Vorsicht vor der digitalen Insel

Jürgen Kreisel, Geschäftsführer, CBRE, München
Quelle: CBRE

Hand aufs Herz: Wann kam Ihnen zuletzt eine IT-Schulung lästig vor? Es wäre verständlich - denn häufig geht es um ein neues Tool für einen isolierten Arbeitsschritt. Das Problem beginnt oft in der Führungsebene. Wenn digitale Fragestellungen auf dem Programm stehen, werden meistens nur einzelne Projekte umgesetzt. Solche Insellösungen sind das genaue Gegenteil einer Digitalstrategie und sorgen bei den Mitarbeitern für wenig Begeisterung. Ein Unternehmen zu digitalisieren bedeutet, genau zu prüfen, wie sich das eigene Geschäftsmodell zukunftsfähig gestalten lässt und welche digitalen Prozesse dafür nötig sind. Anschließend werden standardisierte Schnittstellen zwischen allen Bereichen geschaffen. Verschiedene Programme müssen miteinander ohne Reibungsverluste kompatibel sein. Die Voraussetzung bildet die Bereitstellung technischer und betriebswirtschaftlicher Informationen für eine Langzeit-Datennutzung. Damit keine Datenfriedhöfe entstehen, müssen sie weiterverarbeitet und -verwertet werden können.

Am deutlichsten zeigt sich das bei langfristig orientierten Bestandshaltern: Selbst eine umfassende digitale Gebäudedarstellung auf Basis der Building-Information-Modelling-Techniken während der Planungsphase allein nützt herzlich wenig, wenn die Datensätze nicht später vom Facility Manager effektiv genutzt werden können. Hier zeigt sich die Komplexität des Themas: Techniker, Projektsteuerer und Kaufleute, die jeweils zu völlig unterschiedlichen Zeitpunkten im Lebenszyklus einer Immobilie ins Spiel kommen, müssen zukünftig dieselbe Datenlage ohne zeitraubende Vielfachbearbeitungen nutzen können. Aber auch für Investoren, die ihre Immobilie spätestens zur Baufertigstellung verkaufen wollen, werden kompatible Datensätze immer wichtiger, die ein Käufer schnell in seine eigenen Prozesse integrieren kann. Dazu müssen auch die digitalen Arbeitsabläufe selbst effizienter miteinander verschaltet werden. Drei Dinge sind nötig, um das zu erreichen. Erstens: Abwehrhaltung abbauen. Viele Ansätze scheitern an unbegründeten Zweifeln in Hinblick auf die technische Umsetzbarkeit oder bezüglich Datenschutz und Sicherheit. Zweitens: Aufhören, den Nutzen digitaler Lösungen in harten Zahlen ablesen zu wollen. Die Effektivität zeigt sich häufig zunächst in optimierten Abläufen und erst indirekt in der Geschäftsbilanz. Und schließlich drittens: Eine Abkehr vom erwähnten Inseldenken. Digitalisierungsfragen müssen unbedingt prozessbezogen, nicht projektbezogen betrachtet werden.

Jürgen Kreisel, Geschäftsführer, CBRE PREUSS VALTEQ GmbH, München

Noch keine Bewertungen vorhanden


X