Schwerpunkt: Pfandbriefe und Pfandbriefbanken 2012

Unbesicherte Refinanzierung - Mission (Im-)possible

Für Kredit gewährende Banken nimmt die Bedeutung der Refinanzierung weiter zu. Seit jeher gehört es zu den goldenen Bankregeln, nicht nur das Kreditgeschäft solide zu refinanzieren, sondern zusätzliche Liquiditätsüberschüsse als Reserve vorzuhalten. Als Reaktion auf die Finanzmarktkrise werden die diesbezüglichen regulatorischen Vorgaben hinsichtlich Höhe, Qualität und Struktur der Refinanzierung und der Liquiditätsreserve verschärft. Gleichzeitig besteht die berechtigte Sorge, dass es ebenfalls als Konsequenz regulatorischer Vorgaben bei Banken (Basel III, Bankenrestrukturierungsgesetz) und Versicherungen (Solvency II) zu einer Verringerung der potenziellen Investoren in Bankbilanzen kommt.

Vor dem Hintergrund dieser Doppelbelastung bei Banken aus höherem Liquiditätsbedarf und verringerter Investorenbasis stellt sich die Frage, ob Bankenrefinanzierung zur "Mission Impossible" wird. Diese Frage ist nicht nur zentral für die Banken, sondern betrifft unmittelbar auch die gesamte Wirtschaft einschließlich der Finanzierung von Unternehmen und der öffentlichen Hand.

Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte der Bankrefinanzierung im derzeitigen regulatorischen Umfeld beleuchtet. Zu Beginn wird eine Beschreibung der aktuellen Refinanzierungssituation bei Banken gegeben. Es folgt eine Analyse des Einsatzes und der regulatorischen Bedeutung der einzelnen Refinanzierungsinstrumente. Im darauffolgenden Teil werden anhand der wichtigsten Beispiele insbesondere die Herausforderungen der unbesicherten Refinanzierung beschrieben. Abschließend wird aufgezeigt, wie zukunftsfähige Banken die Refinanzierung trotzdem zu einer "Mission Possible" machen können.

Quellen und Segmente

Die Bankenbranche, die Fachöffentlichkeit, die Aufsichtsbehörden und die Gesetzgeber führen einen ausführlichen und andauernden Diskurs darüber, durch welche Refinanzierungsquellen Banken die notwendige Liquidität zur Kreditvergabe generieren sollten und wie nachhaltig diese Quellen sind. Die fünf wichtigsten Refinanzierungsquellen von Banken sind:

- Einlagen privater und institutioneller Gläubiger,

- Schuldscheine im Privatplatzierungsgeschäft,

- unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen,

- besicherte Wertpapiere, insbesondere Pfandbriefe,

- Repomarkt und Tendergeschäft mit der EZB.

Je nach Geschäftsmodell verfügt eine Bank über alle oder nur über einige dieser Hauptrefinanzierungsquellen. Diversifikation und Erweiterung der bestehenden Refinanzierungsinstrumente sind daher eine der wichtigsten Anpassungsstrategien der einzelnen Banken.

Die drei wichtigsten Vertriebskanäle sind:

- Filialen und Internet (Privatkundensegment),

- Privatplatzierungsgeschäft (individuelle Beratung institutioneller Investoren),

- Kapitalmarktgeschäft (öffentliche Platzierung, Vertrieb über Netzwerke vermittelnder Banken).

Im Fall der Aareal Bank werden Kundeneinlagen über Dienstleistungsangebote im Bereich der Wohnungswirtschaft generiert. Das Privatplatzierungsgeschäft beinhaltet die Refinanzierung durch Vergabe von Schuldscheindarlehen und Namenspfandbriefen an institutionelle Anleger, wie Stiftungen, Pensionskassen und Versicherungen. Unter Kapitalmarktgeschäft versteht man die öffentliche Platzierung von Inhaberschuldverschreibungen über Netzwerke von Banken beispielsweise an Fondsgesellschaften oder Privatkunden.

Einsatz und Bedeutung der Refinanzierungsinstrumente

Kundeneinlagen sind typischerweise Tagesgelder, Termingelder und Spareinlagen. Bei dieser eher kurzfristigen Refinanzierung ermitteln Banken sogenannte Prolongationsquoten, da Kundeneinlagen erfahrungsgemäß nach der vertraglichen Fälligkeit teilweise verlängert werden. Damit ermittelt die Bank einen sogenannten Bodensatz der Einlagen, der entsprechend auch für die Refinanzierung des langfristigen Kreditgeschäfts herangezogen wird. Der den Bodensatz übersteigende und schwankende Teil der Kundeneinlagen wird als Liquiditätsreserve vorgehalten.

Ein stabiler Bodensatz im Einlagengeschäft begründet sich durch etwaige Alleinstellungsmerkmale der Bank (beispielsweise mit Einlagen verknüpfte Dienstleistungsangebote), anhaltendes Vertrauen der Einleger in das jeweilige Institut und durch Bindung der Kunden aufgrund einer direkten Betreuung. Nach den neuen regulatorischen Bestimmungen (Basel III) werden Bodensatzannahmen vor allem bei Einlagen von Privatkunden anerkannt. Mit größeren Abschlägen werden auch bei Einlagen von gewerblichen Kunden, zu denen eine weitere Geschäftsbeziehung besteht, Bodensätze angerechnet. Hingegen bekommen selbst stabile Einlagen von Versicherungen oder anderen Banken regulatorisch keinerlei Bodensatzanrechnung.

Schuldscheine als zweite Refinanzierungsquelle werden hauptsächlich im Privatplatzierungsgeschäft an Versicherungen und Versorgungseinrichtungen verkauft. Sie sind eine Anlageform, bei der Konditionen und Laufzeiten bilateral zwischen Gläubiger und Bank vereinbart werden. Schuldscheine unterscheiden sich von Einlagen vor allem durch die langen Laufzeiten und bieten der Bank dadurch in vollem Umfang Planungssicherheit für die Refinanzierung von längerfristigen Krediten.

Unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen als dritte Refinanzierungsquelle werden am Kapitalmarkt platziert. Die Bank erzielt so ein größeres Refinanzierungsvolumen mit einer einzigen Emission und erreicht neben privaten auch institutionelle Investoren, wie beispielsweise Rentenfonds oder andere Banken, die aufgrund ihrer Anlagerichtlinien nur in großvolumige Anleihen investieren dürfen oder wollen. Bei solchen Transaktionen ist das aktuelle Anlageinteresse am Kapitalmarkt entscheidend, ob eine Anleihe erfolgreich platziert werden kann. Banken und Versicherungen dürften aus regulatorischen Gründen zukünftig zunehmend als Investoren wegfallen, da Basel III Bankschuldverschreibungen nicht mehr als liquide Assets anerkennt und Solvency II eine höhere Eigenkapitalunterlegung einfordert.

Nach derzeitigem Stand werden unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen nach Basel III genau wie Schuldscheindarlehen bis auf das letzte Laufzeitjahr als langfristige Refinanzierungsmittel angesehen. Prolongationsannahmen sind hier allerdings nicht vorgesehen.

Der besicherten Refinanzierung als vierter Refinanzierungsquelle kommt seit Beginn der Finanzkrise eine ganz besondere Bedeutung zu, da viele Investoren eine Form von zusätzlichen Sicherheiten bei Bankschuldverschreibungen erwarten. Der deutsche Pfandbrief spielt dabei international eine zentrale Rolle. Er verfügt über eine lange Tradition und eine makellose Bilanz: Seit seiner Einführung vor 240 Jahren ist noch kein Pfandbrief ausgefallen. Gesetzliche Grundlage ist das Pfandbriefgesetz, welches international aufgrund seiner strengen auf Sicherheit bedachten Qualitätsregeln eine Vorreiterrolle ausfüllt.

Flankierend zu diesem Marktumfeld bietet die EZB inzwischen auch langlaufende Tender mit bis zu drei Jahren Laufzeit an. Diese fünfte Refinanzierungsquelle erfordert allerdings die Einlieferung von Sicherheiten. Daher eignet sie sich nur bedingt zur Refinanzierung von Krediten, da Kreditforderungen nur sehr eingeschränkt als Sicherheit von der Zentralbank akzeptiert werden. Stattdessen sind Staatsanleihen, Pfandbriefe und Bankschuldverschreibungen typische EZBfähige Wertpapiere. Regulatorisch wirken sich langlaufende Tendergeschäfte dann günstig aus, wenn als Sicherheiten Anleihen geliefert werden, die regulatorisch nicht als Liquiditätsreserve anerkannt sind, wie beispielsweise Bankschuldverschreibungen oder Verbriefungen.

Steigende regulatorische Anforderungen

Während vor allem die Privatkundeneinlagen über Konditionen hart umkämpft sind, tendiert die Pfandbriefrefinanzierung sowohl hinsichtlich der platzierbaren Volumina als auch bezüglich der zu zahlenden Renditeaufschläge über Swapsätze wieder in Richtung der Vorkrisenniveaus. Dagegen bleibt die Emission von langlaufenden unbesicherten Anleihen und Schuldscheinen für viele Banken eine Herausforderung. Die Kosten der unbesicherten Refinanzierung in Form von Renditeaufschlägen über Swapsätze sind für fast alle Banken nach wie vor wesentlich höher als vor der Finanzkrise.

Die Gründe, weshalb die unbesicherte Refinanzierung für Banken eine immer größere Herausforderung darstellt, sind hauptsächlich im neuen, teilweise noch unklaren regulatorischen Umfeld zu suchen. Fehlendes Vertrauen von Banken untereinander oder von Investoren in Banken und berechtigte Fragen zum

Geschäftsmodell oder zur Zukunftsfähigkeit einiger Institute spielen sicherlich auch eine Rolle. Doch auch nachweislich gesunde und starke Banken müssen bei der unbesicherten Refinanzierung erhebliche Anstrengungen vornehmen. Die Politik hat sich aufgrund der negativen Erfahrung mit dem Scheitern einiger Banken in der Finanzkrise unter anderem darauf verständigt, dass Banken zukünftig nicht mehr durch Steuergelder gerettet werden sollen, dass das Scheitern einer Bank keine existenziellen Auswirkungen auf andere regulierte Institute wie Banken und Versicherungen haben soll und dass Anleger durch umfangreiche Informations- und Dokumentationspflichten vor Risiken geschützt werden sollen.

Das sind alles verständliche Ziele, doch die diesbezüglichen Instrumente (Basel III, Solvency II, Bankenrestrukturierungsgesetz, Bail-In) haben nicht nur Konsequenzen für die Refinanzierung von Banken, sondern beeinflussen auch die Kreditvergabe an die Privatwirtschaft und an die öffentliche Hand. Die Instrumente haben also gesamtwirtschaftliche Auswirkungen, was im Folgenden beispielhaft verdeutlicht werden soll.

- Interbankengeschäft: Nicht nur fehlendes Vertrauen, sondern vor allem Basel III verhindert, dass beispielsweise einlagenstarke Banken ihre Liquiditätsüberschüsse anderen Banken zur Verfügung stellen können, da Engagements in Bankanleihen, obwohl diese beispielsweise bei der Zentralbank beleihbar sind, regulatorisch wie ein Kredit zu refinanzieren sind. Umgekehrt können Einlagen in Banken, die von anderen Banken oder Versicherungen gewährt werden, regulatorisch noch nicht mal anteilig von der Bank als Bodensatz angesetzt werden. Dies sind nur zwei Beispiele, die zeigen, wie innerhalb der Finanzwirtschaft ein früher bestehender effizienter Geldfluss nun regulatorisch verhindert wird.

- Bail-In: Der Vorschlag der EU-Kommission vom 7. Juni 2012 zur Bankenrestrukturierung empfiehlt, dass etwa zehn Prozent der Bilanzsumme sogenannte Bail-In-fähige Schuldverschreibungen sein sollen. Das sind vereinfacht gesprochen unbesicherte Inhaberschuldverschreibungen und nicht durch ein Einlagensicherungssystem geschützte Schuldscheine, die im Fall der Restrukturierung der Bank gemäß Bankenrestrukturierungsgesetz zu Eigenkapital (Aktien) gewandelt werden können (Debt-to-Equity-Swap). Damit wäre der Gläubiger unbesicherter Inhaberschuldverschreibungen nicht mehr gleichrangig mit den sonstigen Gläubigern unbesicherter Forderungen und es würde eine weitere Haftungsklasse gegründet, der jegliche Mitbestimmung fehlt. Diese Regelungsvorschläge dürften zu klar begründeter Kaufzurückhaltung der früheren Investoren hinsichtlich Bankschuldverschreibungen beziehungsweise zu entsprechenden Risikoprämien führen.

- NSFR (Net Stable Funding Ratio): Zu den wichtigsten Aufgaben einer Bank gehörten nach einhelliger Lehrmeinung die Bonitäts-, Fristen- und Losgrößentransformation. Basel III greift hier massiv in die Fristen- und teilweise in die Losgrößentransformation ein, indem es ein enges Korsett für die Kongruenz von Krediten auf der einen und Refinanzierungsmitteln auf der anderen Seite vorgibt. Der zusätzliche Refinanzierungsbedarf kann auf Basis der Auswirkungsstudien der EBA abgeschätzt werden, beträgt mehrere hundert Milliarden Euro zusätzlicher langfristiger Mittel für die an der Studie teilnehmenden rund 150 europäischen Banken und führt damit zu einem weiteren Refinanzierungsengpass.

- Solvency II: Versicherungen müssen nach Solvency II für Geldanlagen bei Banken in Abhängigkeit von externen Ratings Eigenkapital vorhalten. Eine Reduktion der Eigenkapitalanforderungen kann nur durch Reduzierung des Exposures oder Diversifizierung erreicht werden. Neuanlagen in Unternehmensanleihen oder die direkte Kreditvergabe reduzieren damit tendenziell die regulatorischen Eigenkapitalanforderungen, was zu Kaufzurückhaltung von Versicherungen in unbesicherte Bankschuldverschreibungen führen dürfte.

Unbesicherte Refinanzierung für Banken unabdingbar

Für Kredit gewährende Banken ist die unbesicherte Refinanzierung aus vielen Gründen unabdingbar:

- zur Wahrung einer gesunden Bilanzstruktur, also einem angemessenen Verhältnis von Eigenkapital, unbesicherter Refinanzierung und besicherter Refinanzierung einerseits sowie Ausgestaltung von Kreditgeschäft und Liquiditätsreserve andererseits,

- zur Aufrechterhaltung einer soliden Fristenkongruenz im Ablauf der Aktiv- und Passivseite,

- zur Sicherstellung erforderlicher Überdeckung im Pfandbriefgeschäft und

- für die notwendige Flexibilität bei der Kreditvergabe und Kreditindeckungnahme.

Dies kann nur mit unbesicherter Refinanzierung über Einlagen, Schuldscheindarlehen und Emissionen erreicht werden.

Zur Generierung dieser Refinanzierungsmittel hat die Bank die Gläubiger nachhaltig zu überzeugen. Entscheidend sind in vielen Jahren aufgebaute Geschäftsbeziehungen zu Kapitalmarktinvestoren und zu privaten und institutionellen Einlegern. Maßgeblich für deren positive Anlageentscheidung ist das Geschäftsmodell der Bank, das Management und die Zukunftsstrategie des Unternehmens, die Qualität des Kreditportfolios, die Refinanzierungsstrategie und die Höhe, Angemessenheit und Qualität des Eigen- und Gesamtkapitals. Erfolgreiche Emittenten stellen zu all diesen Punkten regelmäßig transparente Informationen den Investoren zur Verfügung. Dazu müssen allerdings auch die regulatorischen Rahmenbedingungen den nötigen Raum bieten und vor allem verlässlich sein. Nur dann kann eine Bank die unbesicherte Refinanzierung zur "Mission Possible" machen.

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