Schwerpunkt Pfandbrief

Der Pfandbrief im Refinanzierungsmix - Bedeutung und Herausforderungen

Weil die Sicherung von Liquidität heute für alle Banken ein zentrales Thema geworden ist, versuchen immer mehr Institute, ihre Kapitalbeschaffung auf eine breitere Basis zu stellen. So streben verstärkt die bislang über Kundeneinlagen refinanzierten Banken und Sparkassen in die Riege der Pfandbriefemittenten. Denn im Unterschied zu Termin- und Tagesgeldern bietet der Pfandbrief eine größere Fristenkongruenz zu den Aktiva. Gegen diese neuen Wettbewerber kann sich eine etablierte Pfandbriefbank in den Augen des Autors nur dann erfolgreich behaupten, wenn sie sich innerhalb ihrer Verbundstrukturen effizient aufstellt und auf das bestmögliche Rating für ihre Pfandbriefe achtet. (Red.)Auf die Liquidität kommt es an. Diese Lehre für die Refinanzierung von Kreditinstituten zogen Banken, Politik und Aufsicht aus der Finanzmarktkrise. Denn Liquidität ist der Treibstoff, der die Geld- und Kapitalmärkte am Leben erhält. Das Bewusstsein dafür ist allerdings erst durch die Finanzmarktkrise wieder geweckt worden, da vorher Liquidität vermeintlich unbegrenzt und jederzeit zur Verfügung stand. Der Zusammenbruch von Lehman Brothers führte dramatisch vor Augen, was passiert, wenn die Liquiditätsquellen versiegen. Die Anforderungen an die Refinanzierung von Banken haben sich seitdem deutlich verändert. Die ihnen zur Verfügung stehenden Refinanzierungsinstrumente müssen sich nun vor allem daran messen lassen, ob sie in der Lage sind, auch in einer extremen Krisensituation den Zufluss von Liquidität gewährleisten zu können. Untermauert wird dies durch ein aktuelles Working Paper der Bank für internationalen Zahlungsausgleich. Dort heißt es, dass ein ausgewogener Refinanzierungsmix die Krisenfestigkeit von Banken stärkt, da Kreditinstitute, die einseitig auf bestimmte Refinanzierungsinstrumente gesetzt haben, stärker unter den Folgen der Finanzmarktkrise gelitten haben. Wie aber sieht ein ausgewogener Refinanzierungsmix aus? Welche Aufgaben kommen darin den verschiedenen Instrumenten zu? Grob unterteilt stehen Banken hauptsächlich zwei Instrumente für die Refinanzierung zur Verfügung: das Einlagengeschäft einerseits sowie die gedeckte und ungedeckte Refinanzierung über den Geld- und Kapitalmarkt andererseits. Welche Bedeutung diese Instrumente vor dem Hintergrund der Erfahrungen der Finanzmarktkrise für die Refinanzierung immobilienfinanzierender Banken künftig haben, soll hier ein wenig näher beleuchtet werden. Eine tiefgreifende Analyse würde allerdings den Rahmen dieses Aufsatzes sprengen, sodass lediglich grundlegende Fragestellungen skizziert werden können. Der Einfluss des Geschäftsmodells Musterlösungen für einen optimalen Einsatz der Refinanzierungsinstrumente kann und wird es nicht geben. Der Liquiditätsbedarf einer Bank richtet sich nach ihrem Aktivgeschäft. Und dieses wird durch das Geschäftsmodell bestimmt. Die Anforderungen an die Refinanzierung sind also immer so individuell wie die geschäftliche Ausrichtung einer jeden Bank. Allein bei immobilienfinanzierenden Banken ist die Spannweite beträchtlich. Sie reicht von regionalen Instituten wie den Volksbanken, Raiffeisenbanken und Sparkassen, die überwiegend private Wohnimmobilien finanzieren, bis hin zu national und international agierenden Universalbanken und Spezialfinanzierern von Wohnungen und Gewerbeimmobilien. Das Geschäftsmodell inklusive des Zugangs zu bestimmten Refinanzierungsquellen legt somit bereits eine Richtung fest, welche Instrumente im Refinanzierungsmix vorwiegend zum Einsatz kommen. Einlageninstitute - insbesondere regionale Banken - refinanzieren sich in der Regel in geringerem Umfang über den Kapitalmarkt, während die meisten Spezialfinanzierer unter den Pfandbriefbanken in hohem Maße auf den Pfandbrief in ihrem Refinanzierungsmix setzen. Auch wenn exakte Zahlen fehlen, steht fest, dass zumindest Wohnimmobiliendarlehen ganz überwiegend durch Einlagen refinanziert werden. Gemessen am Gesamtbestand der Immobilienfinanzierungen in Deutschland beträgt das umlaufende Volumen von Hypothekenpfandbriefen als dafür bedeutendste kapitalmarktseitige Refinanzierungsquelle etwa ein Fünftel. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass sich in den Deckungsmassen vieler Hypothekenpfandbriefe zum Teil auch Finanzierungen von Auslandsimmobilien befinden. Der wesentliche Vorteil der Einlagenrefinanzierung liegt in ihrer Unabhängigkeit von den Volatilitäten der Kapitalmärkte. Zum einen gewährleistet das Einlagengeschäft für gewöhnlich einen stabilen Zufluss von Liquidität, was besonders während der Hochphase der Finanzmarktkrise zum Tragen kam. Zum anderen ist die Einlagenrefinanzierung im Vergleich zur Kapitalmarktrefinanzierung für Banken in der Regel günstiger. Einlagenrefinanzierte Institute können daher im Schnitt auch in der Immobilienfinanzierung höhere Bruttomargen erzielen. Dafür tragen einlagenrefinanzierte Institute jedoch ein größeres Zinsänderungsrisiko. Denn die Refinanzierung von Immobiliendarlehen, die in Deutschland ganz überwiegend langfristig sind, ist nur über die Fristentransformation möglich. Das heißt, kurzfristigen Einlagen stehen in der Regel langfristig ausgereichte Immobiliendarlehen gegenüber. Verteuern sich die Einlagen oder verflacht sich die Zinsstrukturkurve oder kehrt sich gar um, sodass die kurzfristigen Zinsen höher als die langfristigen sind, kann großer Schaden entstehen. Die Savings & Loan-Krise amerikanischer Sparkassen in den siebziger Jahren hat dies drastisch gezeigt. Die Refinanzierung über den Pfandbrief ist hingegen langfristig angelegt und garantiert somit eine hohe Fristenkongruenz. Zinsänderungsrisiken können damit weitgehend vermieden werden. Weitere Vorteile des Pfandbriefs gegenüber anderen kapitalmarktbasierten Refinanzierungsinstrumenten wie unbesicherten Schuldverschreibungen oder Mortgage Backed Securities sind seine vergleichsweise hohe Liquidität und die günstigen Einstandsniveaus. Der Pfandbrief kann insofern als ein Gewinner der Finanzmarktkrise betrachtet werden. Von den Folgen der Krise erholte er sich schneller als andere Wertpapiere, obwohl er sogar zusätzlich der Konkurrenz durch staatlich garantierte Bankanleihen ausgesetzt war. Dies belegt die Grafik eindrücklich. Dies ist vor allem darauf zurückzuführen, dass die Zusammensetzung und Qualität der Deckungsmasse durch die Finanzmarktkrise stärker ins Blickfeld der Investoren gerückt ist. Die hohen gesetzlichen Anforderungen an die Transparenz und Qualität von Pfandbriefen sind vor diesem Hintergrund ein klarer Wettbewerbsvorteil. Da der Pfandbriefinvestor ein Marktpreisrisiko übernimmt, verlangt er, zumal der Markt von professionellen Investoren geprägt wird, dafür eine adäquate Risikoprämie. Die zu erzielende Bruttomarge über die Pfandbriefrefinanzierung erreicht somit nicht das Niveau der einlagenbasierten Refinanzierung. In der gewerblichen Immobilienfinanzierung mag sich dies zumindest auf den ersten Blick weniger auswirken, weil dort vergleichsweise höhere Preise durchsetzbar sind. Die Stärke und Qualität des Pfandbriefs zeigt sich auch im Vergleich mit dem vor allem in den USA gebräuchlichen Instrument zur kapitalmarktgedeckten Refinanzierung von Immobiliendarlehen: Mortgage Backed Securities (MBS). Mit dem Verkauf von künftigen Zins- und Tilgungszahlungen aus besicherten Immobilienfinanzierungen an Investoren werden alle bestehenden Risiken, darunter die Kredit- und Marktrisiken, aus der Finanzierung an den Investor weitergegeben, der dafür natürlich auch eine entsprechende Risikoprämie verlangt. Vergleichbare Qualitätsanforderungen wie beim Pfandbrief gibt es für MBS jedoch nicht. Dies hat mit dazu beigetragen, dass die massive Verbriefung von Immobiliendarlehen minderer Qualität den Immobilienboom in den USA weiter anheizte und dessen Zusammenbruch schließlich zum Auslöser der globalen Finanzmarktkrise wurde. Der MBS-Markt brach daraufhin nahezu vollständig zusammen und erholt sich davon nur langsam. In der Refinanzierung von Immobilienfinanzierung haben MBS bis dato eine untergeordnete Rolle gespielt. Aufsichtsrechtliche Herausforderungen Wie bereits erwähnt befassen sich auf nationaler und internationaler Ebene Bankaufseher und -regulatoren intensiv mit Fragen der Vermeidung von Liquiditätsrisiken. Im besonderen Fokus stehen dabei kapitalmarktrefinanzierende Institute, weil sich bei diesen die Folgen der Finanzmarktkrise besonders deutlich ausgewirkt haben. Es reicht aber nicht, dass der Pfandbrief bewiesen hat, dass er sich selbst in Krisenzeiten am Markt durchsetzen kann, er muss auch vor den neuen aufsichtsrechtlichen Regulierungen nach MaRisk und Basel III bestehen. Neben einer höheren Eigenkapitalausstattung ist ein wesentlicher Ansatzpunkt, das Management der Liquiditätsrisiken zu verbessern, um die Widerstandsfähigkeit der Banken im Falle einer Liquiditätskrise an den Geld- und Kapitalmärkten zu stärken. Dazu sollen die Anforderungen an die Liquiditätsausstattung der Banken erhöht werden. Neue Kennziffern sollen gewährleisten, dass künftig jederzeit ausreichend Liquidität vorhanden ist: Die Liquidity Coverage Ratio zur Sicherstellung der kurzfristigen Liquidität und die Net Stable Funding Ratio mit Blick auf die längerfristige Liquidität. Dabei zeichnet sich ab, dass Covered Bonds, somit auch Pfandbriefen, ein Vorzug gegenüber ungedeckten Refinanzierungsinstrumenten eingeräumt wird. Das kann sich positiv auf die Nachfrage von Pfandbriefen auswirken, da die den Kennziffern zugrunde gelegten Aktiva eine verlässliche Liquidität aufweisen müssen. Auch im Rahmen der Liquiditätssteuerung der Emittenten selbst wird die Qualität des Pfandbriefs als zuverlässiges Refinanzierungsinstrument honoriert, was positiv auf die Liquiditätskosten wirken wird. Vor neuen aufsichtsrechtlichen Anforderungen steht auch die Versicherungswirtschaft. Versicherungen sind ein bedeutender Investor in Pfandbriefe. Die neuen Regulierungen - Solvency II werden daher auch Auswirkungen auf die Pfandbriefemittenten haben. Solvency II erhöht die Eigenkapitalvorschriften für Versicherungen. Vor allem für unbesicherte Anleihen werden voraussichtlich deutlich höhere Abschläge angerechnet werden. Damit zeichnet sich schon jetzt ab, dass es für Pfandbriefe wichtiger wird, auch künftig im Rating die Bestnote AAA vorweisen zu können, um den Wettbewerbsvorteil gegenüber Unternehmensanleihen zu behaupten, der bereits bei einem Rating von AA nicht mehr gegeben ist. Die Stabilität und Solidität des Pfandbriefs haben jedoch ihren Preis, sowohl für den Investor als auch für den Emittenten. Das Ertragspotenzial von Pfandbriefbanken, die sich im Wesentlichen auch über den Pfandbrief refinanzieren, das sind meist die Spezialisten unter ihnen, ist solide aber überschaubar. Dies gilt in besonderem Maße für die Akteure, die in der wohnwirtschaftlichen Immobilienfinanzierung agieren. Denn nur risikoarmes Geschäft ist für die Deckungsmasse erlaubt und es ist per se und zusätzlich aufgrund des scharfen Wettbewerbs margenarm. Diese Tatsache wird nur bedingt durch den Vorteil der fristenkongruenten Refinanzierung ausgeglichen. Verlust des Wettbewerbsvorteils Sie wird eher noch dadurch verstärkt, dass die genannten Pfandbriefbanken künftig auch in der Refinanzierung vermehrt durch Einlagenbanken herausgefordert werden dürften. Durch die Anforderungen von Basel III, die Fristenkongruenz von Anlagen und Verbindlichkeiten stärker miteinander in Einklang zu bringen, werden auch Einlagenbanken künftig voraussichtlich mehr Gewicht auf die langfristige Refinanzierung legen müssen. Mit dem Hypothekenpfandbrief steht ihnen dafür ein geeignetes Instrument zu Verfügung. Sie beantragen daher seit geraumer Zeit für den Pfandbrief selbst Pfandbrieflizenzen und machen davon Gebrauch, wie die jüngste Hypothekenpfandbriefemission der ING-Diba beweist. Für die genannten Pfandbriefbanken besteht damit die Gefahr, ihren relativen Wettbewerbsvorteil bei der langfristigen Refinanzierung einzubüßen. Als Gewinner dürften daher jene Banken hervorgehen, die in der Lage sind, die gesamte Palette der Refinanzierungsinstrumente zu nutzen. Eine solche Bandbreite muss jedoch nicht notwendigerweise innerhalb eines Hauses organisiert sein. Schon in der Vergangenheit haben sich Verbünde, wie die genossenschaftliche Finanzgruppe, großen Bankkonzernen vielfach als ebenbürtig erwiesen. Es kommt darauf an, die Arbeitsteilung im Verbund effizient zu organisieren. Auf diese Weise lässt sich aus einem Wettbewerb der Refinanzierungssysteme ein Zusammenwirken gestalten, von dem sowohl Einlagen- als auch Pfandbriefbanken profitieren. Je nach Lage der Zinsen oder Kapitalmärkte können die Banken dabei auf die Stärken ihres Partners im Verbund zurückgreifen und so ihre Wettbewerbsfähigkeit behaupten.

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