Kreditablösung

Restrukturierung und Refinanzierung von Immobilieninvestitionen als praktische Herausforderung

Gerade im Hinblick auf Refinanzierungen und Restrukturierungen treten immer öfter Situationen auf, die in dieser Form bisher selten anzutreffen waren. Dies ist zu einem Großteil auf das zunehmende Auslaufen oder Fehlschlagen von Immobilieninvestitionen aus den Hochzeiten der sogenannten "Immobilienblase" in eine Zeit zurückzuführen, in der neues Geld ein knappes Gut ist. Hinzu kommt, dass die bestehende Vertragsdokumentation häufig nicht für Krisenfälle ausgelegt ist und die betroffenen Parteien daher unter erheblichem Zeitdruck auf bis dahin unbekannte Themen reagieren müssen. In den nächsten 18 bis 24 Monaten wird eine weit überdurchschnittliche Zahl von Immobilienfinanzierungen auslaufen. Den damit verbundenen Refinanzierungsbedarf werden die zurzeit zur Vergabe neuer Darlehen noch bereiten Banken aber nur schwer abdecken können. Zudem haben sich die Konditionen für neue Darlehen, insbesondere im Hinblick auf das durch den Darlehensnehmer bereitzustellende Eigenkapital, deutlich verschlechtert. Hinzu kommt, dass nicht selten eine aktuelle Bewertung der jeweiligen Immobilien nicht mehr den zuvor festgestellten Wert erreicht und daher weiteres Eigenkapital bei der Refinanzierung erforderlich wird. Handlungsunwillige Darlehensnehmer Das ursprünglich eingesetzte Eigenkapital ist daher vielfach "verbrannt", was zunehmend zu Situationen führt, in denen ein im Grundsatz gesundes Portfolio allein deswegen in die Krise gerät, weil die erforderliche Refinanzierung so sie überhaupt gefunden wird - mangels Bereitstellung weiteren Eigenkapitals durch den Investor zu scheitern droht. Die Entscheidung des Investors gegen eine Fortsetzung des finanziellen Engagements wird dabei durch die Verwendung von Einzweckgesellschaften verbunden mit einer Non-Recourse-Finanzierung gefördert. Der Darlehensgeber kann zur Realisierung seiner Forderungen nur auf das Vermögen des Darlehensnehmers zurückgreifen, welches auf einzelne Objekte beschränkt ist. Der Investor kann sich daher ohne relevantes Risiko für eine "Abgabe der Schlüssel" entscheiden. Damit eng verknüpft ist das Phänomen der Führungslosigkeit der Darlehensnehmergesellschaft. Die als Geschäftsleitung der Einzweckgesellschaften eingesetzten Personen nehmen oft nur eine Proforma-Funktion wahr. Zum Teil wurde die Leitung der Gesellschaft auch auf hierauf spezialisierte Dienstleister übertragen, welche zwar die Position formal abdecken, aber zu inhaltlichen Entscheidungen weder bereit noch intern berechtigt sind. In der Krise des Darlehensnehmers können oder wollen die so eingesetzten Personen zumeist keine eigenen Entscheidungen treffen. Es besteht die praktische Gefahr, dass die Gesellschaft führungslos wird und sich die Krise dadurch weiter verschärft. Der Darlehensgeber kann sich in einer solchen Situation einem handlungsunwilligen oder gar handlungsunfähigen Geschäftspartner gegenüber sehen, ohne dass der Darlehensgeber wirklich mit den für einen Umgang mit einer solchen Situation erforderlichen Mitteln ausgestattet ist. Insbesondere das Einsetzen eines eigenen Geschäftsführers zur Stabilisierung der Gesellschaft ist aufgrund der vertraglichen Lage in aller Regel nicht möglich. Es würde zudem das Risiko einer Einstufung als Quasi-Gesellschafter und damit die Gefahr des Nachrangs der ausgereichten Darlehen mit sich bringen. Dem Darlehensgeber bleibt dann in der Regel nur die Durchsetzung der gewährten Sicherheiten in einem nicht selten zeitaufwendigen und kostenträchtigen Verfahren oder die Insolvenz, um gemeinsam mit dem Insolvenzverwalter die Vermögensgegenstände zu verwerten. Probleme bei Bankpleiten Aber auch die Darlehensgeberseite kann die beteiligten Parteien einer Transaktion vor Herausforderungen stellen. Mit Lehman Brothers ist einer der ehemals aktivsten Spieler im Immobilienfinanzierungsmarkt insolvent geworden. Jedoch ist Lehman Brothers keinesfalls das einzige Beispiel. Auch einige nordeuropäische Banken waren sehr aktiv und müssen nun - wie insbesondere das Beispiel Island zeigt - abgewickelt werden. Für den Darlehensnehmer kann dies vor allem bei der Refinanzierung seines Darlehens zu einem Problem werden. Anders als bei einer aktiven Bank gestaltet es sich in der Praxis schwierig, von einem in der Abwicklung befindlichen Kreditinstitut zum Beispiel eine Löschungsbewilligung für das bestehende Grundpfandrecht zu bekommen. Aufgrund des gewaltigen Aufwandes bei der Abwicklung eines Kreditinstitutes sehen die mit der Abwicklung befassten Institutionen häufig festgelegte Termine vor, an denen Dokumente unterzeichnet werden können. Außerhalb dieser Zeitpunkte ist es schwierig, die erforderliche Unterschrift zu erhalten. Oft stellt sich dieses Thema sogar mehrfach. Wird die Refinanzierung wie üblich über einen Treuhandmechanismus - etwa bei einem Notar - abgewickelt, so äußern die refinanzierenden Banken nicht selten die Sorge, dass bei Auszahlung des neuen Darlehens der alte und in der Abwicklung befindliche Darlehensgeber beziehungsweise Grundschuldgläubiger den Notar nicht unverzüglich nach Erhalt des Ablösebetrages aus seinem Treuhandauftrag entlässt. Ähnliche Themen treten auf, wenn das Darlehen verbrieft wurde und eine besondere Entscheidung des Darlehensgebers erforderlich ist, etwa weil das Grundstück zu einem geringeren als dem zugewiesenen Ablösebetrag veräußert werden soll. Die erforderliche Zustimmung muss durch den Darlehensservicer bei der entsprechend entscheidungsbefugten Gruppe innerhalb des Verbriefungsvehikels eingeholt werden, wofür dieser eine gewisse Vorlaufzeit benötigt. Aber auch die Bereitstellung der für eine Löschung oder Abtretung eines Grundpfandrechts erforderlichen Dokumente verursacht in der Praxis Probleme. Aufgrund der hohen Zahl der vergebenen Darlehen und der damit einhergehenden Menge an Unterlagen passiert es nicht selten, dass ein Grundschuldbrief oder eine vollstreckbare Ausfertigung einer Grundschuld beim abzulösenden Darlehensgeber nicht mehr auffindbar ist. Auch wenn der Gesetzgeber Verfahren für derartige Situationen vorgesehen hat, so können die damit verbundenen Fristen zu einer signifikanten Verzögerung bei der Abwicklung einer Refinanzierung führen. Schließlich sehen sich Parteien und Berater verstärkt mit praktischen Schwierigkeiten konfrontiert, die aus dem Einsatz von zum Teil äußerst komplexen Strukturen resultieren. Diese ursprünglich von Effizienz- oder Optimierungserwägungen getragenen Strukturen können sich in Refinanzierungs- oder Restrukturierungsszenarios zu nicht unerheblichen Herausforderungen entwickeln. Abwicklung komplexer Strukturen Zum Zwecke der Refinanzierung und Risikodiversifizierung war und ist es üblich, dass Darlehensgeber die von ihnen ausgegebenen Darlehen weiter übertragen. Ein wesentlicher Markt hierfür war der Verbriefungsmarkt. Für den Umgang mit dem Darlehen war hiermit aus Sicht des Darlehensnehmers regelmäßig der Wechsel des Ansprechpartners verbunden, da die Verwaltung des Darlehens durch einen Darlehensservicer übernommen wird. Ebenso gebräuchlich war unter den ehemals sehr aktiven Banken aber auch der Verkauf des ausgegebenen Darlehens oder zumindest eines vorrangigen Teils an eine andere Bank. Verschiedene deutsche Banken haben auf diesem Weg nicht unerhebliche Positionen erworben, ohne selbst bei der Vergabe der Darlehen aktiv gewesen zu sein. Beim nunmehr bevorstehenden Auslaufen dieser Darlehen macht sich das geänderte Marktumfeld bemerkbar. Es besteht zwar durchaus eine Chance, dass die jeweils beteiligte deutsche Bank das Darlehen jedenfalls teilweise zu refinanzieren bereit ist. Hinsichtlich des Gläubigers des nachrangigen Teils des Darlehens ist dies jedoch oft deutlich weniger wahrscheinlich. Grund hierfür kann etwa sein, dass dieser nachrangige Teil zwar noch von der ursprünglichen Bank gehalten wird, diese aber zur Neuvergabe oder Refinanzierung von Darlehen nicht gewillt oder in der Lage ist. Oder der nachrangige Teil wurde ebenfalls verkauft, etwa an Investoren oder Fonds, die aufgrund ihrer Struktur oder ihrer Investitionskriterien das erworbene Darlehen nicht verlängern oder ein neues Darlehen begeben können. Dies kann die Refinanzierung insgesamt gefährden, auch wenn Investor und deutsche Bank zur Refinanzierung zu geänderten Konditionen grundsätzlich bereit sind. Denn steht die Refinanzierung des Gesamtdarlehens bei dessen Auslaufen nicht rechtzeitig bereit, sieht sich der Darlehensnehmer einer fälligen Forderung des nicht refinanzierungswilligen Darlehensgebers ausgesetzt, die er grundsätzlich begleichen muss, aber häufig (noch) nicht kann. Nicht weniger komplex waren die Strukturen auf Darlehensnehmerseite. Hier wurden zur Optimierung der Steuerlast mehrstöckige Gebilde unter Einsatz von Gesellschaften in verschiedenen Jurisdiktionen erstellt. Einer gewissen Beliebtheit erfreute sich etwa die Kombination einer deutschen Kommanditgesellschaft mit einer ausländischen Komplementärgesellschaft, zum Beispiel in der Form der S.àr.l. & Co. KG. Die mit dieser Struktur verbundenen rechtlichen Themen, zum Beispiel Anerkennung einer Kommanditgesellschaft in Deutschland, wenn der effektive Verwaltungssitz sich im Ausland befindet, tauchen nunmehr im Rahmen der Refinanzierung der Darlehen wieder auf und beschäftigen die beteiligten Parteien und Berater. Nicht weniger schwierig gestaltet sich die Situation, wenn ein neuer Investor in eine bestehende Struktur einsteigen oder diese übernehmen soll. Die gesellschafts- und steuerrechtliche Konstruktion war auf den ursprünglich dahinter stehenden Investor zugeschnitten. Bei Einstieg eines neuen Investors muss regelmäßig die bestehende Struktur so aufgetrennt werden, dass dieser neue Investor unter Berücksichtigung der eigenen steuerlichen Anforderungen eine passende Schnittstelle für seine Investition findet. Hinzu kommt, dass zumeist die Darlehensgeberseite in den Prozess eingebunden werden muss, etwa aufgrund von "Change of Control"-Klauseln oder weil das bestehende Darlehen durch einen neuen Darlehensgeber refinanziert wird. Die schiere Zahl der beteiligten Parteien und Berater in verschiedenen Jurisdiktionen und die damit verbundene Dokumentation erfordern bei dieser Art von Transaktion einen außerordentlichen zeitlichen und personellen Koordinationsaufwand. Frühzeitige Planung Die in jüngerer Zeit verstärkt auftretenden Herausforderungen bei Restrukturierungen und Refinanzierungen von Immobilienfinanzierungen zeigen sich letztlich als Spiegelbild der im Zuge der Hochzeiten der "Immobilienblase" eingeführten Innovationen. Auch wenn die damit verbundenen Probleme bisher weniger verbreitet gewesen sein mögen, so gilt auch insofern der bewährte Grundsatz, dass eine frühzeitige und umsichtige zeitliche Planung und Koordination erheblich zur Vermeidung von Risiken sowie des damit verbundenen zusätzlichen Diskussions- und Dokumentationsaufwands beitragen kann.

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