Gespräch des Tages

BVR - Klimawandel?

Die Imagewerte der Genossenschaftsorganisation mögen im Zuge der Finanzkrise zwar gestiegen sein, aber die massiven Ergebnisbelastungen sind auch in dieser Gruppe spürbar. Um mehr als 98 Prozent auf kümmerliche 77 Millionen Euro ist im Berichtsjahr 2008 das konsolidierte Ergebnis vor Steuern des Finanzverbundes - aus 1196 selbstständigen Kreditgenossenschaften, den Konzernen DZ Bank und WGZ Bank sowie der Münchener Hypothekenbank - zurückgegangen. Dass die Verbandsspitze des BVR dabei positiv hervorhebt, das schwierige Jahr 2008 aus eigener Kraft, sprich ohne Inanspruchnahme staatlicher Hilfestellung bewerkstelligt zu haben, ist in diesen Zeiten durchaus legitime Interpretationshilfe. Freilich wurde auch eingeräumt, dass in dem erstmals nach IFRS erstellten Abschluss DZ Bank und WGZ Bank Bewertungserleichterungen im Umfang von zusammen zirka einer Milliarde Euro wahrgenommen haben. Die massivsten zusätzlichen Belastungen gegenüber dem Vorjahr, so zeigt der Blick auf die GuV, gab es mit 1,767 Milliarden Euro beim Ergebnis aus Finanzanlagen, mit 1,428 Milliarden Euro beim Handelsergebnis und mit 609 Millionen Euro beim sonstigen Bewertungsergebnis aus Finanzinstrumenten.

Weitgehend stabil geblieben ist im Berichtsjahr der Zinsüberschuss (15,946 nach 15,888 Milliarden Euro), während der Provisionsüberschuss um 4,5 Prozent auf 4,708 Milliarden Euro rückläufig war. Um rund 350 Millionen Euro senken konnte der Verbund zudem den Verwaltungsaufwand, wozu auch der leicht rückläufige Personalbestand (minus 0,2 Prozent auf 186 479 per Stichtag 31. Dezember) beitrug. Insgesamt konnten die Personalaufwendungen um 3,2 Prozent und die Sachkosten um 0,2 Prozent reduziert werden. Als deutlich erhöht zeigt sich freilich mit plus 27 Prozent auf 1,589 Milliarden Euro die Risikovorsorge im Kreditgeschäft. Und gerade das dürfte mit Blick auf das laufende sowie die folgenden Geschäftsjahre die kritische Größe werden. Zwar räumt das allesamt noch recht neue Vorstandstrio an der Verbandsspitze des BVR diese Gefahrenquelle durchaus ein, vermittelt aber insofern eine gewisse Gelassenheit als bei den Wertpapieren eine Wertaufholung erwartet wird. Im günstigen Falle, so die Hoffnung, könnte diese die zusätzlichen Belastungen aus gefährdeten Krediten in schwieriger Wirtschaftslage vieler Kreditnehmer wenigstens annähernd ausgleichen.

Gerade vor dem Hintergrund der zu befürchteten Risikoentwicklung im Kreditgeschäft zeigt sich der BVR-Vorstand bemerkenswert arbeitsfähig. Während man bei so mancher privaten Bank und auch bei einigen Landesbanken immer noch den Eindruck hat, als stünden die Mehrzahl der Entscheidungen unter dem Diktat des akuten Krisenmanagements, demonstriert die genossenschaftliche Bankengruppe an dieser Stelle vorausschauende Normalität. Der BVR hat schon in den vergangenen Monaten seinen Mitgliedern und Gremien ein überarbeitetes Statut der gruppeneigenen Sicherungseinrichtung dargelegt, das am 11. September auf der Mitgliederversammlung in Köln verabschiedet werden soll. Mit dem Anspruch auf größere Beitragsgerechtigkeit sollen der Sache nach künftig neben dem Kundenkreditvolumen auch Adressausfallrisiken aus eigenen Wertpapierbeständen (Depot A) in die Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur Sicherungseinrichtung einbezogen werden. Die besonders guten Institute der neuen BVR-internen Rating-Klasse "A++" sollen demnach nur noch 80 Prozent des Jahresbeitrages zahlen müssen. Das Spektrum der Beiträge würde damit zwischen 80 und 140 Prozent des regulären Satzes liegen (bisher zwischen 90 und 140 Prozent). Dass sich diese Begünstigung der guten Institute heute so offensiv ansprechen lässt, mag angesichts der hitzigen Auseinandersetzungen um die Beitragsdifferenzierung in der Vergangenheit verwundern. Die Verbandsspitze des BVR gibt sich freilich an dieser Stelle ausgesprochen gelassen und optimistisch, den Sachverhalt in einem aktiven Feed-Back-Prozess mit der Basis und allen Gremien gut vorbereitet zu haben. Zeigt die anstehende Mitgliederversammlung Anzeichen für einen Klimawandel?

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