED/2010/9 sind zwei Modelle vorgesehen: die Methode der sogenannten Leistungsverpflichtung (Performance Obligation Approach) und die sogenannte Ausbuchungsmethode (Derecognition Approach). Bei der Methode der Leistungsverpflichtung würde der Leasinggeber den vermieteten Vermögenswert, den Anspruch auf die Leasingzahlungen und eine Verbindlichkeit dafür ansetzen, dass der vermietete Gegenstand vom Leasingnehmer genutzt werden darf. Bei der Ausbuchungsmethode wird der vermietete Vermögenswert zum Teil ausgebucht und ein Anspruch auf die Leasingzahlungen eingebucht.

Kritik der Verbände und Marktteilnehmer

Für den Leasingnehmer kommt es nach Einschätzung des BDL zu einer deutlichen Zunahme des Rechnungslegungsaufwands, wenn künftig unabhängig von der Laufzeit alle aus Leasing- und Mietverhältnissen resultierenden Nutzungsrechte und Verbindlichkeiten in der Bilanz des Leasingnehmers erfasst werden sollen. Dabei basiere die Bewertung in erheblichem Maße auf subjektiven Einschätzungen des Bilanzierenden. Die Kosten für die Unternehmen stiegen, da in entsprechende IT-Systeme sowie interne Prozesse investiert werden müsse. Einen Nutzen sieht der BDL nicht: Vielmehr sorge die subjektive Bewertung sogar für mehr Intransparenz.

Der Verband hofft darauf, dass - sofern keine Änderungen mehr erfolgen - die neuen Standards von der EU-Kommission abgelehnt werden. Die Folge wäre, dass die Regeln für IFRS-pflichtige Unternehmen in der EU dann nicht verbindlich würden. Neben den Verbänden kritisieren auch viele Marktteilnehmer den Entwurf. Zwar herrscht weitgehende Einigkeit darüber, dass die Leasingbilanzierung dringend überarbeitet werden muss, der nun vorliegende Entwurf wird jedoch noch nicht als befriedigend angesehen.

Auswirkungen auf Immobilieneigentümer und -nutzer

Der Entwurf sieht eine erfreuliche Ausnahme für Leasinggeber vor, die ihre vermieteten Immobilien zum Verkehrswert (Fair Value) bilanzieren. Sie sind von den geplanten neuen Vorschriften ausgenommen. Der Fair-Value-Ansatz nach IAS 40 berücksichtige bereits den Wert von Miet- oder Leasingverträgen. Allerdings gilt diese Ausnahme nicht für Unternehmen, die nach dem At-cost-Modell bilanzieren. Das At-cost-Modell ist nach US GAAP vorgeschrieben und nach IAS optional möglich. Hier müsste der Eigentümer künftig je nach Sachverhalt den oben beschriebenen Performance Obligation- und den Derecognition-Ansatz anwenden.

Die Ausnahme gilt außerdem nicht für die jeweiligen Nutzer der Immobilien. Mit möglichen drastischen Folgen: Bei Mietern gewerblicher Immobilien werden sich die neuen Regeln erheblich auf die Bilanzsumme und damit negativ auf die Eigenkapitalquote auswirken. Die zukünftigen Mietzahlungen erhöhen die Verbindlichkeiten, während das Nutzungsrecht auf der Aktivseite ausgewiesen wird. Auch in der Gewinn- und Verlustrechnung wird es strukturelle Veränderungen geben. Die Mietzahlungen, bislang als operativer Aufwand ausgewiesen, werden in eine Zins- und Tilgungskomponente aufgeteilt. Auf der anderen Seite ergibt sich ein zusätzlicher Abschreibungsaufwand aus der planmäßigen Abschreibung der gemieteten Gegenstände.

Die Kennzahlen EBIT und EBITDA verbessern sich entsprechend. Die ausgewiesenen Finanzierungskosten steigen. Wenn mit Kreditgebern die Einhaltung bestimmter Finanzkennzahlen (Financial Covenants) vereinbart wurde, ergibt sich als Folge der geänderten Bilanzierungsvorschriften die Notwendigkeit, diese Kennzahlen an die geänderten Verhältnisse anzupassen. Als generelle Regel gilt, dass die Auswirkungen umso größer sind, je länger die Laufzeit des Miet- oder Leasingvertrages ist.

Voraussichtlich stark Betroffene: Einzelhandel und Banken

Besonders große Auswirkungen sind für den Einzelhandel und Banken zu erwarten, die tendenziell über eine große Zahl an angemieteten Immobilien verfügen. Viele dieser Unternehmen dürften vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion künftig kürzere Vertragslaufzeiten anstreben, um ihre Verbindlichkeiten zu reduzieren, oder aber Leasingverträge sofern möglich - grundsätzlich auf den Prüfstand zu stellen. Kürzere Vertragslaufzeiten führen zu einer Verlagerung der mit den Leasinggegenständen verbundenen Chancen und Risiken vom Mieter auf den Eigentümer. Immobilieneigentümer sollten daher mögliche Auswirkungen der neuen Regelungen frühzeitig analysieren. Auswirkungen können sich bei Finanzierungskosten, der Bewertung der Immobilien und bei den Verwaltungskosten ergeben, da Mietverträge häufiger als bisher verhandelt werden müssen.

Die internationalen Leasingstandards (nach IAS/IFRS: IAS 17, nach US-GAAP: FAS 13) stehen seit längerem in der öffentlichen Kritik. Vor diesem Hintergrund ist der Ansatz, die Bilanzierungsregeln zu verbessern, grundsätzlich zu begrüßen. Der vorliegende Entwurf von IASB und FASB stößt jedoch ebenfalls auf Kritik. Es bleibt abzuwarten, ob die Kritikpunkte im weiteren Verfahren aufgenommen werden.

Erfreulich aus Sicht der Immobilienwirtschaft ist, dass Leasinggeber im Falle vermieteter Immobilien von den neuen Regelungen ausgenommen sind, sofern sie nach Fair Value bilanzieren. Nicht ausgenommen sind allerdings die Mieter der Immobilien. Je nach Fall werden die neuen Bilanzierungsregeln vor dem Hintergrund zunehmender Verbindlichkeiten spürbare Auswirkungen auf das Verhalten der Mieter haben. Die Vermieter sollten sich rechtzeitig hierauf einstellen.

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