Immobilienmarketing

Makler - Berater, Moderator und mehr

Der Makler erhält seine Provision nicht für das Erbringen einer Dienstleistung. Nach dem Gesetz erhält er eine Provision für den Nachweis oder die Vermittlung einer Immobilie, äußerte unlängst ein alteingesessener Makler in einer großen Ruhrgebietsstadt gegenüber einem Kunden, der sich schlecht, eigentlich gar nicht, beraten fühlte. So absurd es klingen mag: Der Makler hat Recht. Im eigentlichen Sinn ist sogar schon die Nachweisvermittlung eine, wenn auch eher profane, Dienstleistung.

Angesichts der komplexer gewordenen Welt rund um die Immobilie ist diese Einstellung bei den Profis längst veraltet. Dort hat die Immobilienberatung die klassische Maklertätigkeit abgelöst. Jeden Kunden individuell auf seine Bedürfnisse hin zu betreuen und Interessen zielgerichtet aufeinander abzustimmen - dergestalt sind die heutigen Aufgaben.

Immobilienberatung im Vordergrund

Immobilieneigentümer sollten daher so früh wie möglich einen Immobilienberater einschalten, wenn es um die Vermarktung ihrer Immobilie geht. Der beste Weg liegt in der Vergabe eines Alleinvermarktungsauftrages. Damit trägt der Makler/Berater die Verantwortung und kann innerhalb eines interdisziplinären Teams aus Eigentümer, Facility Manager, Architekt, PR- und Marketing- Agentur sowie weiteren Dienstleistern die notwendigen Maßnahmen initiieren und koordinieren. Die Beratungsleistung besteht insbesondere in der Entwicklung und Realisierung einer ganzheitlichen Vermarktungsstrategie aus einer Hand. Gemeint sind damit sowohl das reine Product-Placement als auch die davor gelagerten Phasen intensiver Analysen und der Produktdefinition.

Die Vermarktung beginnt mit der Stär-ken-Schwächen-Analyse des Marktes und Teilmarktes. Der Immobilienberater bringt dazu seine Kenntnis über das Vermietungsvolumen, die Neubautätigkeit, das Flächenangebot und die Leerstands- sowie die Mietpreisentwicklung ein. Zudem werden die Nachfrage, der Branchenmix sowie die Konjunktur am Makrostandort genau unter die Lupe genommen.

Der Mikrostandort der Immobilie wird auf sein Image, seine Stabilität, Infrastruktur sowie Anbindung hin durchleuchtet. Im Anschluss dreht sich alles um die Immobilie selbst. Der Analyse unterliegen hier die Lage, das Gebäudealter und die Ausstattung, die Flächengröße und ihre Teilbarkeit, Mietpreise und Nebenkosten sowie das Dienstleistungs- und Stellplatzangebot. Ein Objektvergleich verdeutlicht die Wettbewerbssituation. Die Ergebnisse der Stärken-Schwächen-Analyse bilden die Grundlage für das USP (Unique Selling Proposition) der Immobilie (siehe Abbildung 1).

An der Definition des USP orientiert sich die Vermarktungsstrategie. Mit dieser legt der Makler/Berater in Abstimmung mit dem Eigentümer die Produktpolitik fest und definiert die Zielgruppen. Bestandteil der Produktpolitik sind die Verbesserung des Erscheinungsbildes, Anpassung an herrschende Marktbedingungen und sich wandelnde Flächenerfordernisse. Dafür sind häufig Umbaumaßnahmen in Angriff zu nehmen und zu begleiten. Der Makler/Berater verhandelt mit Projektentwicklern, Bauunternehmen und Architekten. Technische Aufrüstungen sind ebenfalls meist nötig. Je nach Umfang der Neugestaltung ist eine Baugenehmigung erforderlich, für die Makler/Berater und Architekt gemeinsam in Kontakt mit dem Bauaufsichtsamt stehen.

Marketingkonzept

Steht die Zielgruppe fest, entwickelt er in Kooperation mit einer Agentur ein auf die Immobilie zugeschnittenes Marketingkonzept mit einem entsprechenden Zeitplan. Der Makler/Berater versteht sich dabei als Marketing-Treiber mit dem Fokus darauf, wie das Interesse bei potentiellen Mietern zu wecken ist. Die Größe der Immobilie und das Ausmaß der leerstehenden Flächen bestimmen den Marketingaufwand. Um dem USP auch verbal Ausdruck zu verleihen, steht zu Beginn der Marketingkampagne meist die Auswahl eines Namens. Selbstverständlich sollte er zur Immobilie passen und gleichzeitig einzigartig sein. Ein geeigneter Slogan stellt das primäre Verkaufsargument in den Vordergrund.

Printprodukte wie eine Broschüre oder ein Flyer, Mailings, Anzeigen und Vermarktungsschilder in einem eigens auf die Immobilie abgestimmten Corporate Design sind ein Muss. Eine Broschüre sollte neben einer allgemeinen Beschreibung immer auch die Grundrissdarstellung sämtlicher Geschossarten und die technischen Daten beinhalten sowie die verkehrliche Anbindung skizzieren. DINabweichende Formate für Broschüren sind zwar auffällig, sollten aber dennoch ohne großen Aufwand versandt werden können. Zielgruppenmailings müssen in jedem Fall telefonisch nachgefasst werden.

Nicht zu unterschätzen ist die Wirkung von Vermietungsschildern. Zwischen 30 und 50 Prozent der Anfragen nach Büroflächen werden je nach Objekt und Lage damit generiert. Da sie genehmigungsbedürftig sind und so manche Stadt mittlerweile restriktive Gestaltungssatzungen dazu erlassen hat, empfiehlt es sich, mit einem Unternehmen der Außenwerbung zusammenzuarbeiten, welches eine gute Kenntnis darüber hat und über ausgezeichnete Kontakte zur jeweiligen Genehmigungsbehörde verfügt. Ein eigener Internetauftritt kann ebenfalls lohnenswert sein. Als Internetadresse bietet sich der neue Gebäudename an. Ein Film mit einer virtuellen Besichtigung oder gar einem Rundflug ist das I-Tüpfelchen im Bereich der medialen Vermarktung.

Individuelle Exposés

Ausgedient haben die "guten, alten" Exposés damit jedoch nicht. Sie greifen zwar Inhalte der Broschüre auf, sind aber deren auf den Mietinteressenten abgestimmte, individuelle Fortführung zur Vorbereitung auf einen Besichtigungstermin. Sie müssen aus Sicht des jeweils möglichen Nutzers den herausragenden Produktvorteil deutlich definieren. In der gesamten Vermarktung ist mit der Besichtigung das wichtigste Etappenziel erreicht. Jetzt gilt es, den Kunden vor Ort von der Immobilie zu überzeugen. Ihm die Flächen in einer realen Nutzung zeigen zu können, darauf kommt es an. Nur ein Musterbüro kann dieses Gefühl vermitteln.

Mit der Unterstützung eines Innenarchitekten lässt sich über viele Details eine echte Arbeitsatmosphäre simulieren. Schließlich gehören dazu mehr als nur stilvolle Büromöbel, einsatzbereite Technik sowie Zubehör für den Büroalltag. Grundrisse mit Belegungsvorschlägen als gerahmte Bilder an die Wand gehängt geben Hinweise für mögliche Raumplanungen. Ein Bonus ist, wenn auch eine Teeküche bereits eingerichtet ist. Denn ein vertiefendes Vermietungsgespräch in entspannter Atmosphäre bei Kaffee und vielleicht sogar Kuchen hat seine Wirkung. Sehr gut angenommen wird von Kunden in dieser Situation eine Beamerpräsentation.

Kommt es zu einer Mietvertragsverhandlung, agiert der Makler/Berater im Sinne einer marktgerechten Mietvertragsgestaltung unter Hinzuziehung der jeweiligen Anwälte als Moderator zwischen Vermieter und Mieter. Der Vermarktungszeitraum einer Immobilie erstreckt sich je nach Größe und Umfang der Maßnahmen über ein bis drei Jahre. Diese Zeitspanne bietet sich an für eine ganze Reihe von Veranstaltungen und begleitender PR. Klassiker wie Grundsteinlegung, Richtfest und Einweihung haben sich bestens bewährt. Doch Ungewöhnliches steht auf der Beliebtheitsskala ganz oben. Erfolgversprechend sind Kabarettabende mit bekannten Künstlern in individueller Konstellation, prominent besetzte Talkrunden oder zeitlich begrenzte, eigens zusammengestellte Kunstausstellungen.

Dienstleistungstiefe nimmt zu

Die jüngsten Entwicklungen auf dem Immobilienmarkt haben insbesondere im Investmentgeschäft dazu beigetragen, dass die Dienstleistungstiefe zugenommen hat. Ganzheitliche Untersuchungen und Konzepte sind gefragt. Auch hier fängt alles mit der Stärken-Schwächen-Analyse an. Glück ist dem Berater in dem Fall beschieden, wenn er die Vermietung der Immobilie bereits verantwortet hat und so auf die schon vorhandenen Ergebnisse zurückgreifen kann. Darüber hinaus jedoch muss er nicht nur die Mietsituation in der zum Verkauf stehenden Immobilie, sondern auch im gesamten Umfeld erfassen. Der Berater erstellt ferner die finanzwirtschaftliche Objektbewertung und Objektpotentialanalyse. Er leistet die kaufmännische und finanztechnische Due Diligence.

Mit der juristischen sowie wirtschafts- und steuerrechtlichen Due Diligence werden Experten beauftragt und deren Arbeiten begleitet. Dafür holt der Berater die nötigen Unterlagen wie Bauantrag, Baugenehmigung, Stellplatznachweis, Eintragung im Grundbuch, Katasterauszug und unter Umständen ein Altlastengutachten ein. Alle Resultate werden aufbereitet und fließen wie bei der Vermietung einer Immobilie in die Formulierung eines USP. Festlegung der Vermarktungsstrategie sowie Auswahl der Investoren schließen sich an.

Auf werbliche Marketingmaßnahmen analog dem Vermietungsprozess wird allerdings verzichtet, denn der Verkauf von Immobilien ist ein "stilles" und auch kein breit angelegtes Geschäft (siehe Abbildung 2). Die wichtigsten Vertriebsmittel sind das Sales Memo, eine animierte Präsentation oder ein virtueller Film insbesondere für Investoren, die für eine erste Besichtigung nicht vor Ort sein können.

Wandel setzt sich fort

Der Kundenkreis ist internationaler und vielfältiger geworden. Neben den Mentalitäten muss der Berater mit den Eigenarten der Investoren vertraut sein, deren Rolle, Konstrukt und Strategie kennen. Nur so kann er die Immobilie gezielt anbieten. Aus diesem Grund wird das Sales Memo individuell zur Kundenansprache zusammengestellt. Chancen und Risiken der Immobilie müssen für jeden einzelnen, möglichen Käufer herausgearbeitet werden.

Mit einem Vermietungsexposé ist das Sales Memo keinesfalls zu vergleichen, denn der Inhalt ist selbstverständlich sehr viel umfangreicher und differenzierter. Zudem ist für den Kunden die Kenntnis nicht nur über die Perspektiven der Immobilie, sondern auch über das Entwicklungspotenzial des Standortes von Bedeutung. Im Falle eines Bieterverfahrens übernimmt der Berater im Interesse des Immobilieneigentümers die Koordination. Bei der anschließenden Kaufvertragsverhandlung sind wiederum seine Moderatorqualitäten gefragt.

Die Aufgaben des Beraters werden auch in Zukunft einem weiteren Wandel unterliegen. Dazu werden interdisziplinäre Netzwerke auf nationaler und internationaler Ebene immer wichtiger, um der komplexer gewordenen Welt der Immobilienwirtschaft begegnen zu können. Es wird verstärkt darum gehen, für umfassende Konzepte oder Strategien im Immobiliengeschäft Kompetenzen zu bündeln und zu moderieren. Die Rolle des Beraters als Moderator und Koordinator in dieser Konstellation wird in ihrer Bedeutung zukünftig steigen.

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