Leitartikel

Gebührender Triumph

Der 7. Dezember ist seit diesem Jahr ein Feiertag für die Bausparkassen. Mit seinem Urteil unter dem Aktenzeichen XI ZR 3/10 hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe letztinstanzlich die Abschlussgebühr bei Bausparverträgen für rechtmäßig erklärt und die Revisionsklage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen abgewiesen. Obgleich sich die Bausparinstitute ihrer Sache im Grunde immer sicher, weil wohl begründet, wähnten, haben die Institute doch gut zwei Jahre lang dem höchstrichterlichen Urteilspruch entgegenbangen müssen. Denn schon Heinrich von Kleist wusste: "Im Recht zu sein, kann vor Gericht zum entscheidenden Nachteil werden." Pikant ist dabei gewesen, dass es der ehemalige Richter am Bundesgerichtshof Gerd Nobbe war, der mit seinen Gedanken zur Zulässigkeit von Bankentgelten die Verbraucherschützer erst auf die Idee brachte, auch die Gebührenmodelle der Bausparkassen ins Visier zu nehmen. Von den insgesamt drei vor den Kadi gezerrten Instituten wurde zunächst nur über die Regelung zur Abschlussgebühr in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Bausparkasse Schwäbisch Hall entschieden. Da sie als rechtens anerkannt wurde, darf erwartet werden, dass auch bei den ähnlich gelagerten Fällen der ebenfalls beklagten LBS West und Deutscher Ring Bausparkasse das oberste deutsche Gericht bei seiner Linie bleibt - falls die Verbraucherschützer die anhängigen Verfahren überhaupt weitertreiben.

Einfach zu erringen war dieser Sieg jedoch ganz gewiss nicht. Durch drei Instanzen sind die Verbraucherschützer gegangen, obgleich ihnen bereits die Oberlandesrichter in Stuttgart nahegelegten, die Anrufung des BGH wegen der geringen Erfolgsaussichten zu unterlassen. Von ihren Argumenten waren die Konsumentenhüter wohl selbst nur mäßig überzeugt, doch ließen sie sich zu Sklaven ihrer Prinzipien machen und forderten die höchstrichterliche Entscheidung. Wie ist es sonst zu erklären, dass es die Vertreter der Verbraucherzentrale unterließen, selbst vor den Gerichten für ihre Sache zu streiten. Stattdessen wurden juristische Landsknechte ins Feld geschickt, während die Vorstände der Bausparkassen persönlich zu den Verhandlungen erschienen, um für das bewährte Bausparsystem und die Gebührenregelung zu streiten. Deren Einsatz ist freilich verständlich: Allein in den vergangenen zehn Jahren summieren sich die Einnahmen der Bausparkassen aus der Abschlussgebühr auf rund 8,7 Milliarden Euro. Sie macht damit im Durchschnitt 8,4 Prozent der Gesamterträge aus. Zwar scheiterten die Klagen der Verbraucherschützer vor jedem angerufenen Gericht, doch sah sich so manches Institut veranlasst, auf die eine oder andere liebgewonnene Gebühr zu verzichten - nur an der Abschlussgebühr sollte und durfte nicht gerüttelt werden. Sie ist für das Funktionieren des Bausparsystems zu wichtig. Das sahen letztlich sogar die schon häufiger verbraucherfreundlich urteilenden Richter des BGH so:

"Die Klausel hält der Inhaltskontrolle stand, weil die Vertragspartner der Beklagten durch die Abschlussgebühr nicht entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt werden. Die mit der Abschlussgebühr finanzierte Werbung neuer Kunden dient nicht nur dem Interesse der Bausparkassen, Gewinne zu erzielen. Sie liegt auch im kollektiven Interesse der Bauspargemeinschaft. Die mit jedem Bausparvertrag bezweckte (zeitnahe) Zuteilung der Bausparsumme kann nur erfolgen, wenn dem Bausparkollektiv fortlaufend neue Mittel zugeführt werden, indem neue Kunden Einlageleistungen vornehmen. Deshalb führt die Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass die laufzeitunabhängige Umlegung der Vertriebskosten durch Erhebung einer Abschlussgebühr die Bausparer als Vertragspartner der Beklagten nicht unangemessen benachteiligt." (aus der Pressemitteilung des BGH)

Genau so haben die schlauen Bausparfüchse freilich schon immer argumentiert (Hans Laux in Heft 23 - 2008, Seite 868, in Heft 16 - 2009, Seite 544, in Heft 13 - 2010, Seite 444), doch die bisherige Praxis von Deutschlands höchsten Richtern abgesegnet zu bekommen, gleicht einem Ritterschlag. Derweil hadern die nordrhein-westfälischen Verbraucherschützer, dass die Gebühr nicht als Anteil im Effektivzins angegeben werden muss. Dabei sind die Aussagekraft und Vergleichbarkeit des Effektivzinses bei privaten Baufinanzierungen heute zweifelhafter denn je, weil die Kreditinstitute bei ihren Annahmen künftiger Zinsen äußerst fantasievoll zu Werke gehen dürfen - im Gegensatz zu den Bausparkassen, die den künftigen Zins des Bauspardarlehens bereits bei Vertragsabschluss festschreiben. Mit dem Ausweis der Abschlussgebühr machen die Bausparkassen zudem ihre Vermittlervergütung transparent und verstecken sie nicht. Es gibt für den Verbraucherschutz gewiss zahlreiche Ungerechtigkeiten und Ungereimtheiten, denen er sich annehmen kann und soll, doch ausgerechnet das - auch in der Finanzmarktkrise bewährte - Bausparsystem zählt nicht dazu. L. H.

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