Kommunen: Dunkle Gewitterwolken

Philipp Otto, Chefredakteur, Foto: Fritz Knapp Verlag GmbH

Um die kommunale Infrastruktur ist es bekanntermaßen nicht gut bestellt. Der Investitionsstau wächst und wächst und liegt aktuell bei fast 140 Milliarden Euro. Das birgt große Gefahren für Wachstum und Wohlstand. Entsprechend schlagen Ökonomen seit geraumer Zeit Alarm und fordern umfassende Investitionsprogramme. Das IW Köln beispielsweise hält zusätzlich Ausgaben von rund 450 Milliarden Euro in den kommenden zehn Jahren für nötig, damit die kommunale Infrastruktur nicht weiter verfällt. Die Rechnung: Rund 138 Milliarden Euro müssen in Schulen und Straßen fließen, weitere 20 Milliarden Euro in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Zudem brauche es 75 Milliarden Euro für den Ausbau alternativer Energien, Stromnetze und Verkehrswege. Die nötigen Investitionsmittel für den Breitbandausbau belaufen sich auf 20 Milliarden Euro. Für den Bereich Bildung und Forschung werden noch einmal rund 110 Milliarden Euro veranschlagt.

Das Problem: Viele Kommunen sind arm. Zu arm teilweise, um die verschiedenen Fördergelder zu beantragen, mit denen der Bund sie unterstützen möchte. Denn diese erfordern immer auch einen gewissen Eigenanteil. Und nun kommt auch noch Corona! Laut Bundesfinanzminister Olaf Scholz werden die Steuereinnahmen im laufenden Jahr wegen der voraussichtlich schwersten Rezession der Nachkriegszeit um insgesamt 98,6 Milliarden Euro geringer ausfallen als noch im Herbst 2019 erwartet. Auf den Bund entfallen davon 44 Milliarden Euro, auf die Länder 35 Milliarden Euro und die Kommunen 15,6 Milliarden Euro. Entsprechend düster fällt der Ausblick der kommunalen Vertreter aus. Laut KfW-Kommunalpanel 2020 rechnen die meisten Kommunen statt mit Haushaltsüberschüssen und sinkender Verschuldung, wie in den vergangenen Jahren, nun mit einbrechenden Einnahmen, wachsenden Ausgaben und einer wieder ansteigenden Verschuldung. 90 Prozent der befragten Kämmereien blicken pessimistisch auf das laufende Jahr, auch für 2021 erwarten acht von zehn Kommunen eine Verschlechterung der Haushaltslage.

Auf die Situation reagiert laut KfW-Befragung rund ein Viertel der Kommunen mit kurzfristigen Haushaltssperren, ein Drittel bereitet Nachtragshaushalte vor, um die finanziellen Folgen der Corona-Krise abzufangen. Im Ergebnis geht jede dritte Kommune von sinkenden oder stark sinkenden Investitionsausgaben im laufenden Jahr aus. Diese Einschätzung ändert sich auch nicht in der mittelfristigen Perspektive ab 2021. "Die Investitionsbedarfe der Kommunen waren schon vor der Corona-Krise hoch", sagt KfW-Chefvolkswirtin Dr. Fritzi Köhler-Geib. "Wenn jetzt die Haushaltsspielräume schrumpfen und deshalb Investitionen eingespart werden, ist das eine katastrophale Aussicht. Deutschland braucht öffentliche Investitionen in eine moderne Infrastruktur, um die Folgen der Krise zu bewältigen und als Voraussetzung für den Erhalt unseres Wohlstands in Deutschland." Jetzt, zur Bewältigung der Krise, gilt das sicher mehr denn je. Allein es fehlt der Glaube. Aber wie heißt es so schön: Die Hoffnung stirbt zuletzt. P.O.

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