Infrastruktur-Finanzierung

PPP aus Sicht der deutschen Städte - Chancen und Risiken

Public Private Partnership dient als Sammelbegriff für unterschiedlichste Formen der Zusammenarbeit zwischen der öffentlichen Hand und Privaten. In den Bereichen Hoch- und Tiefbau ist PPP nach unserem Verständnis eine langfristige, vertraglich geregelte Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Privatwirtschaft. Dabei werden die erforderlichen Ressourcen (zum Beispiel Know-how, Betriebsmittel, Kapital, Personal) in einen gemeinsamen Organisationszusammenhang gestellt und vorhandene Projektrisiken entsprechend der Risikomanagementkompetenz der Projektpartner angemessen verteilt.

PPP vor allem in den Großstädten

Während bei vielen in der Vergangenheit realisierten Projekten regelmäßig die Betriebsphase der Immobilie in Verantwortung der öffentlichen Hand verblieb, gibt es in dem beschriebenen umfassenden Sinne in Deutschland bisher mindestens 200 Projekte. Das ist Ergebnis einer Studie des Deutschen Instituts für Urbanistik (Difu).1) Davon sind etwa 80 Prozent auf kommunaler Ebene angesiedelt. Nach den Ergebnissen dieser Studie sind PPP-Projekte in Deutschland vor allem Projekte in den Großstädten. In Städten mit mehr als 100 000 Einwohnern gehört PPP inzwischen fast zur

Tagesordnung; mehr als jede Zweite setzt auf diese Form der Beschaffung.

In Städten, die gegenwärtig PPP-Projekte realisieren, ist inzwischen eine Größenordnung der gesamten PPP-Investitionen von etwa zehn Prozent der dort getätigten Sachinvestitionen erreicht2). Die durchschnittliche Investitionssumme dieser Projekte auf kommunaler Ebene beträgt 16 Millionen Euro. Die Schwerpunkte sind Investitionen in Schulen, Sport und Touristik sowie Verkehr. Künftige Potenziale für PPP werden von den kommunalen Praktikern vor allem in den Bereichen Sport, Stadtentwicklung, Schulen und Kindertagesstätten sowie Straßenbau gesehen.3) Es werden vor allem sieben Vertragsmodelle für PPP unterschieden: Erwerber-, Leasing-, Ver-mietungs-, Inhaber-, Contracting-, Konzessions- und Gesellschaftsmodell. Diese Modelle sind in einem umfangreichen Gutachten zu "PPP im öffentlichen

Hochbau" dargestellt.4) Eine detaillierte Erhebung zur Nutzung der sieben Vertragsmodelle auf kommunaler Ebene hat ergeben, dass vorrangig das Inhabermodell (etwa 30 Prozent der PPP-Projekte) zur Anwendung kommt. Rund 16 Prozent sind Contractingmodelle und 13 Prozent gehören zu Mietmodellen. In wesentlich geringerem Umfang werden bisher Leasing-, Konzessions- und Erwerbermodelle genutzt.5)

Städtische Investitions- und Finanzierungsentscheidungen sind prinzipiell Einzelfallentscheidungen. Eine generelle Orientierung auf PPP zur Realisierung städtischer Investitionen kann es daher nicht geben. Vielmehr muss die kommunale Autonomie vollständig gewahrt werden. Die Entscheidungsspielräume der Kommunen sind zu erhalten beziehungsweise zu erweitern. Regelungen, die sich beschränkend auf die Organisationshoheit und Entscheidungsbefugnis der Kommunen auswirken, sind inakzeptabel. Dies ist vor allem zu beachten, wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen für PPP novelliert werden.

Keine Lösung für Haushaltsdefizite

PPP können ohne Frage erfolgreich sein und zusätzliche Investitionen ermöglichen, zum Beispiel in den Fällen, in denen es gelingt, für eine zusätzliche Leistung neue Finanzierungsquellen zu erschließen. Wenn also die Bürgerinnen und Bürger und auch das Gewerbe bereit sind, zusätzliche Mittel einzusetzen - beispielsweise Maut oder Tunnelgebühren. Oder auch, wenn Öffentlich-Private Partnerschaften so effizient sind, dass Kosten eingespart und damit Mittel für weitere Aufgaben frei werden. Letztlich muss aber in jedem Einzelfall genau geprüft und entschieden werden, ob ein Investitionsvorhaben für PPP geeignet und über ein solches Modell realisierbar ist. Die Entscheidung darüber liegt immer bei der einzelnen Kommune.

Schön wäre es, wenn PPP die oft versprochene Lösung der finanziellen Probleme der Kommunen wären - aber leider ist dem nicht so. So zeigen die Untersuchungsergebnisse, dass Kommunen mit durchschnittlicher und überdurchschnittlicher Steuerkraft prozentual eher PPP-Projekte durchführen als Kommunen mit einer unterdurchschnittlichen Steuerkraft. Denn in der Regel handelt es sich um Modelle, die als kreditähnliche Rechtsgeschäfte zu beurteilen sind. Da diese PPP die Haushalte der Kommunen langfristig mit Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem privaten Betreiber belasten, müssen die Kommunen formelle und materielle Begrenzungen der Kreditaufnahme beachten.

Gemeindefinanzreform nötig

Wenn eine dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommune nicht gewährleistet ist, dann fehlt nicht nur die Voraussetzung zur Genehmigung durch die Kommunalaufsicht, sondern dann liegt es auch nicht im Interesse des Gemeinwohls, PPP-Projekte zu realisieren. Denn das Gebot intergenerativer Gerechtigkeit ist auch bei der Beurteilung dieser Vorhaben zu beachten. Kommunen mit strukturellen Defiziten kommen somit mögliche effizienzbedingte Kostenvorteile, die PPP-Modelle im Einzelfall bieten können, nicht zugute, weil sie weder auf herkömmliche noch auf PPP-Art investieren können. Aus diesen Gründen ist eine substanzielle Gemeindefinanzreform der einzige Weg, um die Finanzkrise der Städte und Gemeinden und den Investitionsstau zu beheben.

Bei so langfristigen Bindungen muss geklärt sein, wie bei Ausfall des privaten Partners während der Vertragslaufzeit die Kontinuität der Aufgabenerfüllung gesichert werden kann. Es müssen Regelungen bei Schlechtleistungen oder Nichteinhaltung von Sicherheitsstandards getroffen werden. Risiken müssen letztlich zwischen den Vertragsparteien klar definiert und aufgeteilt werden. Das ist ein wesentlicher Teil der vorbereitenden Arbeiten und macht deshalb PPP so aufwendig. Hier hat die öffentliche Hand eine große Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern. Denn Ausfälle und ein Versagen würden zur Belastung der Gebühren- und Steuerzahler führen.

Änderung des rechtlichen Rahmens

Seit September 2005 ist das Gesetz zur Beschleunigung der Umsetzung von Öffentlich-Privaten Partnerschaften und zur Verbesserung gesetzlicher Rahmenbedingungen für Öffentlich-Private Partnerschaften (ÖPP-Beschleunigungsgesetz) in Kraft.6) Damit wurden punktuell, wie beispielsweise im Gebührenrecht, die Rahmenbedingungen für PPP verbessert. Tatsächlich spielen bisher aber gerade gebührenfinanzierte PPP-Projekte eine eher untergeordnete Rolle im kommunalen Bereich. Die von der Bundesregierung angestrebte Stärkung der Rechtssicherheit bei der Nutzung von PPP-Modellen und das Bemühen, bestehende rechtliche Hemmnisse für die Nutzung von vertraglichen PPP-Modellen zu beheben, ist grundsätzlich gerechtfertigt. Gleichwohl belegt die beachtliche Zahl erfolgreicher städtischer PPP-Projekte, dass rechtliche Probleme auch bisher gelöst werden konnten und nicht entscheidend PPP-Vorhaben entgegen stehen.

Wenn Projekte frühzeitig aufgegeben werden oder trotz Grundsatzbeschlusses nicht zu Stande kommen, dann hat dies in erster Linie ökonomische Ursachen: fehlende Wirtschaftlichkeit, wirtschaftlichere Eigenerstellung und unzureichende Haushaltsmittel sind die häufigsten Gründe. Schwierigkeiten treten in der Vorbereitung von PPP-Projekten vor allem bei Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen auf. Hilfreich dürfte hier der Leitfaden mit Empfehlungen für eine bundeseinheitliche Vorgehensweise bei der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von PPP-Projekten sein, der von der Länderfinanzministerkonferenz und dem Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung erarbeitet wurde.

Der Leitfaden setzt Mindeststandards für die Durchführung von Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen7). Der Leitfaden für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für PPP-Vorhaben wurde auch von der Innenministerkonferenz zur Anwendung empfohlen. In Nordrhein-Westfalen ist mit dem seit Oktober 2006 gültigen Krediterlass des Innenministeriums für die Kommunen geregelt, dass zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit eines PPP-Projektes ein Vergleich mit den Kosten einer kommunalen Eigenerstellung (konventioneller Vergleichswert/Public Sector Comparator - PSC) erforderlich ist. Die Methodik des PSC hat dabei dem Leitfaden des Finanzministeriums zu entsprechen8). Auch in anderen Bundesländern ist dies so vorgesehen.

Standardisierungsbedarf

Der Deutsche Städtetag hat sich in Stellungnahmen zum Thema PPP wiederholt für eine Überprüfung dieser Praxis und eine bundeseinheitliche Handhabung ausgesprochen, um auf dem Wege von Standardisierungen die Transaktionskosten für PPP zu reduzieren. Auch eine Novellierung der Regelungen zum Veräußerungsverbot von öffentlichem Immobilienvermögen ist zu prüfen. Für die Bundesebene ist seit September 2005 geregelt: "Unbewegliche Vermögensgegenstände, die zur Erfüllung von Aufgaben des Bundes weiterhin benötigt werden, dürfen zur langfristigen Eigennutzung veräußert werden, wenn auf diese Weise die Aufgaben des Bundes nachweislich wirtschaftlicher erfüllt werden können." Mit der Neufassung des Krediterlasses in Nordrhein-Westfalen im Oktober 2006 wurden für die Kommunen Sale-and-Lease-Back-Geschäfte neu geregelt. Im Rahmen dieser Transaktionen überträgt die Gemeinde das Eigentum an einem Objekt dem privaten Investor zur Sanierung, um es anschließend wieder anzumieten. Bisher waren solche Geschäfte von der Kommunalaufsicht untersagt. Nunmehr sind sie zulässig, wenn die Nutzung des Vermögensgegenstandes zur Aufgabenerledigung der Gemeinde langfristig gesichert ist und die Aufgabenerledigung dadurch wirtschaftlicher wird.9)

Bereits gegenwärtig gibt es insbesondere bei den Großstädten vielfältige PPP-Initiativen. Die Tendenz ist steigend. Aus den Erfahrungen guter wie schlechter Modelle wird für die Zukunft zu lernen sein.

Fußnoten

1) Vergleiche dazu "Public Private Partnership Projekte. Eine aktuelle Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen", Deutsches Institut für Urbanistik, im Auftrag der PPP Task Force im Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (BMVBW), September 2005; http://www.difu. de/ oder auch http://www.ppp-bund.de/download/cover_ppp-1gesamt.pdf.

2) Vergleiche dazu "Public Private Partnership Projekte. Eine aktuelle Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen", Deutsches Institut für Urbanistik, Seite 53.

3) Busso Grabow, PPP - potentiell prüfenswerte Perspektive, November 2005, in: Beitrag für AKP, Heft 11/05.

4) Dieses Gutachten, das im August 2003 im Auftrag des BMVBW erstellt wurde, ist abrufbar unter: http://www.ppp-bund.de/hochbau.htm

5) Vergleiche Public Private Partnership Projekte, eine aktuelle Bestandsaufnahme in Bund, Ländern und Kommunen, Deutsches Institut für Urbanistik, a.a. O., Seite 49.

6) BGBl, Seite 2676.

7) http://www.ppp-bund.de/aktuelle_arbeiten.htm

8) Krediterlass des Innenministeriums des Landes Nordrhein-Westfalen vom 13. Oktober 2006, unter 5.1.1.

9) Vergleiche ebenda unter 5.2.2.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X