Hypotheken in Europa

Ist die Stempelsteuer bei Hypotheken in Spanien rechtens?

Wie der Fuchs im Hühnerstall - so bricht alle paar Jahre die These von der rechtswidrig angewendeten spanischen Stempelsteuer über die deutschen Sparkassen und Pfandbriefbanken herein. Seit Jahren sind deutsche Kreditinstitute auf dem spanischen Markt aktiv und gewähren Darlehen, die sie sich mit auf spanischen Grundstücken bestellten Hypotheken absichern lassen. Für die Beurkundung der Hypothek wird von den spanischen Finanzämtern eine Stempelsteuer erhoben.

Diese spanische Stempelsteuer, wird immer wieder behauptet, würde bei Beteiligung in Deutschland ansässiger Banken und Sparkassen gesetzeswidrig erhoben, die Besteuerung verstoße gar gegen EU-Recht. Deutsche Banken und Sparkassen würden bei der Hypothekenbestellung steuerlich völlig falsch behandelt.

Zur Begründung wird angeführt, dass private Darlehensgeber in Spanien keine Stempelsteuer bei der Hypothekenbeurkundung zahlen müssten und dass in Deutschland ansässige Banken wie private Darlehensgeber zu behandeln seien. Die spanischen Finanzämter gingen seit vielen Jahren von einer falschen Voraussetzung aus und die Berater der Banken würden dem Treiben tatenlos zusehen. Eine gerichtliche Klärung der Angelegenheit, notfalls vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, sei daher längst überfällig.

Der folgende Beitrag möchte mit einigen Missverständnissen aufräumen und stellt dazu kurz die Besteuerung von Hypothekenbestellungsurkunden bei der Darlehensvergabe in Spanien dar. Zur besseren Übersicht wird im Folgenden erst die Besteuerung bei privaten Darlehensgebern, dann bei Hypothekendarlehen spanischer Banken und schließlich bei deutschen Banken behandelt.

Alte Zöpfe

Die Stempelsteuer ist ein Relikt aus den Zeiten, in denen der Staat noch nicht über die heutigen Möglichkeiten zur Kontrolle seiner Haupteinnahmequellen Umsatz- und Einkommensteuer verfügte. Damals erhob man Stempelsteuer auf Urkunden und behördliche Dokumente, weil die Notare und Behörden einfacher überwacht werden konnten und die Stempelsteuer als Einnahme halbwegs sicher war.1)

Heute haben Stempelsteuern vor allem noch in Schwellen- und Dritte-Welt-Ländern Lateinamerikas, Afrikas und Asiens Bedeutung, da in diesen Regionen die staatlichen Kontrollmechanismen nicht sonderlich ausgeprägt sind und daher der Steuerausfall entsprechend hoch ist.2)

Auch Spanien verfügt noch über eine Stempelsteuer, die Steuer für "dokumentierte juristische Akte" (Impuesto de Actos JurÃdicos Documentados - mit AJD abgekürzt). Diese Steuer fällt zwar meistens wirtschaftlich kaum ins Gewicht. Hiervon kann es im Einzelfall aber Ausnahmen geben. Ausgerechnet bei Hypothekendarlehen kann die Stempelsteuer ziemlich teuer ausfallen.

Die Stempelsteuer wird gemeinsam mit der Vermögensübertragungssteuer (Impuesto de Transmisiones Patrimoniales - mit ITP abgekürzt) in dem Gesetz über die Vermögensübertragungs- und Stempelsteuer (Ley del Impuesto sobre Transmisiones Patrimoniales y Actos Jurídicos Documentados - mit LITPyAJD abgekürzt) geregelt.3) Vermögensübertragungssteuer wird - wie der Name schon sagt - bei so genannten "Vermögensübertragungen" erhoben. Stempelsteuer fällt dagegen bei der Beurkundung an.

Die Stempelbesteuerung richtet sich nach der Anzahl der Urkundenblätter, sowie darüber hinaus nach dem Wert des beurkundeten Rechts. Je mehr Urkundenblätter, desto größer also der erste Teil der Stempelsteuer. Je höher der Wert des beurkundeten Rechts, desto teurer der zweite Teil.

Die Besteuerung nach Anzahl der Urkundenblätter, die klassische Form der Stempelsteuer, ist wirtschaftlich weniger bedeutend. Im Folgenden wird daher nur auf die Stempelbesteuerung nach dem Wert der beurkundeten Hypothek eingegangen.4)

Einige Grundsätze des spanischen Steuerrechts muss man sich vorab vor Augen führen. Eine Steuer ist nur dann fällig, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind: Die Steuer muss anwendbar sein, der Besteuerungstatbestand muss erfüllt sein, und es darf kein Befreiungsgrund vorliegen. Das gilt auch bei der Besteuerung mit Vermögensübertragungs- und Stempelsteuern.5)

Wer muss welche Steuern zahlen?

Steuerschuldner der Übertragungssteuer ist immer der Begünstigte, zu dessen Gunsten das besteuerte Recht übertragen wird (Artikel 8 LITPyAJD). Die Stempelsteuer muss dagegen zahlen, wer die beurkundete Erklärung abgibt. Demnach schuldet bei einer Hypothekenbestellung der Hypothekengläubiger die für die Hypothek anfallende Vermögensübertragungssteuer, während der Hypothekenbesteller die bei Beurkundung anfallende Stempelsteuer zahlen muss.

Als letzter Grundsatz sei vorab erwähnt, dass die Anwendung der Vermögensübertragungssteuer die Anwendung der Stempelsteuer ausschließt (Artikel 31 II LITPyAJD).

Bei von Privatpersonen gewährten Hypothekendarlehen wird weder Vermögensübertragungs- noch Stempelsteuer fällig. Das hat folgenden Grund: Die Vermögensübertragungssteuer ist grundsätzlich sowohl bei der Bestellung von dinglichen Rechten und Sicherheiten (zum Beispiel Hypotheken) als auch bei der Gewährung von Darlehen anwendbar (vergleiche Artikel 7 I A LITPyAJD). Sowohl die Hypothek als auch das Darlehen gehören zu den gesetzlich aufgezählten Vermögensübertragungen (transmisiones patrimoniales sujetas). Bei Hypothekendarlehen gibt es also zwei vermögenssteuerrechtliche Ansätze:

- die Darlehensgewährung und

- die Hypothekenbestellung.

Zur Vermeidung der Doppel- oder gar Dreifachbesteuerung hat der spanische Gesetzgeber für genau solche Fälle die Vermögensübertragungsbesteuerung ausschließlich auf das Darlehen beschränkt (Artikel 15 LITPyAJD). Bei Hypothekendarlehen wird ausschließlich die Darlehensgewährung besteuert. Steuerschuldner ist daher gemäß Artikel 8 LITPyAJD der Darlehensnehmer.

Weder Stempel- noch Vermögensübertragungssteuer

Somit müsste der Darlehensnehmer eigentlich Vermögensübertragungssteuer zahlen, wenn da nicht ein Steuerbefreiungsgrund gegeben wäre. Der Steuerschuldner ist im Falle von Darlehensgewährungen von der Steuerlast befreit (Artikel 45 I B Nr. 15 LITPyAJD). Eine Vermögensübertragungssteuer wird deshalb bei privaten Darlehensgebern nicht erhoben.

Stellt sich also die Frage, ob bei hypothekarisch gesicherten Privatdarlehen stattdessen Stempelsteuer zur Anwendung kommt. Wie wir inzwischen wissen, wird die Stempelsteuer im Unterschied zur Vermögensübertragungssteuer nicht für die Hypothekenbestellung, sondern für die Beurkundung erhoben.

Die Stempelsteuer ist damit auf Hypothekenbestellungsurkunden grundsätzlich anzuwenden, bei Privatdarlehen aber ausgeschlossen, denn als weiterer, uns bereits bekannter Grundsatz gilt: Wenn auf die in der Urkunde protokollierte Hypothekenbestellung bereits Vermögensübertragungssteuer angewandt wird (Artikel 31 II LITPyAJD), ist die Anwendung der Stempelsteuer ausgeschlossen.

Es kann also für private Hypothekendarlehen zusammengefasst werden: Es fallen weder Vermögensübertragungs- noch Stempelsteuer an.

Spanische Banken müssen Stempelsteuer zahlen

Auch bei Banken und anderen Kreditinstituten ist die Vermögensübertragungssteuer grundsätzlich sowohl auf die Darlehensgewährung als auch auf die Hypothekenbestellung anwendbar. Damit sind die Gemeinsamkeiten zwischen Privat- und Bankdarlehen aber auch schon wieder vorbei.

Kreditinstitute verdienen unter anderem ihr Geld mit der Aufnahme und Vergabe von Darlehen. Sie betreiben die Darlehensvergabe geschäftsmäßig. LITPyAJD schließt in Artikel 7 V die Vermögensübertragungssteuer im Falle von geschäftsmäßigen Tätigkeiten aus. Bei mehrwertsteuerpflichtigen Verkehrsgeschäften wird eine geschäftsmäßige Tätigkeit sogar gesetzlich vermutet.

Das ist bei Bankdarlehen der Fall. Zwar zahlen auch spanische Banken auf Zinsen und andere Bankgeschäfte keine Mehrwertsteuer nach spanischem Mehrwertsteuergesetz (Ley del Impuesto sobre el Valor - abgekürzt mit LIVA).6) Dies liegt aber an dem für Bankdarlehen geltenden gesetzlichen Mehrwertsteuerbefreiungstatbestand. Grundsätzlich besteht aber auch für Bankdarlehen die Mehrwertsteuerpflicht.7)

Damit ist die Vermögensübertragungssteuer bei geschäftsmäßigen Hypothekardarlehen nicht anwendbar, weder auf das Darlehen noch auf die sichernde Hypothek. Das wiederum führt zur Anwendung der Stempelsteuer auf die Hypothekenbestellungsurkunde.

Zur Erinnerung: Erstens ist die Stempelsteuer nicht anwendbar auf Hypothekenbestellungsurkunden, wenn auf die bestellte Hypothek Vermögensübertragungssteuer angewandt wird. Zweitens ist bei geschäftsmäßigen Hypothekendarlehen die Anwendung der Vermögensübertragungssteuer ausgeschlossen. Folgerichtig muss man dann auf den hypothekarisch gesicherten Darlehensbetrag Stempelsteuer zahlen.

Der Steuersatz für Stempelbesteuerungen nach dem Wert wird von den spanischen autonomen Regionen für ihr Gebiet selbst bestimmt. In den meisten Regionen Spaniens beträgt er derzeit zwischen 0,3 und 1,0 Prozent.8) Im Einzelfall kann sich daher je nach Höhe des Hypothekendarlehens eine bedeutende Steuersumme ergeben.

Solche Belastungen tun natürlich weh. Da hilft es auch nicht, dass Steuerschuldner der Hypothekenbesteller - und nicht die Bank - ist. Steuern sind Teil der Kosten, und über Kosten entscheiden sich die Wettbewerbsfähigkeit und auch die Größe des Marktes. Je billiger ein Darlehen ist, desto mehr Marktteilnehmer werden sich für eine Darlehensaufnahme entscheiden. Wenn bei Darlehen deutscher Banken im Gegensatz zu den Lokalmatadoren keine Stempelsteuer anfällt, ergibt sich ein Wettbewerbsvorteil.

Keine Ausnahmen für deutsche Kreditinstitute

Es ist daher nur verständlich, wenn in Spanien engagierte Banken und Sparkassen bei Erscheinen des Drachentöters, der die baldige Befreiung vom Joch der Stempelsteuer verkündet, aufhorchen. Ganz so einfach ist es aber leider nicht.

Richtig ist, dass in Deutschland ansässige Banken und Sparkassen in Spanien nicht mehrwertsteuerpflichtig sind. Sie erbringen ihre so genannte charakteristische Leistung - die Gewährung des Darlehens - in Deutschland. An diesem Umstand setzen die eingangs erwähnten Thesen von der gesetzeswidrigen Anwendung der spanischen Stempelsteuer an. Vermögensübertragungssteuer, so wird argumentiert, sei immer dann anwendbar, wenn kein mehrwertsteuerpflichtiger Vorgang vorliege.

Da deutsche Banken in Spanien nicht mehrwertsteuerpflichtig sind, müsse für sie auch dieselbe Regelung gelten wie für Privatdarlehensgeber, und zwar mit allen Folgen, das heißt Befreiungen und Vorzügen. Damit wäre sowohl Vermögensübertragungssteuer als auch Stempelsteuer weder auf das Darlehen noch auf die Hypothek oder Hypothekenbestellungsurkunde zu zahlen: ein klarer Wettbewerbsvorteil gegenüber spanischen Banken.

So schön sich das anhört; die Vertreter dieser Ansicht irren sich bei der Anwendung des Artikels 7 V LITPyAJD. Dieser Artikel schließt die Anwendung der Vermögensübertragungssteuer bei Tätigkeiten, die geschäftsmäßig betrieben werden (so auch die Darlehensvergabe durch Banken), generell aus. Dies gilt zwingend für solche Tätigkeiten, die (in Spanien) mehrwertsteuerpflichtig sind. Es handelt sich somit bei diesem Beispiel um eine gesetzliche Vermutung. Das heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass - nur weil ein Vorgang von der spanischen Mehrwertsteuer unerfasst bleibt - keine professionelle Tätigkeit im Sinne des Artikels 7 V LITPyAJD vorliegt. Auch Darlehen deutscher Banken sind natürlich geschäftsmäßige Darlehen, bei denen die Vermögensübertragungssteuer ausgeschlossen ist - Mehrwertsteuerpflicht hin oder her. Daher sind deutsche Banken hier genauso zu behandeln wie ihre spanischen Konkurrenten.

Die Stempelsteuer und Europa

Auch wenn Banken und Sparkassen durch die Stempelsteuer eingeschränkt werden, darf eines nicht vergessen werden; es sind alle gleich betroffen, sowohl die spanischen Banken, als auch die anderen. Ein Verstoß zum Beispiel gegen die gemeinschaftsrechtlich geschützte Dienstleistungsfreiheit ist daher nicht ersichtlich, im Gegenteil: Bei der Nichtanwendung der Stempelsteuer auf im EU-Ausland ansässige Banken wären spanische Banken entscheidend benachteiligt. Das Gemeinschaftsrecht bewahrt zwar teilweise EU-Ausländer vor den Vorschriften der jeweiligen Mitgliedsstaaten, was im Ergebnis zu einer Bevorzugung führen kann (die sogenannte Inländerdiskriminierung); hierbei handelte es sich in der Vergangenheit aber ausschließlich um Fälle des Marktzugangs.9)

Auch wenn es schwierig zu akzeptieren ist. Nach derzeitiger Rechtslage wird eine in Deutschland ansässige Bank kaum um das Thema Stempelsteuer bei der Hypothekenbestellung in Spanien herumkommen. Sollten jedoch Zweifel bestehen, so stellt der spanische Staat eine Klärungsmöglichkeit bereit, die bedeutend billiger ist als ein Gerichtsverfahren in Madrid und Luxemburg.

Betroffene können strittige Steuerrechtsfragen vorab bei dem Finanzamt über eine so genannte "consulta vinculante", eine bindende Anfrage, klären lassen. Das Finanzamt muss sich dann nicht nur verbindlich erklären, sondern diese Stellungnahme auch begründen. Das hat teilweise schon zu überaus erstaunlichen Ergebnissen und Umdenken auch bei den Finanzbehörden geführt. Wer dann nicht zufrieden ist, kann immer noch einen Prozess führen. Die "consulta vinculante" ist übrigens von dem Steuerschuldner zu stellen. In unserem Fall wäre das also der Darlehensnehmer.

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