Immobilien-Spezialfonds

Bundesgerichtshof - BGH differenziert Aufklärungspflichten über Rückvergütungen und über Innenprovisionen

Die Ansprüche von Immobilienfonds-Anlegern gegen die vermittelnden Banken wegen behaupteter Verletzung von Beratungs- und Aufklärungspflichten drohten im Zuge der vier "Kick-back-Urteile" des Bundesgerichtshofs (BGH)1) auszuufern. Der BGH schien eine generelle im Beratungsvertrag begründete Pflicht der Banken festzuschreiben, die Kunden über alle im Rahmen der Anlagevermittlung von Wertpapieren und

Fondsanteilen der Bank zufließende Vergütungen aufzuklären. Manche der Anleger kamen durch diese Urteile zu der Einschätzung, der BGH verlange diese Aufklärung schlechthin über alle Vergütungen, die Banken von Emittenden oder Fondsbetreibern für ihre Tätigkeit erhalten, sogar auch über ihre Gewinnmargen aus bankeigenen Produkten und solchen aus dem Handelsbestand. Der BGH hat diese Erwartungen in einer grundsätzlichen Entscheidung vom 27. 10. 20092) zurückgeschraubt. Zum Urteil:

Ein Anleger hatte sich aufgrund Beratung und Vermittlung der beklagten Bank an einem geschlossenen Immobilienfonds beteiligt, der nach einigen Jahren notleidend wurde. Er rügte objektbezogene Beratungsfehler der Bank sowie fehlende Aufklärung über an die Bank fließende Innenprovisionen, obwohl ihm im Fondsprospekt zeitgerecht und korrekt die (intern vom Fondsbetreiber an die Bank vergüteten) Kostenbeträge für die Eigen- und Fremdkapitalbeschaffung und die Platzierungsgarantie genannt worden waren. Der BGH folgte dieser Rüge nicht, weil eine beratende Bank grundsätzlich nicht verpflichtet sei, über die ordnungsgemäßen Prospektangaben hinaus ungefragt über solche Kosten weiter aufzuklären. Auch soweit die im Prospekt genannten Leistungen an die Bank fließen würden, seien es keine offenzulegenden Rückvergütungen. Aufklären müsse sie nur über Zahlungen, mit denen "Teile der Ausgabeaufschläge oder Verwaltungsgebühren, die der Kunde über die Bank an die Gesellschaft zahle, hinter seinem Rücken an die beratende Bank umsatzabhängig zurückfließen, sodass diese ein für den Kunden nicht erkennbares Interesse habe, gerade diese Beteiligung zu empfehlen".

In einem Kommentar von Brigitta Varadinek und Lars Röh wird dazu festgestellt, dass der BGH nicht vorwiegend auf den umsatzbezogenen Interessenkonflikt der Bank abhebe, sondern dass es dabei um deren (Vertrauens-)Konflikt gehe "wenn sie hinter dem Rücken des Anlegers mit dem Initiator eine Vereinbarung über eine Rückvergütung schließt". Die Bank müsse durch Aufklärung diesen Vorwurf vermeiden. Dagegen sei der Erhalt reiner Innenprovisionen nicht zwingend aufklärungspflichtig; ihm hafte nichts "Anrüchiges" an. Bereits die "Kick-back-Urteile" haben schon gezeigt, dass der BGH Aufklärung nur über echte an die Bank fließende Rückvergütungen habe verlangen wollen, aber nicht über "normale" Innenprovisionen für die Vermittlung der Anlage. Offenbar soll es dabei bleiben, was der III. Zivilsenat des BGH zu Geschlossenen Fonds schon am 18. 2. 20043) entschieden hat: Anleger sind über Innenprovisionen ab einem Schwellenwert von 15 Prozent des Anlagebetrags aufzuklären, damit sie die Werthaltigkeit ihrer Anlage prüfen können.

Der Einwand der Kommentatoren hat meines Erachtens indessen Gewicht, dass es nämlich in der Praxis zwischen echten Rückvergütungen und Innenprovisionen keine Trennungslinie gibt und dass sich kaum ein Fondsbetreiber Gedanken darüber machen wird, ob er die Vergütung an die Bank aus dem aufklärungspflichtigen Agio oder als Provision aus dem Nennbetrag der Anlage entnimmt. Es bleibt abzuwarten, ob und wie der BGH diese tatbestandliche "Grauzone" aufgreifen und dazu Differenzierungen verfügen wird. Bis dahin sollte die Aufklärung über Innenprovisionen ab dem Schwellenwert ausreichen.

Rechtsanwalt Dr. Claus Steiner, Wiesbaden

Fußnoten

1) BGH v. 19. 12.2000 - XI ZR 349/99 - abgedruckt in ZIP 2001 S. 230; BGH v. 19.12. 2006 - XI ZR. 56/05 - abgedruckt in ZIP 2007 S. 518; BGH v. 20. 1. 2009 - XI ZR 510/07 - abgedruckt in ZIP 2009 S. 455; BGH v. 12.5.2009 - XI ZR 586/07 abgedruckt in ZIP 2009 S. 1264.

2) BGH v. 27. 10.2009 - XI ZR 338/08 - abgedruckt in ZIP 2009 S. 2380.

3) BGH v. 18. 2. 2004 - III ZR 359/02 - abgedruckt in ZIP 2004 S.1055 und WM 2004 S.631.

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