Public Private Partnership

Kommunale Wohnungsgesellschaft entwickelt Schulen als ÖÖP

Mit dem ersten Spatenstich im Oktober 2007 begann das größte Schulmodernisierungsvorhaben, das es in Hamburg je gegeben hat. Die Behörde für Bildung und Sport hat die GWG Gewerbe (GWGG), eine 100-Prozent-Tochtergesellschaft des städtischen Wohnungskonzerns SAGA GWG, zum 1. Juli 2007 mit der Grundsanierung und Bewirtschaftung von 32 Schulen im Süden der Stadt beauftragt.

Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaft - eine Alternative zu PPP

Der Kostenrahmen dieses auf 25 Jahre vereinbarten Programms "Modell Hamburg Süd" beträgt 650 Millionen Euro exklusive Finanzierungskosten. Ein Großteil des Vertragsvolumens, etwa 270 Millionen Euro, entfällt auf Sanierungs-, Neubau- sowie Erweiterungsbauleistungen. Die Investitionen sollen innerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren bis 2013 abgeschlossen sein. Parallel zur Sanierung übernimmt die GWGG für 25 Jahre die Bewirtschaftung dieser Objekte. Das Aufwertungsprogramm betrifft Unterrichtsgebäude für rund 17 500 Schüler in den Stadtteilen Wilhelmsburg, Finkenwerder und Harburg.

Insgesamt wurde das "Modell Hamburg Süd" als eine Öffentlich-Öffentliche-Partnerschaft (ÖÖP) nach den Grundsätzen einer sogenannten Public Private Partnership (PPP) konfiguriert. Anders als in reinen PPP hat sich die Freie und Hansestadt Hamburg (FHH) entschieden, ein immobilienwirtschaftlich ausgerichtetes Unternehmen des eigenen Beteiligungsverbunds zu beauftragen, womit Hamburg an der Wertschöpfung des Modells im Ergebnis mehrfach partizipiert. Der gewünschte Nutzen stellt sich für die Stadt hierbei auf vier Ebenen dar:

- Modernisierung und Bewirtschaftung der Schulstandorte zu vorab definierten Preisen und Leistungen.

- Durchführung der Modernisierung innerhalb eines garantierten Zeitraums von fünf Jahren.

- Realisierung von unmittelbaren Kostenvorteilen von rund zwölf Prozent auf der Grundlage einer barwertorientierten Vergleichsrechnung im Vergleich zur Eigenerledigung durch die Behörde für Bildung und Sport (BBS).

- Teilhabe am Chancen- und Risikoprofil des Projekts respektive des Geschäftsmodells auf Ebene von SAGA GWG. Neben den definierten Preisen und

Leistungen stellte insbesondere der Effizienzvorteil für Hamburg ein wesentliches Motiv zur Beauftragung der

GWGG dar. Im Vergleich zur Eigenerledigung resultieren diese Kostenreduktionen unter anderem aus:

- Der unternehmerischen Ausrichtung des Wohnungsunternehmens beziehungsweise seiner Tochtergesellschaft, die es ermöglicht, abseits haushaltspolitischer Budgetrestriktionen, notwendige Instandsetzungsarbeiten zum optimalen Zeitpunkt aus Sicht des Objektes (Lebenszyklus) vorzunehmen.

- Der umfänglichen Erfahrung als ausschließlich in Hamburg tätigem Wohnungsunternehmen, das mit einem Portfolio von rund 135 000 Wohnungen und Gewerbeobjekten - ungeachtet des begrenzten regionalen Aktionsradius - zu den größten Branchenvertretern zählt. Mit einem jährlichen Bauvolumen von rund 200 bis 250 Millionen Euro verfügt die Gesellschaft zum einen über ausgeprägte Erfahrung im Hochbau und ist auf der anderen Seite über das Kerngeschäft der Wohnungsvermietung auch in den Wohnquartieren tätig, in denen die Modellschulen liegen.

Als Entgelt für die Leistungen, sowohl in der Grundsanierung als auch in der Bewirtschaftung, zahlt Hamburg über die gesamte Projektlaufzeit ein nahezu gleichbleibendes, jährliches Entgelt. Weil die Aufwendungen für die Modernisierungstätigkeit innerhalb der ersten fünf Jahre benötigt werden, entsteht im zeitlichen Verlauf der ersten Jahre ein Finanzierungsbedarf, der auf Ebene der GWGG zu decken ist. Als finanzierendes Kreditinstitut mit überdies langjährigen Geschäftsbeziehungen zu Hamburgs Wohnungskonzern trat die Eurohypo hinzu. In Zusammenarbeit zwischen Stadt, Wohnungsunternehmen und Bank wurde ein speziell für diesen Kontext weiterentwickeltes Forfaitierungsmodell implementiert.

Soziale und städtebauliche Zielsetzungen

Das oben skizzierte ÖÖP-Modell zur Modernisierung von Schulen ergänzt in besonderer Weise die Leitzielsetzung des kommunalen Wohnungskonzerns zur sozialen und städtebaulichen Aufwertung von Quartieren. Das "Modell Hamburg Süd" trägt der Unternehmenspolitik konsequent Rechnung, neben der Versorgung von großen Teilen der Bevölkerung mit mittleren und kleinen Einkommen mit Wohnraum auch die positive Entwicklung von Quartieren ganzheitlich zu fördern.

Familiengerechte Wohnviertel werden durch pädagogisch und bautechnisch gut gestellte Schulen stabilisiert, gestärkt und gefördert. Zudem sind attraktive Schulen ein wesentlicher Faktor für Familien bei der Wahl ihrer Wohngegend, womit auch das Kerngeschäft der Vermietung profitiert. Im Modellgebiet, dem Süden Hamburgs, stellt SAGA GWG als größter Vermieter der Hansestadt knapp ein Fünftel seines Bestandes; das sind rund 21 000 Wohnungen. Dem Schulprojekt sind dort umfängliche Bestandsmodernisierungen vorausgegangen.

Speziell auf der Elbinsel Wilhelmsburg, Hamburgs geografischem Kerngebiet zwischen Norden und Süden, entstehen weitere wichtige Impulse für die Entwicklung des Südens durch die parallel stattfindende Internationale Bauausstellung (IBA) und die Internationale Gartenschau (IGS). Beide Entwicklungsgesellschaften haben ihr gemeinsames Planungsgebiet bis 2013 auf der Elbinsel Wilhelmsburg, wo wiederum SAGA GWG mit umfangreichen Beständen vertreten und als Partner von IBA und IGS aktiv einbezogen ist.

Der Hamburger Weg

Die hier mit einigen Aspekten dargestellte Öffentlich-Öffentliche Partnerschaft zwischen Stadt und städtischem Unternehmen zur ganzheitlichen und sozial ausgleichenden Aufwertung von Wohnquartieren stellt einen eigenständigen hamburgischen Ansatz dar, der auf die besonderen Rahmenbedingungen zugeschnitten ist. Diese strategische Zusammenarbeit ist ein wesentlicher Baustein für das qualitative Wachstum der Elbmetropole und unterstützt in mehrfacher Hinsicht die Leitzielsetzung der "wachsenden Stadt" zur Förderung von Wohnen, Wirtschaft, Bildung und Arbeit.

Ein solches, langfristiges Modell ist in mehrfacher Hinsicht konsequent, um qualitatives Wachstum des Wohn- und Wirtschaftsstandorts zu sichern. Angesichts des allgemeinen demografischen Wandels mit steigender Überalterung und Tendenzen zur Vereinzelung müssen besonders die kinderreichen Quartiere mit der Kraft zum Wachstum sozial und städtebaulich besonders gefördert und entwickelt werden. Auch aus diesem Grund widmet sich das kommunale Wohnungsunternehmen mit großer Aufmerksamkeit den Ansprüchen von Familien, Haushalten mit Kindern und Zuwanderern.

Als Folge dieses Handelns sichert der Konzern nachhaltig die rentable Vermietbarkeit der Bestände und verzeichnet eine Vollvermietung von insgesamt 99,5 Prozent. Dabei sind die Mieten günstig und liegen auch im freifinanzierten Bereich in der Regel unter den jeweiligen Mittelwerten des örtlichen Mietenspiegels. Mieten im geförderten Bereich liegen noch darunter.

Zusammengefasst basiert das Geschäftsmodell der Wohnungsgesellschaft als Systemvermieter und Bestandshalter darauf, Balance zu halten zwischen der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und dem sozialen Ausgleich in den Wohnquartieren. Darin besteht die Aufgabe und zugleich der Erfolg des Modells. Es ist getragen durch die Interessenidentität von Shareholder und Stakeholder - in beiden Rollen ist das die Stadt Hamburg. Diese spezifische Ausprägung ist das Alleinstellungsmerkmal der Wohnungsgesellschaft.

Konkrete Maßnahmen

Bei dem aktuellen Großvorhaben, dem "Modell Hamburg Süd", macht nun eine Schule im Harburger Phoenixviertel den Anfang. Wo vor einem halben Jahr der Spatenstich den Projektbeginn markierte, wird bis November 2009 ein neuer Schulgebäudekomplex für 800 Schüler mit Sporthalle und Stadtteilzentrum stehen. Die Modernisierung der Gebäude wird auch energetischen Zielen der Stadt für den Klimaschutz dienen. Das neue Schulzentrum wird in der Bewirtschaftung durch GWGG mindestens ein Viertel weniger Heizenergie verbrauchen als heutige Schul- und Sportgebäude.

Schon im ersten Jahr der ÖÖP beginnen an 14 Schulstandorten konkrete Arbeiten, werden Bauaufträge für Modernisierung und Neubau erteilt und die Bauarbeiten begonnen. Vereinbart sind sowohl maßstäbliche und nachprüfbare Servicelevels als auch finanzielle Anreize des Systems. Die Schulleitungen gewinnen Zeit für die Verwirklichung ihrer pädagogischen Zielsetzungen. Die Schulen werden wieder in die Lage versetzt, Orte für Begegnung und kulturelle Auseinandersetzung zu sein. Die Institution Schule gewinnt im Stadtteil wieder an Stellenwert.

Modell für andere Städte

Diese Kooperation kann ein Modell werden für städtische Wohnungsunternehmen, um sich neue Geschäftsfelder zu erschließen und die eigenen besonderen Kompetenzen als Stadt- und Quartiersentwickler lohnend einzusetzen. Besondere Erfolgsfaktoren dieser ÖÖP liegen in dem Nutzen durch die hohe Interessenidentität der Kommune als Auftraggeber für Quartiersentwicklung und zur Aufwertung von Wohnvierteln sowie der Kommune als Gesellschafter und nicht zuletzt der städtischen Gesellschaft als Auftragsnehmer.

Die skizzierten Maßnahmen werden dazu beitragen, dass Hamburg der Brückenschlag zwischen dem Norden der Stadt über die neue, zentrale Hafen-City in den wieder entdeckten Süden gelingt. Das Modell Hamburg Süd ist sowohl im Hinblick auf die operative Umsetzung als auch bei der Finanzierungsgestaltung richtungsweisend für weitere Projekte in Hamburg wie auch in Deutschland.

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