Im Blickfeld

Dritter 3-Jahres-Plan für W&W

Aller guten Dinge sind drei, weiß der Volksmund. Dass dies tatsächlich so ist, hoffen auch die Mitarbeiter und Aktionäre von Wüstenrot & Württembergische (W&W). Denn sie wurden vom Vorstandsvorsitzenden des Stuttgarter Finanzdienstleisters, Alexander Erdland, neuerlich auf einen 3-Jahres-Plan eingeschworen, den mittlerweile dritten. "W&W 2015" nennt sich das aktuelle Programm, welches die Serie "W&W 2009" und "W&W 2012" fortsetzt. Auch die Inhalte hören sich vertraut an: langfristige Verbesserung der Konzern-Rentabilität, neue Akzente in der Produkt- und Vertriebspolitik, Senkung der Prozesskosten, Konzentration auf die Kernaufgaben und Erhöhung der Effizienz.

Was ist also neu bei W&W? Die Realität! Für Erdland ist es sogar eine "neue Realität", dass die Zinsen seit ungewöhnlich langer Zeit auf sehr niedrigem Niveau verharren, der Regulierungsdruck groß ist und W&W seine Eigenkapitalbasis aus eigener Kraft stärken muss. Ja bitteschön, welche Wirklichkeit galt denn bislang in Stuttgart? Tatsächlich lässt Erdlands Rede auf der Hauptversammlung nicht nur auf den Zustand bei W&W, sondern auch auf den der deutschen Versicherungswirtschaft schließen. Denn von der "neuen Realität" sind die Assekuranzen insgesamt "überrascht" worden. Speziell die Lebensversicherer nicht nur die des W&W-Konzerns hatten gehofft, die Niedrigstzinsjahre alsbald überstanden zu haben. Immerhin schien sich im August 2011 eine Zinswende "zum Besseren" anzukündigen. Dass es anders kam, ist den Feuerwehreinsätzen der EZB für klamme Banken und Staaten geschuldet. Jetzt rächt sich, dass die Versicherungswirtschaft nicht schon früher und nicht konsequent genug die Konditionen anpasste, sondern im Kampf um Marktanteile einen Wettbewerb um möglichst hohe Garantieverzinsungen zuließ.

Stattdessen wird im Anlagebuch auf mehr Risiko gespielt. Weil Staatsanleihen und Covered Bonds, wenn sie als sicher gelten, nur noch eine Minimalverzinsung liefern, höher rentierliche Papiere jedoch mit erheblichen Risiken - bis hin zum Ausfall wie im Beispiel Griechenlands - behaftet sind, versuchen sich die Assekuranzen als Finanzierer großvolumiger Gewerbeimmobilien oder weiten ihre Aktieninvestments drastisch aus. Gefördert wird diese Entwicklung durch die neuen Regelwerke. Denn Basel III macht risikoarmes Bankgeschäft wie beispielsweise Baufinanzierungen durch höhere Eigenkapitalanforderungen teurer, während es nach den Vorgaben von SolvencyII für die Versicherungen attraktiver wird. W&W ist mit seinen zwei Säulen - Versicherung und Bank/Bausparkasse von den regulatorischen Veränderungen gleich doppelt betroffen.

Im Ergebnis würden die sichtbaren Erfolge der bisherigen Strategie-Programme bei W&W durch die Entwicklungen an den Märkten und die erhöhten Kapitalanforderungen aufgezehrt, wie Erdland beklagt. So blieb der Konzern 2011 mit rund 192 Millionen Euro hinter dem Gewinnziel von 250 Millionen Euro zurück, sodass auch dem Eigenkapital statt der gewünschten 200 lediglich 137 Millionen Euro zugeführt werden konnten. Da der Vorstandsvorsitzende jedoch am Zielergebnis nicht rütteln lässt, verordnet er dem Konzern ein neuerliches Fitness-Programm.

Wie die weitere Schlankheitskur aussehen wird, planen derzeit noch die Stäbe. Zum einen soll die Produktpalette weiter reduziert werden. Wachsen will W&W nur noch in den Sparten, die den eigenen Renditeanspruch erfüllen. Dazu wird der Vertrieb darauf eingeschworen, stärker die Produkte zu vermitteln, die in geringerem Maße zinsabhängig sind. Dazu zählen in erster Linie Schaden- und Unfallversicherungen, Rechtsschutz-, Krankenzusatzversicherungen, aber auch fondsgebundene Lebensversicherungen.

Zum anderen muss W&W seinen im Vergleich zu Wettbewerbern nach wie vor hohen Kostenblock abbauen, um das Gewinnziel zu erreichen. Dazu sollen in- und externe Leistungen durch Auslagerung weiter verbilligt werden. So ist das Gebäudemanagement bereits ausgegliedert und an Dussmann verkauft worden. Auch die in Berlin gegründete Kreditfabrik dürfte weiter ausgebaut werden, um einerseits auf unterschiedliche Arbeitsmengen schneller reagieren zu können und gleichzeitig das Processing noch kostengünstiger abzuwickeln. Dass dies auch mit personellen Anpassungen einhergehen wird, darf als gewiss gelten.

Bei W&W wird es also auch in den kommenden drei Jahren unruhig bleiben. Längst nicht alle Pläne des umtriebigen Vorstandsvorsitzenden für den Konzern haben sich realisieren lassen. Doch zumindest ist es Erdland bislang gelungen, dass die Gruppe trotz widriger regulatorischer Bedingungen und intensiven Wettbewerbs Marktanteile gehalten oder sogar ausgebaut sowie Effizienz und Eigenkapital gesteigert hat. Somit bewahrheitet sich eine Sentenz des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower: "Pläne sind nichts, Planung ist alles." L. H.

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