Marktpotenziale

Einzelhandelsimmobilien - gut behauptet trotz schwieriger Konjunktur

Das verhaltene konjunkturelle Umfeld 2013 war mit einem BIP-Wachstum von lediglich 0,4 Prozent keine optimale Voraussetzung für eine dynamische Entwicklung der deutschen Einzelhandelsmärkte. Nach vorläufigen Schätzungen des statistischen Bundesamtes dürften die Einzelhandelsumsätze deshalb preisbereinigt auch nur um 0,3 bis 0,5 Prozent zugenommen haben.

Im Zuge der etwas verbesserten gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen im zweiten Halbjahr sowie den spürbar optimistischeren Prognosen für 2014 ist allerdings die Zuversicht der Konsumenten wieder gewachsen und gipfelte im Februar 2014 in einem GfK-Konsumklimaindex von 8,2 Punkten - dem höchsten Wert seit August 2007. Aber nicht nur die Konsumenten, sondern auch Einzelhändler und Investoren haben sich die Laune nicht verderben lassen und ihren Teil zu lebhaften Vermietungs- und Investmentmärkten beigetragen.

Top-Lagen weiterhin sehr gefragt

Die Nachfrage nach Top-Flächen in den Bestlagen der deutschen Großstädte war trotz des relativ schwachen gesamtwirtschaftlichen Umfelds ungebrochen hoch. Hierfür gibt es zwei wesentliche Gründe: Zum einen das sehr begrenzte Angebot, nicht zuletzt aufgrund der geringen Fluktuation, da Bestandsmieter auch bei der Optimierung der Mietflächen mit Neuverhandlung alles daran setzen, in den Flächen zu bleiben. Zum anderen gilt es für viele Händler, sich rechtzeitig zu positionieren, um in den nächsten Jahren am prognostizierten Konjunkturaufschwung der größten europäischen Volkswirtschaft teilhaben zu können.

Zu den prominenten Neuansiedlungen gehörten 2013 beispielsweise Forever 21 in Berlin und München oder Uniqlo, die 2014 einen Shop in Berlin eröffnen werden. Im Fokus der Nachfrager stehen vor allem die großen deutschen Metropolen. Aber auch die mittelgroßen Städte mit guten Einzelhandelsumsätzen und hochwertigen innerstädtischen Lagen wie beispielsweise Heidelberg und Augsburg sind nach wie vor begehrte Expansionsziele. Gleiches gilt auch für einige ausgewählte kleinere Standorte (zum Beispiel Bonn, Münster und Kiel), die unter Retail-Gesichtspunkten trotz ihrer Größe interessant sind. Schwerpunktmäßig ist dies vor allem in Süddeutschland zu beobachten.

Besonders gefragt sind weiterhin auch Luxuslagen. Dies äußert sich unter anderem darin, dass entsprechende Labels jede Gelegenheit nutzen, in Städten, in denen sie bereits ansässig sind, ihre Lage zu verbessern. Ein Beispiel ist der Flächentausch von Prada mit Escada in Hamburg, wo Prada den für sich etwas weniger geeigneten Standort Hohe Bleichen aufgibt und sich die Top-Lage Neuer Wall sichert. Auch Burberry ging diesen Weg und hat sich innerhalb der Luxuslage der Elbmetropole noch besser positioniert. Darüber hinaus waren aber auch Neueröffnungen in diesem Marktsegment zu beobachten, zum Beispiel Stone Island, die sich auf der Münchener Maximilianstraße angesiedelt haben oder auch Moncler, die jetzt unter anderem am Hamburger Neuen Wall vertreten sind.

Da das Internet mittlerweile fester Bestandteil der Einzelhandelslandschaft ist, verfolgen viele Retailer das sogenannte Multichanneling, also eine Kombination aus stationärem Einzelhandel und E-Commerce. Neben schon bestehenden Stores in deutschen Einzelhandelslagen und Shoppingcentern werden zusätzlich eigene Web-Portale betrieben. Ein weiterer Trend ist, dass internationale Fashion Labels deutsche Online-Shops nutzen, bevor sie im stationären Handel vertreten sind.

Das Ziel dabei ist, ihre Produkte zu testen, um beispielsweise einschätzen zu können, in welchen Regionen ihre Zielgruppen sitzen oder welche Altersstruktur sie haben. Mit anderen Worten: E-Commerce wird den stationären Einzelhandel zwar niemals vollständig ersetzen können, ist aber als zusätzlicher Vertriebsweg nicht mehr wegzudenken und kann, intelligent eingesetzt, sogar das Kerngeschäft der Retailer beflügeln.

Die sich seit vielen Jahren im Aufwind befindenden Spitzenmieten in den deutschen Großstädten haben sich 2013 unterschiedlich entwickelt. An den besonders begehrten Top-Standorten konnten auch im abgelaufenen Jahr Anstiege verzeichnet werden, wogegen in anderen Städten eher eine Stabilisierung und in wenigen Ausnahmen auch ein leichter Rückgang zu beobachten war. Von den 64 von BNP Paribas Real Estate regelmäßig analysierten Städten weisen 31 unveränderte, 28 gestiegene und fünf leicht gesunkene Höchstmieten auf.

In der längerfristigen Betrachtung ist allerdings wichtiger, dass sich die Spitzenmieten in den absoluten Top-Lagen der deutschen Städte auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fast nie deutlich rückläufig, sondern eher seitwärts entwickeln. Zieht die Konjunktur wieder an, sind auch wieder relativ zügig Mietpreissteigerungen zu erwarten. Diese gerade auch im internationalen Vergleich ungewöhnlichen und stabilen Marktmechanismen sorgen bei Vermietern und Eigentümern für eine ausgeprägte Planungs- und Ertragssicherheit.

Aber nicht nur auf den Vermietungsmärkten war viel Nachfrage und Bewegung zu beobachten, auch deutsche Retail-Objekte stehen bei vielen Anlegern weiterhin ganz oben auf der Einkaufsliste. Der bundesweite Investmentumsatz mit Einzelhandelsimmobilien erreichte 2013 ein Volumen von knapp 8,86 Milliarden Euro und damit fast 14 Prozent mehr als im Vorjahr. Gleichzeitig ist das Transaktionsvolumen das zweitbeste Resultat der vergangenen sechs Jahre; nur im außergewöhnlich guten Jahr 2011 wurde ein noch besserer Wert erzielt.

Geschäftshäuser und Fachmärkte an der Spitze

Rund 73 Prozent (6,47 Milliarden Euro) des Gesamtumsatzes entfiel auf Einzeldeals, die damit um knapp 27 Prozent zulegten. Portfolioverkäufe hingegen schwächelten und verloren elf Prozent; sie tragen gut 2,38 Milliarden Euro zum Transaktionsvolumen bei. Das sehr gute Ergebnis wurde also nicht nur durch wenige große Paketverkäufe dominiert, sondern basiert vor allem auf einer Vielzahl von Ankäufen.

Dies unterstreicht die breite Nachfragebasis, was sich auch daran zeigt, dass sich der Investmentumsatz nicht nur auf einzelne Marktsegmente konzentriert, sondern alle Assetklassen in größerem Umfang zum Ergebnis beigetragen haben.

Beim Investmentumsatz nach unterschiedlichen Marktsegmenten lieferten sich Geschäftshäuser und Fach-/ Supermärkte ein Kopf-an-Kopf-Rennen, das die erstgenannten mit einem Umsatzanteil von knapp 32 Prozent nur hauchdünn für sich entscheiden konnten. Der mit Abstand größte Anteil wurde in den großen deutschen Städten registriert. Unangefochten an der Spitze steht dabei München, wo unter anderem der Verkauf der Hofstatt das Volumen auf rund 624 Millionen Euro ansteigen ließ. Mit rund 31 Prozent erzielten Fach- und Supermärkte aber nur einen unwesentlich geringeren Umsatzanteil.

Im Gegensatz zu den Geschäftshäusern haben hier allerdings die Portfolioverkäufe dominiert, auf die deutlich mehr als die Hälfte des Resultats entfallen. Platz drei geht an die im letzten Jahr noch führenden Shoppingcenter mit knapp 22 Prozent. Dieser Anteilsrückgang ist allerdings nicht auf mangelndes Investoreninteresse zurückzuführen, sondern resultiert aus einem nicht ausreichenden Angebot, insbesondere im Core-Segment.

Gut 4,19 Milliarden Euro des Gesamtumsatzes entfallen auf die Big-6-Standorte (Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln und München). Sie profitieren demzufolge überproportional von der dynamischen Entwicklung und konnten gegenüber dem Vorjahr um gut 37 Prozent zulegen. Spitzenreiter ist erneut Berlin mit knapp 1,3 Milliarden Euro (plus 12,5 Prozent), gefolgt von München mit 875 Millionen Euro (plus 87 Prozent). Trotz eines leichten Rückgangs um fünf Prozent erreicht Frankfurt am Main mit 598 Millionen Euro Rang drei und liegt damit vor Düsseldorf (503 Millionen Euro), wo im Vorjahr nur ein sehr geringes Volumen registriert wurde. Die größten Umsatzeinbußen (minus 20 Prozent) erlitt Hamburg, wo mit 473 Millionen Euro ein im langjährigen Vergleich eher niedriges Ergebnis erzielt wurde. Mehr als verdreifacht hat sich dagegen das Transaktionsvolumen in Köln (445 Millionen Euro), wozu wesentlich der Verkauf der Neumarkt Galerie beigetragen hat.

Renditedruck infolge starker Nachfrage

Für Geschäftshäuser in den bestfrequentierten Lagen der großen Einkaufsstraßen waren in mehreren Städten weitere Renditeanpassungen zu beobachten. Wie auch bei Büroobjekten nimmt München mit einer Spitzenrendite von 3,75 Prozent die Führungsposition ein. Auf den weiteren Plätzen folgen Hamburg (4,10 Prozent), Düsseldorf und Köln (jeweils 4,15 Prozent), Frankfurt am Main (4,20 Prozent) und Berlin (4,35 Prozent). Die durchschnittliche Spitzenrendite an den Big-6-Standorten liegt mit 4,12 Prozent in etwa auf dem Niveau des Tiefstands Mitte 2007. Grundsätzlich lässt sich aber festhalten, dass gerade in dieser Assetklasse vereinzelt immer wieder Verkäufe zu beobachten sind, bei denen die Preise noch deutlich höher liegen. Die Spitzenrenditen für Shoppingcenter in den besten Lagen der großen deutschen Städte liegen unverändert bei 4,75 Prozent. Auch Fachmarktzentren (6,00 Prozent) und einzelne Fachmärkte (6,50 Prozent) haben sich leicht verteuert.

Betrachtet man die einzelnen Einflussparameter, dann wird deutlich, dass sich die Rahmenbedingungen für den deutschen Einzelhandel 2014 spürbar verbessern dürften. Eine anziehende Konjunktur, rückläufige Arbeitslosenzahlen, optimistisch gestimmte Verbraucher und steigende Reallöhne sind die Basis für vermutlich stärker steigende Einzelhandelsumsätze als im Vorjahr. Damit einhergehen dürfte eine weiterhin hohe Nachfrage nach Einzelhandelsflächen, wodurch eine mindestens stabile, eher aber leicht anziehende Mietpreisentwicklung gestützt wird. Dies gilt zumindest für die besonders nachgefragten A-Lagen der großen deutschen Städte.

Auch das Investoreninteresse an Einzelhandelsobjekten wird nicht erlahmen, sondern tendenziell noch zunehmen. Ein wichtiger Grund hierfür ist, dass viele Anleger weiterhin über eine gute Eigenkapitalausstattung verfügen. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass aus heutiger Sicht keine Anzeichen für eine kurzfristig deutliche Änderung des Zinsniveaus erkennbar sind. Auch dies spricht dafür, dass Immobilieninvestitionen für viele Anleger ihre Attraktivität behalten werden und erhebliche Kapitalzuflüsse wahrscheinlich sind.

Sven Stricker , Geschäftsführer und Co-Head Investment , BNP Paribas Real Estate GmbH, Berlin
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