Assekuranz: bereit zu höherem Risiko

Philipp Hafner, Quelle: Verlag Helmut Richardi

Vor ein paar Jahren noch war die Welt der Assekuranz relativ simpel: Investments in (vermeintlich) risikolose europäische Staatsanleihen versprachen Renditen in einer Größenordnung von vier bis sechs Prozent - genug, um die Garantiezinsversprechen gegenüber den Kunden mit einem noch dazu überschaubaren Arbeitsaufwand zu erwirtschaften. Doch die Lage hat sich bekanntlich grundlegend geändert. Die anhaltende Nullzinspolitik der EZB hat zu einer beispiellosen Renditeflaute am Rentenmarkt geführt und übt enormen Druck auf die Assekuranz aus, ihre Portfolios neu zu justieren.

Der aktuelle "Trendbarometer Assekuranz 2019" von EY Real Estate zeigt das wachsende Interesse an Immobilien: Mit 10,3 Prozent liegt die durchschnittliche Immobilienquote der Versicherungen auf einem historischen Höchststand und zugleich erstmals im zweistelligen Bereich. Bezogen auf das gesamte Anlagevolumen der Branche in Höhe von rund 1,55 Billionen Euro (GDV) entspricht dies einem Immobilienvermögen von fast 160 Milliarden Euro. Und dabei soll es nicht bleiben: 70 Prozent der von EY Befragten streben eine Erhöhung der Immobilienbestände im laufenden Jahr an. Rund drei Viertel geben zudem an, dass die Anlageklasse Immobilien bei ihnen am stärksten ausgebaut werde.

Ehrgeizig sind die Ziele auch mit Blick auf die Renditeentwicklung. Hier erwarten die Versicherer 2019 einen gegenüber dem Vorjahr sogar leicht gestiegenen Return von 4,51 Prozent für direkte und 4,96 Prozent für indirekte Immobilieninvestments. Um das zu erreichen, sind sie zunehmend bereit, auf der Risikotreppe nach oben zu klettern. So ist die mit höheren Risiken als "Core" behaftete Kategorie "Core+" mittlerweile das favorisierte Investmentsegment. Darüber hinaus rücken "Value-Add"-Investments vermehrt in den Fokus: 70 Prozent planen hier Zukäufe im laufenden Jahr. Geografisch liegt der Schwerpunkt dabei klar auf Europa (59 Prozent), gefolgt von Asien/Ozeanien (31 Prozent) und Nordamerika (30 Prozent).

Im Vergleich zu den Vorjahresbefragungen deutlich abgeflaut ist hingegen das Interesse der Assekuranz, als Fremdkapitalgeber am Markt aufzutreten. Nur 24 Prozent der Umfrageteilnehmer können sich dafür noch erwärmen, vermutlich nicht zuletzt aufgrund der mittlerweile erreichten Mikro-Margen infolge eines hochintensiven Wettbewerbs. Die Platzhirsche, Banken und Sparkassen, werden diesen Befund sicher mit Freude zur Kenntnis nehmen.

Ihren Frieden haben Versicherer derweil offensichtlich mit dem seit Anfang 2016 geltenden Regulierungswerk Solvency II geschlossen. Die darin festgelegten Eigenkapitalvorschriften waren zu Beginn noch auf heftige Kritik gestoßen, da sie gerade mit Blick auf die Immobilienanlage als überzogen erachtet wurde. So müssen Versicherer für direkte und indirekte (etwa über Spezialfonds) Immobilieninvestments stolze 25 Prozent Eigenkapital vorhalten. Zum Vergleich: Europäische Staatsanleihen benötigen - auch aufgrund politischer Erwägungen - keinerlei Kapitalunterlegung. Dennoch sieht die Mehrheit (64 Prozent) der befragten Versicherer in dem vergleichsweise hohen Liquiditätsbedarf kein Hemmnis für das Wachstum der Immobilienquote, die maximal übrigens 25 Prozent betragen darf. Es besteht also noch viel Luft nach oben. ph

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