Im Gespräch

"Familien sind stark unternehmerisch denkend"

I& F Immobilien galten vor allem in der mittelständischen Wirtschaft als "Tafelsilber". Seit einigen Jahren vollzieht sich in den Unternehmerfamilien ein Generationswechsel. Wandelt sich dadurch auch der Blick auf die Immobilie?

Die Familien betrachten Immobilien heute nur noch als einen Teil ihrer Vermögensanlage. Für das Gesamtportfolio wird individuell eine Zielrendite definiert, die es unter angemessenem Risiko zu erreichen gilt. Danach richtet sich die Allokation. Da Rentenpapiere derzeit nur geringe Erträge liefern, muss versucht werden, mit anderen Assetklassen eine höhere Performance zu erreichen.

Viele Familien haben erkannt, dass Liegenschaften dabei eine wichtige Rolle spielen können. Doch statt der langfristigen Bestandshaltung - womöglich noch mit dem Ziel der Vererbung - werden Immobilien heute unter unternehmerischen Gesichtspunkten erworben, gemanagt und auch wieder veräußert.

Grundsätzlich lassen sich dabei zwei Vorgehensweisen erkennen. Entweder es werden sogenannte Value-Added-Immobilien erworben, revitalisiert, neu positioniert und neu vermietet, um letztlich durch den Verkauf die Wertsteigerung zu realisieren, oder es wird in Projektentwicklungen investiert. Letzteres ist vor allem bei Investitionen in Wohnimmobilien zu beobachten, die nach ihrer Fertigstellung möglichst rasch an einen institutionellen Investor oder im Teileigentum an Selbstnutzer und private Kapitalanleger verkauft werden.

Viele Family Offices streben analog zur Wertpapieranlage eine globale Diversifikation an. Ein fundiert gemanagtes Immobilienportfolio sollte heute nicht nur Liegenschaften in Deutschland und Europa, sondern auch in Amerika und Asien enthalten. Dabei sind die Familien durchaus risikobereit. So haben einige Anleger in den vergangenen Jahren an der sehr guten Entwicklung des brasilianischen Immobilienmarktes partizipiert. Aktuell wird vor allem China als attraktiv wahrgenommen.

I& F Sind Familien risikobereiter als institutionelle Investoren wie Versicherungen und Pensionskassen?

Bei vielen Family Offices kommt das unternehmerische Denken der Familien zum Tragen. Hier findet sich oft der Mut, gegen den Mainstream zu investieren, um eine Überrendite zu erzielen. So stellen Family Offices in Zeiten, in denen Banken strenger Eigenkapitalanforderungen an Projektentwickler haben, Mezzaninkapital zur Verfügung. Damit haben die Familien bereits Erfahrung. Als Anfang der neunziger Jahre nach der "Savings and Loans"- Krise die amerikanischen Banken begannen, Projektentwicklungen nur noch zu höchstens 60 Prozent zu finanzieren, waren Eigenkapitalinvestoren gefragt. Für deutsche Unternehmerfamilien war dieser Markt nicht nur im Sinne der Streuung von Länder- und Währungsrisiken interessant, sondern auch, weil sich damit Rendite von 15 bis 20 Prozent per annum erzielen ließen.

I& F Aber ist mit dem Vermögen, das den Family Offices für die Immobilienanlage zur Verfügung steht, überhaupt eine breite geografische Streuung und Diversifikation über Nutzungsarten und Objektgrößen möglich?

Ein Single Family Office, das 50 oder 100 Millionen Euro anzulegen hat, wird mit Direktinvestitionen allein keine vernünftige Diversifikation über Regionen und Nutzungsarten darstellen können. Tatsächlich wird nur ein Teil direkt investiert. In Märkten, die spezielle Kenntnisse der Standorte, Mietusancen und Mieter erfordern, sucht man sich geeignete Partner. Innerhalb dieser Beteiligungsmodelle wird dann diversifiziert, wobei in der Regel nicht mehr als 20 Prozent des gesamten Fondsvolumens auf ein Objekt entfallen. Einige Sondervermögen sind sogar auf acht bis zwölf Objekte ausgerichtet.

I& F Mit welchem Zeithorizont wird investiert?

Bei Direktbeteiligungen an Projektentwicklungen wird mit etwa zwei Jahren kalkuliert. Für den Ankauf, die Modernisierung und den Verkauf von Value-Added-Immobilien werden zwischen vier und sechs Jahren veranschlagt. Die Beteiligungsgesellschaft braucht zumeist zwei Jahre, um die Kapitalzusagen einzuwerben, geeignete Objekte zu identifizieren, zu analysieren und schließlich zu erwerben. Weitere zwei Jahre später werden die Vorhaben abgeschlossen. Anschließend folgt der Verkauf, der wiederum je nach Marktphase bis zu zwei Jahre dauern kann. Das heißt, der Investitionshorizont beträgt etwa fünf bis sechs Jahre. Tatsächlich liegt die Kapitalbindung über die Zeit aber nur bei etwa 60 Prozent. Denn erstens starten nicht alle Projekte zeitgleich, zweitens wird das Kapital in Raten entsprechend dem Investitionsbedarf im Projektverlauf abgerufen und drittens erfolgen aus den zuerst abgeschlossenen Projekten bereits Rückzahlungen.

I& F Investieren die Beteiligungs- unternehmen ihrerseits auch in andere Fonds?

Unter konservativen Gesichtspunkten bietet der Dachfonds aufgrund der sehr breiten Diversifikation sicherlich, die höchste Sicherheit. Für ein global gestreutes Portfolio, in dem unterschiedliche Märkte, Bewertungen, Währungen und Gesetze zur berücksichtigen sind, ist diese Struktur sicherlich die richtige Wahl. Dass diese Fonds trotzdem aktuell in den Hintergrund treten liegt an ihrem sehr langen Investitionshorizont von etwa 15 Jahren. Bis das Eigenkapital zugesagt, die Zielfonds gefunden und die Finanzierung strukturiert ist, braucht es meist schon vier bis fünf Jahre, bevor das Kapital für die Investitionen abgerufen werden kann. Das dauert vielen Familienzu lange.

Tatsächlich wollen viele Family Offices die Anlageschwerpunkte entsprechend ihrer eigenen Analyse und Meinung setzen. Dabei kann es sinnvoll sein, zusammen mit einem anderen Fonds zu investieren. Dafür werden dann aber eher Club Deals gewählt. Diese sehen oft so aus, dass eine Beteiligungsgesellschaft Hauptinvestor eines Projektes ist, an dem sich wiederum zwei bis drei Co-Investoren beteiligen.

Eine Familie wird gerne in einen Gesellschafterkreis investieren, den sie kennt und in dem vielleicht schon Verbindungen zu anderen Familien bestehen. Schwieriger ist es, wenn überwiegend institutionelle Anleger in einem Fonds mitinvestieren, weil sich ein institutioneller Investoren im Falle von Problemen mit dem Investment möglicherweise anders verhält und andere Entscheidungsprozesse hat als eine Familie.

I& F Family Offices ist vorgeworfen worden, am Niedergang der Offenen Immobilienfonds nicht ganz unbeteiligt zu sein, weil auch sie ab 2008 massiv Mittel abgezogen hätten. Stimmt das?

Family Offices waren in Offene Immobilienfonds investiert, allerdings spielte diese Anlageform eher eine untergeordnete Rolle. Denn die Familien sind doch stark unternehmerisch denkend und bevorzugen es, auf die Entscheidungen Einfluss nehmen zu können.

I& F Nun sind Family Offices eher Generalisten als Spezialisten. Wie gut kennen sich diese in den Immobilienmärkten aus?

Da gibt es unterschiedliche Erfahrungen. Wenn sich Family Offices zusammenschließen, um konzertiert in Beteiligungsgesellschaften zu investieren, verifizieren sie auch ihre eigenen Research-Ergebnisse gegenseitig. Allerdings ist das kein transparenter Markt. Die sehr guten Beteiligungsgesellschaften veröffentlichen ihre Ergebnisse nicht in Wirtschaftszeitungen. Um in diese investieren zu dürfen, braucht es ein Standing in der Branche und gute Kontakte. So gibt es Gesellschaften, an denen sich nur beteiligen kann, wer bereits in den Vorgängergesellschaften investiert war.

Fonds sehr guter Gesellschaften sind auch regelmäßig überzeichnet. Das liegt daran, dass die Sondervermögen nur so viel Kapital aufnehmen, wie sie brauchen, um mit bestmöglicher Risiko-Rendite-Relation investieren zu können. Denn der wichtigste Qualitätsausweis für die Anbieter von Private-Equity-Gesellschaften ist ihre Leistungsbilanz.

I& F Arbeiten die Familien nur mit Asset Managern zusammen, die sie schon kennen oder haben auch neue Anbieter eine Chance?

Entscheidend sind drei Dinge: Erstens das Vertrauen in ein Managementteam. Hier stehen die Personen im Vordergrund, während die Gesellschaft, in der sie tätig sind, eher nachrangig ist. Zweitens wird auf die bisherigen Ergebnisse geschaut. Dabei wird untersucht, wie verlässlich die Prognosen der Gesellschaft bislang gewesen sind. Drittens die eigene Einschätzung von Marktentwicklungen. Gerade bei antizyklischen Investitionen kommt es darauf an, sehr standfest in die jeweiligen Märkte hineinzugehen. Beispielsweise war der US-amerikanische Immobilienmarkt 2009 und 2010 kaum gefragt, doch heute wissen wir, dass die zu dieser Zeit getätigten Investitionen die höchste Rendite erzielten.

I& F Welche Qualitäten müssen diese Dienstleister und deren Produkte erfüllen?

Zunächst qualifiziert sich der Partner über seine Managementqualität. Dazu gehören die Erfahrung im Markt, die Leistungsbilanz und der Deal-Flow. Er muss nachweisen, dass er tatsächlich auf attraktive Objekte zugreifen kann. Anschließend wird geprüft, ob sein Investmentkonzept überhaupt zur Familie passt. Zudem müssen die Managementkosten in einem akzeptablen Verhältnis zum Anlageerfolg stehen.

Erst in einem zweiten Schritt erfolgt die Marktanalyse. Wann genau investiert wird, hängt dann davon ab, an welchem Punkt des Konjunkturzyklus sich der jeweilige Markt befindet und welche Transaktionen erhältlich sind. Ein Beispiel: Für Immobilieninvestitionen in China wurden 2005 und 2006 etwa 50 Beteiligungsangebote offeriert, im Jahr 2012 waren es noch zehn bis 15.

I& F In der jüngsten Vergangenheit produzierten einige Unternehmerfamilien Schlagzeilen, weil sie schlecht beraten wurden und viel Geld verloren haben. Erinnert sei hier nur an den Fall Schickedanz. Wie viel Unruhe bringen diese Ereignisse in das Geschäft mit den Vermögenden?

Sicherlich haben die bekannt gewordenen Fälle dazu geführt, dass sich die Familien inhaltlich intensiver mit den Konzepten der Vermögensverwaltung auseinandersetzen und auch Gebührenstrukturen hinterfragen. Das eigene Research hat heute einen höheren Stellenwert und von den Dienstleistern wird deutlich mehr Transparenz gefordert.

Vielfach lassen sich Family Offices inzwischen von einem Anlageausschuss unterstützen und beraten. Dieses Gremium bietet die Möglichkeit, sich externes, spezifisches Wissen ins Haus zu holen. Dadurch können sehr fundierte Analysen zu den jeweiligen Märkten und Anlageklassen durchgeführt werden.

I& F Wie viele Freiheiten hat der Asset Manager eines Family Offices?

Der Asset Manager im Sinne des Fondsinitiators ist zunächst frei in der Formulierung der Investitionsparameter, also wie viel, worin, zu welcher Rendite investiert werden soll. Aber im Rahmen des Private Placements werden dann individuelle Memoranda mit den einzelnen Familien formuliert, die vor allem Mindestrenditen und Anlageziele enthalten, an die sich der Asset Manager dann zu halten hat.

I& F Wie wird Interessenkongruenz zwischen dem Investor und seinem Asset Manager hergestellt?

Es ist üblich, dass sich der Asset Manager mit einem Prozent der Investitionssumme beteiligt.

I& F Wie einig sind sich die Familien intern hinsichtlich ihrer Investitionsentscheidungen?

Jede Familie gewichtet ihre Asset Allokation anders. Es kommt darauf an, woher das Vermögen, insbesondere das Immobilienvermögen kommt. Bei einem aus unternehmerischer Tätigkeit entwickelten Vermögen sind erfahrungsgemäß auch die Anteile, die unternehmerisch investiert werden, etwas höher als bei einem geerbten Vermögen.

Zudem sind die familiären Strukturen, die Organisation der Entscheidungsprozesse und die Renditeziele heterogen. Insbesondere die Stellung des jeweiligen Patriarchen ist immer unterschiedlich. Es gibt weder einen Maßstab, noch eine "Mehrheit". Ein Trend ist, dass in den Anlageausschüssen derzeit gefragt wird, ob die Familie ausreichend in realen Assets investiert ist. Damit steigt tendenziell auch das Gewicht der Immobilienanlage im Gesamtportfolio.

I& F Wie hoch ist die Immobilien- quote der Familien?

Die Spannweite reicht von null bis 70 Prozent.

I& F Welche Nutzungsarten sind gefragt?

Büroimmobilien sind derzeit wenig gefragt, weil weder die Mieten noch die Wertentwicklung attraktiv ist - auch nicht an den Top-7-Standorten. Die Mieter zögern zunehmend, einen Mietvertrag im Voraus zu unterschreiben, und sind immer weniger bereit, sich langfristig festzulegen.

Vor 15 Jahren war es üblich, zehnjährige Mietverträge abzuschließen. Ab 2002 verkürzte sich die Dauer auf fünf Jahre und heute sind Drei-Jahres-Verträge mit einer Verlängerungsoption um zwei Jahre die Regel. Damit hat sich die Position des Eigentümers in der jüngsten Vergangenheit grundlegend verändert. Wenn schon nach 36 Monaten wieder in die Neuvermietung und den mietergerechten Um bau investiert werden muss, weichen renditeorientierte Investoren wie Unternehmerfamilien auf andere Nutzungsarten aus.

Ein wichtiges Investitionsziel sind derzeit Wohnungen. Insbesondere drei große Entwicklungen tragen dazu bei: Erstens führt die nachhaltige Migration in die Metropolen dazu, dass sich in gefragten Lagen sehr attraktive Mieten erzielen lassen. Zweitens bewirkt die steigende Zahl von Single-Haushalten, dass die Wohnungsnachfrage hoch bleiben wird, zumal sich Alleinwohnende heute nicht mehr mit Einzimmerwohnungen begnügen, sondern ebenfalls 3-Zimmer-Wohnungen wünschen. Drittens sind bei der Wohnimmobilie die Kosten der laufenden Instandhaltung niedriger als bei Büros. Beispielsweise müssen die Sanitärräume in den Wohnungen erst nach zehn bis 15 Jahren neugestaltet werden und nicht schon nach fünf bis zehn Jahren wie in Bürogebäuden. Auch ist es bei Wohnungen im Gegensatz zu Büros nicht nötig, bei Mieterwechsel die gesamten Trennwände neu zu positionieren und die Infrastruktur komplett anzupassen.

Attraktiv sind aktuell auch Projektentwicklungen von Einzelhandelsimmobilien, weil hier in der Regel eine Vorvermietung von 80 Prozent oder mehr zu erreichen ist. Für den Bestand werden 1a-Lagen in den Innenstädten aber auch Einzelhandelszentren in den Stadtteilen erworben, sofern der Mietermix möglichst breit und die Verkehrsanbindung gut ist.

Allerdings braucht es in diesem Segment spezielle Marktkenntnisse, die zumeist eine externe Beratung erforderlich machen.

I& F Gerade der Wohnungsmarkt ist stark reguliert. Schreckt das nicht ab?

Wohnen ist interessant, weil die Nachfrage so exorbitant hoch ist. Da die Migration in die Ballungszentren anhalten wird, bleibt auch der Druck auf die Mieten hoch. Aber es ist erkennbar, dass bei vielen Mietern eine Belastungsgrenze erreicht wird. Wer für das Wohnen bereits 30 bis 40 Prozent seines Haushaltseinkommens aufwenden muss, wird weitere Mieterhöhungen kaum verkraften können.

I& F Inwieweit spielen steuerliche Fragen bei Immobilieninvestments noch eine Rolle?

Steuerliche Aspekte ordnen sich der Rendite unter. Sicherlich ist es willkommen, wenn beispielsweise Erträge aus Auslandsinvestitionen aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens dort besteuert werden, wo die Steuern niedriger sind als hierzulande.

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