Schwerpunkt Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2013

Welchen Funding-Mix braucht eine moderne Pfandbriefbank?

Pfandbriefbanken haben in der Regel keine "natürliche Passivseite", weil ihnen das klassische Kundengeschäft einer Universalbank fehlt. Aktiva im Bankbuch bedürfen daher zunächst einer aktiven Refinanzierung. Funding-Mix und Strategien haben sich - nicht zuletzt durch die Finanzkrise - deutlich verändert.

Konsequenzen aus der Finanzmarktkrise

Pfandbriefbanken können ihr Aktivgeschäft nicht allein durch Pfandbriefe refinanzieren, es bedarf immer auch eines Anteils ungedeckter Refinanzierung. Bei einigen Pfandbriefbanken war in der Vergangenheit das ausstehende Volumen unbesicherter Refinanzierung größer als das der Pfandbriefe. Die besicherten und unbesicherten Wertpapiere wurden in Form von Kapitalmarkttransaktionen - zumeist in Form von sogenannten "Benchmark-Anleihen" - und Privatplatzierungen zum weit überwiegenden Teil von institutionellen Investoren gekauft. Daneben erfolgte eine mehr oder weniger starke kurzfristige Refinanzierung über den Geldmarkt. Die Liquiditätstransformation war in vielen Fällen fester Bestandteil der Refinanzierungsstrategien.

Die Schwächen dieser Refinanzierungsstrategien offenbarte die Finanzmarktkrise, die zu einem fast vollständigen Austrocknen des Interbanken- und Commercial-Paper-Geldmarktes führte. In der Folge war die Verlängerung der kurzfristigen Refinanzierung nicht mehr oder nur noch sehr eingeschränkt möglich.

Zusätzlich gelang vielen Marktteilnehmern die Platzierung von unbesicherten Kapitalmarktanleihen nicht mehr. Pfandbriefe konnten zwar weiter emittiert werden, aber die Spreads stiegen und die Volumina sanken. Stattdessen griffen die Pfandbriefbanken verstärkt auf die Refinanzierung über Zentralbanken zurück. Teilweise wurden staatliche Garantien für die Refinanzierung benötigt.

Die Krise hat also deutlich gezeigt, dass Liquiditätsquellen, vor allem wenn sie stark von relativ wenigen großen institutionellen Investoren abhängig sind, versiegen können. Deshalb muss der Kontinuität und Verfügbarkeit von Refinanzierungsmitteln stärkere Bedeutung beigemessen werden. Gleichzeitig wird die Refinanzierungsstrategie damit wichtiger Teil der Geschäftsstrategie der Bank. Sie entwächst der puren Dienstleistungsfunktion hin zu einer die Steuerung der Bank stärker beeinflussenden Funktion.

Herausragende Stellung des Pfandbriefs

Pfandbriefe haben sich durch ihre qualitativ hochwertige Besicherung auch in der Krise als ein stabiles Instrument erwiesen. Kein Pfandbrief ist je ausgefallen. Sie haben damit in der Krise ihr geringeres Kreditrisiko verglichen mit unbesicherten Anleihen und ABS-Transaktionen unter Beweis gestellt. Sie konnten durchgehend bei Investoren platziert werden. Diese Sicherheit wurde von Investoren im Zuge eines an den Märkten zu beobachtenden "Flight to Quality" zunehmend geschätzt, sodass der Renditeabstand zwischen Pfandbriefen und unbesicherten Anleihen stark anstieg. Im Zuge der Bereitstellung nahezu unbegrenzter Liquidität durch die Zentralbanken weltweit und des damit einhergehenden Zins- und Credit-Spread-Rückgangs sind die Renditeabstände zwischen Pfandbriefen und unbesicherten Anleihen zwar wieder gesunken, sie liegen jedoch weiterhin über dem Niveau vor der Krise. Dies dürfte auch zukünftig der Fall bleiben.

Die Bedeutung des Pfandbriefes für die Refinanzierung ist also seit der Krise stark gewachsen und wird hoch bleiben. Damit einher geht die Notwendigkeit für Pfandbriefemittenten, einen stärkeren Fokus auf die Pfandbrieffähigkeit ihres Aktivgeschäftes zu legen und dieses möglichst schnell in den Deckungsstock zu übernehmen, um sich so rasch und umfassend über die günstigeren Pfandbriefe refinanzieren zu können. Nichtpfandbrieffähige Aktiva können daher nur eine Portfoliobeimischung sein. Die gestiegene Bedeutung gedeckter Refinanzierung drückt sich nicht zuletzt darin aus, dass im Ausland, zum Beispiel in Belgien, Covered-Bond-Gesetze erlassen werden.

Die stärkere Fokussierung auf den Pfandbrief führt gleichzeitig zu einer stärkeren Verwendung von Aktiva als Deckungsmasse, sodass die für die Bedienung von Investorenansprüchen ungedeckter Refinanzierung verfügbaren Aktiva weniger werden. Dies führt zu einer stärkeren "Tranchierung" der Passivseite der Bankbilanz, womit unbesicherte Refinanzierung einem stärkeren Kreditrisiko des Emittenten ausgesetzt ist und seinen Charakter in Richtung Mezzanin-Refinanzierung verändert.

Investoren in Pfandbriefe verlangen meist ein Mindestrating von "AA minus". Durch die erhöhten Anforderungen der Ratingagenturen muss der Pfandbriefemittent Überdeckung in erheblichem Umfang stellen, um diese Ratingniveaus zu erreichen. Die Überdeckung erhöht den Bedarf an unbesicherter Refinanzierung neben den Darlehen beziehungsweise Darlehensteilen, die nicht deckungsfähig sind. Unbesicherte Mittel werden außerdem zur Refinanzierung der Aktiva benötigt, bis diese in Deckung genommen werden können. Daher bleibt auch die unbesicherte Refinanzierung wichtiger Bestandteil des Funding-Mixes. Deren Verfügbarkeit und Kosten sind entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit einer Pfandbriefbank.

Zusätzliche Quellen

Eine wichtige Quelle der klassischen unbesicherten Refinanzierung sind die Privatplatzierungen an institutionellen Investoren. Mittlerweile sind Kapitalmarkttransaktionen im Benchmarkformat aufgrund der Verbesserung des Marktumfeldes wieder möglich geworden. Alternative Quellen werden von Pfandbriefbanken geprüft, da die unbesicherte Refinanzierung bei erneuter Krisenverschärfung wieder knapper und teurer werden könnte.

Asset-Backed-Transaktionen (ABS) sind mit der Krise fast vollständig zum Erliegen gekommen, RMBS- und CMBS-Transaktionen sind nur in Einzelfällen durchgeführt worden. Trotz der zu beobachtenden Transaktionsvolumina ist zurzeit jedoch unklar, ob MBS-Transaktionen in absehbarer Zukunft wieder strategischer Teil der Refinanzierung eines deutschen Pfandbriefemittenten sein können.

Eine weitere mögliche Quelle zur unbesicherten Refinanzierung ist das Einlagengeschäft mit Privatkunden. Dies hat sich auch in der Krise als sehr stabile Form der Refinanzierung erwiesen. Das Einlagengeschäft wurde sowohl von Spezialbanken wie zum Beispiel Autobanken, aber auch von Universalbanken daher stark ausgebaut. Darüber hinaus hat es in den letzten Jahren Markteintritte von in- und ausländischen Banken gegeben, die eine reine Einlagenplattform betreiben und für Privatkunden außer Einlagengeschäft keinerlei weitere Dienstleistungen anbieten.

Einlagen von Privatkunden verfügen über eine recht hohe Stabilität, die modelliert werden kann. Damit können im Sinne einer Bodensatzannahme vertraglich kurzfristige Einlagen zur Refinanzierung langfristiger Aktiva verwendet werden. Dies wird auch von Regulatoren anerkannt und bei der Berechnung der sogenannten Net Stable Funding Ratio entsprechend berücksichtigt. Privatkundeneinlagen haben für eine Pfandbriefbank den weiteren Vorteil, dass so ein völlig neuer Investorenkreis erschlossen wird und die Investorenbasis weiter diversifiziert werden kann.

Ergänzung, kein Ersatz

Insgesamt wird für eine größere Pfandbriefbank, deren Geschäftsmodell und Expertise schwerpunktmäßig in der Vergabe von großvolumigen und komplexen Finanzierungen liegt, das Einlagengeschäft jedoch immer nur einen Teil der unbesicherten Refinanzierung darstellen können. Das insgesamt benötigte Volumen liegt im Milliardenbereich und erfordert längere Laufzeiten.

Weitere alternative Refinanzierungsquellen sind denkbar und werden aktuell im Markt diskutiert. Als Beispiel seien hier Debt Funds oder ähnliche Konstruktionen genannt. Deren zukünftige Bedeutung ist noch nicht abschätzbar.

Festzuhalten bleibt, dass die Refinanzierungsstrategie integraler Bestandteil der Gesamtbankstrategie einer Pfandbriefbank ist. Der Pfandbrief bleibt das Hauptrefinanzierungsinstrument, dessen Bedeutung stark stieg. Darüber hinaus ist unbesicherte Refinanzierung unverzichtbar. Dort gewinnen neben den klassischen Quellen institutioneller Anleger auch Einlagen von Privatkunden zunehmend an Bedeutung. Sie stellen für eine Pfandbriefbank allerdings lediglich eine Ergänzung dar und können die klassische unbesicherte Refinanzierungsquellen nicht vollständig ersetzen. Andere Refinanzierungsquellen sind denkbar, jedoch noch unbedeutend und mit unsicheren Prognosen behaftet.

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