Recht und Steuern

Widerrufsbelehrung bei Darlehensverträgen

Die Zinsen für langfristige Finanzierungen sind historisch niedrig. So kostet ein Hypothekendarlehen mit zehnjähriger Zinsbindung bei den günstigsten Anbietern deutlich weniger als drei Prozent im Jahr. Schuldner hingegen, die vor Jahren eine langfristige Finanzierung vereinbart haben, müssen spürbar höhere Zinsen tragen. Wegen der aktuell günstigen Konditionen versuchen Schuldner verstärkt den Ausstieg aus ihren laufenden Darlehensverträgen und die anschließende Umschuldung mit erheblich niedrigeren Zinsen. Doch falls eine längere Zinsbindung mit dem Kreditgeber vereinbart wurde, ist dies nicht so einfach möglich. Denn die Geldhäuser sind nicht verpflichtet, den Ausstiegswunsch des Schuldners zu akzeptieren. Falls die Banken dennoch zustimmen, wird in der Regel eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung in Rechnung gestellt - ein vom Bundesgerichtshof akzeptierter Ausgleich für entgangene Zinsgewinne des Kreditgebers aufgrund der frühzeitigen Vertragskündigung. Wurde jedoch eine sehr langfristige Zinsbindung vereinbart, ist zehn Jahre nach vollständiger Auszahlung des Darlehens und mit sechsmonatiger Kündigungsfrist ein Ausstieg ohne Vorfälligkeitsentschädigung grundsätzlich möglich.

Eine weitere Möglichkeit, vorzeitig aus dem Darlehensvertrag auszusteigen, ist gegeben, wenn die sogenannte Widerrufsbelehrung, ein obligatorischer Bestandteil jedes Darlehensvertrags, fehlerhaft ist. Rechtliche Grundlage dafür ist bei Altverträgen die "Verordnung über Informations- und Nachweispflichten nach Bürgerlichem Recht" (BGBInfoV). Für alle Neufälle seit dem Jahr 2010 gelten die Regelungen des "Einführungsgesetzes des Bürgerlichen Gesetzbuches" (EGBGB). Unanfechtbar ist eine Widerrufsbelehrung demnach bei Darlehensverträgen ausschließlich für den Fall, dass der Kreditgeber den vom Gesetzgeber vorgegebenen Mustertext sowohl inhaltlich wortgetreu als auch optisch exakt übernimmt. Falls die Bank oder Sparkasse dies aber nicht tue, entfällt die Schutzwirkung des Musters, weil gegen das sogenannte Deutlichkeitsgebot verstoßen wurde.

Die Konsequenz ist, dass die Widerrufsfrist des Schuldners nicht zu laufen begann und der Darlehensvertrag auch noch nach Jahren widerrufen und somit rückgängig gemacht werden kann. In diesem Sinne urteilte der Bundesgerichtshof (BGH) am 26. Juni 2011 unter dem Aktenzeichen XI ZR 349/10. Die Entscheidung der Vorinstanz, des Oberlandesgerichts Jena, unter dem Aktenzeichen 5 U 57/10 wurde dabei bestätigt.

(KWAG Kanzlei für Wirtschafts- und Anlagerecht Ahrens und Gieschen)

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