Im Blickfeld

Hypo Real Estate und Depfa: Fusion beendet Experimente

Dass die Hypo Real Estate Holding AG (HRE), München, als streng auf gewerbliche Immobilien fokussierter Finanzierer sich den irisch-deutschen Staatskreditgeber Depfa Bank plc, Dublin, für 5,7 Milliarden Euro noch im Herbst dieses Jahres einverleiben will, erfährt in den Märkten nicht nur wegen der Größe der Transaktion Beachtung. Denn die Übernahme stellt vor allem den Erfolg der bisherigen Geschäftsmodelle beider Banken in Frage.

Zuerst wird dekonsolidiert ...

Schließlich ist es gerade einmal fünf Jahre her, dass große deutsche Hypothekenbanken vernehmlich über die Vorteile einer Trennung von Immobilien- und Staatskreditgeschäft nachdachten. Nur zwei wagten die Spaltung und vollzogen damit den Bruch mit einer mehr als 100-jährigen Tradition: Die damalige Depfa Deutsche Pfandbriefbank stieß ihr nicht sonderlich rentierliches und - wie sich zeigen sollte - in höchstem Maße risikobehaftetes Immobiliengeschäft als Aareal Bank ab und siedelte ins irische Dublin um des günstigeren Zugangs zum angelsächsischen Markt wegen. Auch die Bayerische Hypo- und Vereinsbank packte 2003 ihre mit hohen Risiken und geringen Margen behafteten gewerblichen und zum Teil auch privaten Immobilienfinanzierungen in die Hypo Real Estate.

Beide Konzernaufspaltungen wurden seinerzeit als großer Durchbruch angepriesen: Klarer und verlässlicher sollte die Geschäftsstrategie sein. Zudem würden Risiken durch die Spezialisierung minimiert und mit der fokussierten Kompetenz die Schnelligkeit und Schlagkraft in den Märkten verbessert. Und nun? Beide, Depfa und HRE, feiern den seit 18 Monaten im Verborgenen verhandelten Coup als entscheidenden Meilenstein und verkünden frohgemut: "Wir stehen wieder auf zwei Beinen."

Was war es denn bisher? Dies fragen sich jetzt nicht nur Aktionäre, Analysten und Medien, die den beiden Unternehmenskonzepten bislang überwiegend eine positive Perspektive zutrauten. Indes dürften beide Unternehmen die Grenzen ihrer engen Fokussierung erkannt haben.

Zwar startete die neue Depfa 2002 mit bemerkenswerten Wachstumsraten beim Umsatz und Gewinn, doch zeigte das mit nur einer Milliarde Euro dotierte Eigenkapital alsbald die Grenzen des Wachstums, während der Wettbewerber Dexia mit 16 Milliarden Euro Eigenkapital noch munter weiter akquirieren konnte. Frisches Geld hätte zwar der Verkauf der Tochtergesellschaft Depfa Deutsche Pfandbriefbank AG, Frankfurt am Main, gebracht, doch scheiterte dieser auch weil seit Juli 2005 eine Pfandbrieflizenz günstiger zu haben ist.

Gleichfalls floppte der Einstieg ins US-amerikanische Versicherungsgeschäft. Dagegen hatte die HRE einen denkbar ungünstigeren Start, galt sie doch Marktbeobachtern als "Ablade" für unrentable und womöglich notleidende Immobilienfinanzierungen der HVB. Dass diese Befürchtungen nicht ganz von der Hand zu weisen waren, zeigten die Paketverkäufe von Perfoming und Non-performing Loans in Milliardenhöhe. Zudem wurde, was nicht strategiekonform war, verkauft oder in die Obhut externer Servicer gegeben. Zeitweise ruhte das Inlandsgeschäft.

Dem Unternehmen tat das nur gut. Wie Georg Funke sein Haus in atemberaubender Geschwindigkeit säuberte und modernisierte, verdient höchste Anerkennung. So gelang den Münchenern zwar der Aufstieg in den Dax, doch waren damit auch erhöhte Wachstumserwartungen verbunden, die allein organisch nicht zu erfüllen waren. Doch während kräftig Portfolios - unter anderem von der AHBR - eingekauft wurden, glückte der große Wurf nicht: die Übernahme des leidigen Konkurrenten Eurohypo.

Folglich können sich die Münchener zwar darüber ärgern, dass die Eurohypo jetzt mit jovialer Lässigkeit das neue Geschäftsmodell des Wettbewerbers lobt, denn es sei ja das eigene - wundern dürfen sie sich jedoch nicht. Denn faktisch kehren HRE und Depfa zu ihren geschäftspolitischen Wurzeln zurück der Integration von Staats- und Immobilienkredit. Und dennoch war die Dekonsolidierung kein Irr-, allenfalls ein Umweg. Diesen zu beschreiten hat beiden Banken nicht geschadet. Dass die Börsen angesichts dieser im Großen und Ganzen positiv zu nennenden Track Records ihre Begeisterung für das vergrößerte Kreditinstitut noch zügeln, ist indes verständlich. Zwar würde die HRE durch die Übernahme zu einer der größten deutschen Banken, mehr Marktmacht dürfte ihr das Zusammengehen jedoch kaum verschaffen.

... jetzt wieder integriert

Maßgeblich in der Refinanzierung dürfte sich das gebündelte Know-how bemerkbar machen, denn hier sind beide Unternehmen international breit aufgestellt und können sich ergänzen. In den Kerngeschäftsfeldern Staats- und Immobilienkredit bringt die Fusion dagegen kaum Zuwächse. Folglich bleibt abzuwarten, wie ab 2010 zusätzliche Umsatz- und Wachstumssynergien in Höhe von 150 Millionen Euro pro Jahr realisiert werden sollen. Potenziale bestehen freilich noch bei Infrastruktur- und PPP-Finanzierungen. Dass durch die Fusion beachtliche 60 Millionen Euro bei den Aufwendungen eingespart werden könnten, verwundert nur insofern, als dass beide Unternehmen in der Vergangenheit stets auf ihre schlanke Kostenstruktur verwiesen.

Beruhigen dürfte den Markt und den HRE-Kurs aber schon bald, dass mit Georg Funke ein integerer Westfale das fusionierte Unternehmen leiten wird, der seine Ankündigungen bisher auch stets wahrzunehmen verstand. (Red.)

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