Schwerpunkt Family Offices

Erwartungen von vermögenden Privatkunden an Immobilieninvestitionen

Im Jahr 2011 haben die Transaktionsvolumina an den Immobilienmärkten deutlich zugenommen, und auch 2012 hielt das starke Interesse von Investoren an Immobilien an. Neben großen institutionellen Investoren wird die Nachfrage zu einem beachtlichen Teil auch von Family Offices und vermögenden Privatkunden getragen. Immobilienmakler in Deutschland registrieren bereits seit längerem ein reges Interesse privater Investoren an Immobilien. Und dieses richtet sich - je nach verfügbarem Anlagekapital - keineswegs nur auf Eigentumswohnungen, sondern ebenso auch auf Mietshäuser und Gewerbeimmobilien.

Ein wesentlicher Grund für die starke Nachfrage ist sicherlich die häufig thematisierte "Flucht in Sachwerte" als Reaktion von Anlegern auf die nach wie vor ungelöste Staatsschuldenkrise und die daraus resultierende anhaltende Verunsicherung an den Kapitalmärkten. Vor diesem Hintergrund hat sich die Feri Eurorating Services AG im Rahmen einer Studie mit der Frage beschäftigt, welche Motive und Ziele bei vermögenden Privatanlegern und Family Offices derzeit im Zusammenhang mit Immobilieninvestitionen eine Rolle spielen und welche Erwartungen diese Zielgruppen haben. Insbesondere wurden dabei ihre Investitionsstrategien und ihre Anforderungen an das Asset Management untersucht. Die Ergebnisse dieser Untersuchung erlauben aufschlussreiche Einblicke in die Motive und Handlungsweisen von Investoren im aktuellen Marktumfeld.

Im Rahmen der Studie wurden insgesamt 50 Teilnehmer befragt. Zunächst wurden die Befragten um eine Einschätzung ihrer persönlichen Risikoneigung gebeten. Eine klare Mehrheit von 57,7 Prozent gab an, eine mittlere Risikotoleranz zu haben und strebt somit ein ausgewogenes Rendite-Risiko-Verhältnis an. Der Anteil derjenigen, die Sicherheit stärker gewichten, lag bei 26,9 Prozent und damit deutlich über dem Anteil der hoch risikobereiten Anleger mit 15,4 Prozent. Hier wirken gewiss noch die Erfahrungen der Finanzkrise nach, die die Risikoakzeptanz vieler Investoren deutlich vermindert haben und durch die Euro- und Staatsschuldenkrise noch einmal deutlich verstärkt wurden. Eine sehr hohe oder sehr geringe Risikotoleranz wurde von keinem der Befragten genannt.

Gold und Boden

Bei der Beurteilung der Perspektiven unterschiedlicher Anlagestrategien und -instrumente während der nächsten zwölf Monate standen den Befragten Immobilien, Rohstoffanlagen, (Dach-) Hedgefonds, Private Equity, Renten, Gold und Aktien zur Auswahl. Dabei bescheinigten mehr als zwei Drittel der Befragten Immobilien sehr gute oder gute Perspektiven, alle Übrigen rechnen mit durchschnittlichen Perspektiven. Damit waren Immobilien die einzige Assetklasse, bei denen niemand mit unterdurchschnittlichen oder gar schlechten Perspektiven rechnet. Mehrheitlich positiv beurteilt wurden die Perspektiven außer bei Immobilien nur bei Gold.

Auch für unterschiedliche Immobilienmärkte und Immobilien-Nutzungsarten wurden die Teilnehmer der Umfrage um eine Einschätzung der Perspektiven auf Sicht von zwölf Monaten gebeten. Dabei erwies sich Deutschland als klarer Favorit unter den Investitionsstandorten. 69,2 Prozent bescheinigen Deutschland gute, 7,7 Prozent sogar sehr gute Perspektiven. Die übrigen 23,1 Prozent beurteilen die Aussichten als durchschnittlich - schlechtere Einschätzungen wurden bei Deutschland als einzigem Markt nicht genannt. Relativ positive Bewertungen wurden auch für die Emerging Markets sowie für Asien (ohne Japan) abgegeben, die noch deutlich vor den europäischen Märkten lagen. Vergleichsweise skeptisch beurteilten die Befragten Nordamerika und Japan. Diese Gesamtsicht dürfte von derjenigen professioneller Immobilieninvestoren insofern abweichen, als der Einfluss des "Home Bias" bei den Privatanlegern deutlich stärker ausgeprägt ist. In der Folge werden bei Immobilienanlagen in Deutschland tendenziell Risiken unter- und Chancen überschätzt, während es sich bei Immobilienanlagen im Ausland eher umgekehrt verhält.

Hinsichtlich der Immobilien-Nutzungsarten ergab sich eine klare Präferenz für Wohnimmobilien, denen mehr als 80 Prozent der Befragten gute oder sehr gute Perspektiven bescheinigten. Bemerkenswert positiv wurden auch Pflegeheime beurteilt, während die Einschätzungen zu den unterschiedlichen gewerblichen Nutzungsarten deutlich heterogener ausfielen. Bei diesen Aussagen spielt sicherlich die traditionell hohe Bedeutung des Besitzes von Wohneigentum sowie von Kapitalanlagewohnungen und Zinshäusern bei vermögenden Privatanlegern eine Rolle, wohingegen deutlich weniger Privatanleger über konkrete eigene Erfahrungen mit Gewerbeimmobilienanlagen verfügen.

Wohnen dominiert

Auf die Frage, in welche Anlageinstrumente man derzeit am ehesten investieren würde, wurde mit 75 Prozent die Direktinvestition in Immobilien am häufigsten genannt. Auch diese Einschätzung dürfte stark davon geprägt sein, dass Eigentumswohnungen und Häuser zur Kapitalanlage von vermögenden Privatanlegern in Deutschland traditionell stark gewichtet werden. Mit großem Abstand folgten Direktinvestitionen in Aktien (42,5 Prozent) und diversifizierte Rohstoffanlagen (30 Prozent) sowie Anleihen und Aktienfonds (je 25 Prozent). Geschlossene Immobilienfonds und Indexfonds wurden jeweils mit 15 Prozent der Befragten genannt, Dach- und Mischfonds, Schiffsfonds, Hedgefonds und Zertifikate dagegen überhaupt nicht.

Insgesamt liegt der Anteil von Immobilienanlagen am Gesamtvermögen der Befragten deutlich höher als im institutionellen Bereich. Nur 15 Prozent nannten hierbei einen Anteil von unter 20 Prozent, während zirka zwei Drittel der Umfrageteilnehmer Immobilienanteile zwischen 20 und 50 Prozent des Gesamtvermögens nannten. Dabei ist allerdings zu beachten, dass dabei die Eigennutzung von Immobilien in die Antworten mit eingeflossen sein dürfte, auch wenn es sich nicht um Immobilieninvestments im Sinne einer nach professionellen Kriterien gemanagten Kapitalanlage handelt.

Die von den Befragten genannten Einschätzungen zu den Perspektiven einzelner Märkte und Assetklassen spiegeln sich zum Teil bereits deutlich in den vorhandenen Portfolios wider. Gemessen am Anteil des Nettowertes der Immobilien in den einzelnen Anlagearten am Liegenschaftsvermögen insgesamt dominieren Direktimmobilien klar mit 92,4 Prozent, während Geschlossene und Offene Immobilienfonds mit 5,3 Prozent beziehungsweise 1,6 Prozent nur eine relativ geringe Rolle spielen. Kaum vertreten sind Immobilienaktien und Immobilienaktienfonds, die zusammen nur auf einen Anteil von 0,7 Prozent des Nettowertes der Immobilienanlagen kommen. Unter den verschiedenen Nutzungsarten erreichten Wohnimmobilien mit 43,8 Prozent den höchsten Anteil am Nettowert der Immobilienanlagen. Büroimmobilien liegen bei 24,1 Prozent, während Einzelhandelsimmobilien mit 9,6 Prozent vergleichsweise wenig vertreten sind. Relativ häufig sind gemischt genutzte Immobilien mit einem Anteil von 14,9 Prozent.

Bemerkenswert ist die Einschätzung der Renditen von direkten und indirekten Immobilienanlagen. Die mit direkt gehaltenen Anlageimmobilien erzielte durchschnittliche jährliche Rendite schätzen die Befragten im Schnitt auf 4,9 Prozent. Das ist etwa dreimal so viel wie bei den indirekten Immobilienanlagen, die den Umfrageteilnehmern nach deren eigenen Schätzungen nur eine Rendite von 1,6 Prozent per annum bringen. Diese Einschätzung dürfte einer empirischen Überprüfung in vielen Fällen allerdings kaum standhalten.

Überzogene Renditeerwartungen

Interessanterweise liegt die schätzungsweise tatsächlich erzielte Rendite damit deutlich niedriger als die Renditeerwartungen der Befragten für Immobilienanlagen, bei denen Nennungen von mehr als fünf Prozent per annum eine komfortable Zwei-Drittel-Mehrheit erreichten. Nur 31 Prozent gaben Renditeerwartungen zwischen drei und fünf Prozent jährlich an, und Renditen unter drei Prozent wurden überhaupt nicht genannt. Damit sind zwar die bestehenden, relativ hohen Renditeerwartungen in der Praxis offenbar kaum zu realisieren, angesichts der Renditepotenziale in anderen Assetklassen rangieren Immobilienanlagen aber dennoch weit oben in der Gunst der Anleger.

Künftig dürfte der Immobilienanteil im Portfolio von vermögenden Privatpersonen und Family Offices noch weiter steigen. Nur wollen 38 Prozent ihren Immobilienanteil unverändert lassen und acht Prozent planen eine Reduzierung, während eine Mehrheit von 54 Prozent einen Ausbau des Immobilienanteils anstrebt. Diese Ausweitung soll zum überwiegenden Teil (79 Prozent) mittels Direktanlagen umgesetzt werden, während indirekte Anlagen dafür nur zu 21 Prozent eingeplant werden.

Bei den Gründen für Investitionen in Immobilien ist eine deutlich stärkere Gewichtung von Immobilien zur Kapitalanlage gegenüber selbst genutzten Immobilien erkennbar. Eigennutzung wird hier nur von 15 Prozent der Befragten genannt, während stabile Erträge, Sicherheit und Inflationsschutz mit 28 Prozent, 25 Prozent beziehungsweise 24 Prozent die Hauptanlagemotive sind. Steuerliche Aspekte spielen dagegen mit acht Prozent nur noch eine geringe Rolle.

Langfristige Investitionen ohne spezialisierte Berater

Im Rahmen der Befragung wurden die Teilnehmer auch gebeten, eine Reihe vorgegebener Kriterien im Hinblick auf ihre Wichtigkeit bei Immobilieninvestments zu beurteilen. Dabei wurde der Standort der Immobilie mit Abstand als wichtigstes Kriterium eingestuft. Ebenfalls von großer Bedeutung sind die direkte Einflussnahme auf das Investment, eine hohe Bonität der Mieter sowie die laufenden Erträge. Langfristige Mietverträge und die Individualität der Strukturierung werden ebenfalls als wichtig eingeschätzt, während eine regelmäßige Bewertung des Investments und die Spekulation auf hohe Wertentwicklung nur eine geringe Rolle spielen.

Eher unwichtig sind die Fungibilität des Investments sowie eine laufende Exit-Möglichkeit statt langfristiger Kapitalbindung. Nur im Ausnahmefall werden Immobilien nicht länger als zehn Jahre gehalten. Eine kürzere Haltedauer nannten nur zehn Prozent der Befragten, während 47 Prozent ihre Immobilien mit Blick auf die Spekulationsfrist im Schnitt mindestens zehn Jahre halten. 43 Prozent der Befragten sagten jedoch, sie kauften ihre Immobilien meist mit der Absicht, sie dauerhaft zu behalten und nicht wieder zu verkaufen.

Die vermögenden Privaten und Family Offices werden in ihrer starken Präferenz für Immobilien offenbar durch positive Erfahrungen bestärkt. 96 Prozent der Befragten haben mit Immobilien überwiegend positive Erfahrungen gemacht, während nur vier Prozent von überwiegend negativen Erfahrungen berichten.

Beratung in Immobilienfragen erhalten die Befragten zum größten Teil durch Vermögensverwalter und Anlageberater (28 Prozent) sowie durch Steuerberater (27 Prozent). Makler und Anwälte werden in diesem Zusammenhang von 18 Prozent beziehungsweise neun Prozent der Befragten konsultiert. Die Nutzung von Beratungsleistungen Dritter mit entsprechender Immobilien- und Immobilienmarktkompetenz spielt in der Praxis offenbar noch keine nennenswerte Rolle, die etwa mit dem institutionellen Bereich vergleichbar wäre.

Auffällig ist, dass mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent) ihre Immobilien selbst verwalten. Asset und Property Manager werden von 24 Prozent mit der Verwaltung beauftragt, Family Offices und Vermögensverwalter nannten jeweils neun Prozent der Befragten. Hier besteht ein fundamentaler Unterschied zu professionellen Investoren - und sicherlich auch ein nicht zu unterschätzendes Professionalisierungs- und Renditepotenzial.

Immobilienaffin, aber häufg sehr subjektiv

Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Befragungen, dass Immobilienanlagen bei vermögenden Privatanlegern in Deutschland einen hohen Stellenwert haben und diesen auch künftig behalten dürften. In gewisser Weise haben Privatanleger damit auch einen Vorsprung vor bestimmten institutionellen Investoren, vor allem vor den Versicherern, die aus heutiger Sicht noch zu stark auf Rentenpapiere fixiert sind.

Die Analyse der Renditeerwartungen und der Beurteilungen zu einzelnen Immobilien-Nutzungsarten zeigt aber auch, dass der hohen Immobilienaffinität privater Anleger und deren Anlageentscheidungen oft eine Sichtweise zugrunde liegt, die von Vorurteilen und subjektiven Erfahrungen geprägt ist und in Teilen deutlich von einer auf fachliche Expertise gestützten Sicht abweicht. Dies betrifft beispielsweise die starke Fokussierung auf Wohnimmobilien im Vergleich zu Gewerbeimmobilien, das vergleichsweise geringe Interesse an ausländischen Immobilienmärkten, die Beurteilung des Renditepotenzials von Direktinvestitionen im Vergleich zu indirekten Immobilienanlagen oder die Präferenzen bei der Inanspruchnahme von Beratungsleistungen.

Vor diesem Hintergrund liegt es nahe, dass vermögende Privatanleger und Family Offices ihre Portfolioqualität und ihren Anlageerfolg mit Immobilienanlagen vor allem dadurch verbessern können, dass sie sich in stärkerem Maße auf analytische Beurteilungen fachkundiger Dritter stützen, um sich bei der Auswahl von interessanten Märkten, Teilmärkten und konkreten Investitionen weniger von subjektiven und mehr von objektiven Einschätzungen leiten zu lassen.

Im Bereich der Direktanlagen wäre eine Verringerung des Anteils selbst verwalteter Immobilien sicherlich ein wichtiger Beitrag, um stattdessen durch ein professionelles Asset und Property Management bislang verschenkte Renditepotenziale zu erschließen. In diesem Zusammenhang dürften auch indirekte Immobilienanlagen und deren Potenzial neu zu bewerten sein. Denn diese beinhalten in der Regel ein professionelles Management, was aber in der Praxis offensichtlich nicht oder zumindest noch nicht ausreichend wahrgenommen wird.

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