Gespräch des Tages

Commerzbank - Im Kern gesund

Der erste Blick erschreckt. Gerade einmal magere 600 Millionen Euro weist Deutschlands zweitgrößte Bank als Gewinn für 2011 aus. Und das auch nur, weil der Rückkauf eigener Anleihen rund 1,1 Milliarden Euro in die Kassen spülte, sonst wäre das IFRS-Konzernergebnis genauso tiefrot gewesen, wie der HGB-Einzelabschluss. Natürlich hatte man ob des üppigen Staatsanleiheportfolios nichts Großes von der Commerzbank erwartet. Satte 3,9 Milliarden Euro Abschreibungen auf griechische und andere Staatsanleihen ließen das Vorjahresergebnis von 1,4 Milliarden Euro und auch die angepeilte Zielgröße von vier Milliarden Euro operativem Gewinn in ganz weite Ferne rücken. Die Griechenlandpapiere stehen noch mit zirka 26 Prozent des Nennwertes in den Büchern, was in etwa auf der Höhe des Schuldenschnittes liegt, sodass dadurch zumindest keine neuen Belastungen drohen.

Das Gesamtvolumen des Public-Finance-Portfolios sank um rund 18 Prozent auf 89 Milliarden Euro und soll in den kommenden Jahren vollständig abgebaut werden. Auch deutsche Papiere des Bundes oder der Länder will Martin Blessing einfach auslaufen lassen. Die bei der ungeliebten Tochter Eurohypo angesiedelte gewerbliche Immobilienfinanzierung, für die bereits seit gut einem halben Jahr ein Neugeschäftsverbot gilt, wurde ebenfalls weiter reduziert und liegt aktuell noch bei 57 Milliarden Euro. Hier liegt die angepeilte Zielgröße bei 50 Milliarden Euro, die dann aber in der Commerzbank selbst stattfinden soll, denn die Eurohypo, die nach milliardenschweren Abschreibungen in den vergangenen Jahren immer noch mit etwa einer Milliarde Euro in den Büchern steht, soll zerlegt und integriert werden. Zur Erinnerung: Erst 2005 hatte der amtierende Aufsichtsratschef Klaus-Peter Müller die Eurohypo für stolze 4,8 Milliarden Euro erworben. Doch man tut der Eurohypo Unrecht, wenn man sie alleine für die Misere verantwortlich macht. Schließlich stammt rund die Hälfte des kritischen Public-Finance-Portfolios von der ebenfalls übernommenen Essen Hyp und den Papieren aus dem eigenen Treasury der Commerzbank.

Doch Hoffnung gibt es immer, wie der Commerz-bank-Chef anmerkte. Soll heißen, im Kern ist die Bank gesund. Vor allem das Mittelstandsgeschäft und die BRE-Bank in Osteuropa machen derzeit Freude. Im Firmenkundengeschäft wurde mit rund 1,5 Milliarden Euro nur ganz knapp das operative Ergebnis des Vorjahres verfehlt. Und in Osteuropa, wo sich viele andere Banken insbesondere aus Österreich ein wenig die Finger verbrannt haben, erzielte die Commerzbank ein sattes Ergebnisplus von 53 Millionen Euro auf 483 Millionen Euro. Ungewöhnlich kleine Brötchen will man dagegen im deutschen Retailgeschäft backen. Hier freut man sich zwar über einen Ergebnisswing im operativen Geschäft von mauen 47 Millionen Euro in 2010 auf immerhin 375 Millionen Euro. Warum es aber Aufgabe ist, dies zu stabilisieren, statt kräftig auszubauen, leuchtet nicht ein. Die Commerzbank hat elf Millionen Privatkunden, die Verschmelzung mit der Dresdner Bank ist bis auf die Filialbereinigung und den restlichen Stellenabbau - beides sorgt derzeit für keine gute Stimmung unter den Mitarbeitern erledigt, da kann man sich doch nicht mit einem solchen Ergebnis zufriedengeben. Die Deutsche Bank weist im gleichen Zeitraum ein Ergebnis vor Steuern für die Sparte Private & Business Clients von 1,8 Milliarden Euro aus. Solide aber unspektakulär präsentiert sich das Segment "Corporates & Markets" mit einem operativen Ergebnis von 583 (nach 786) Millionen Euro.

Alles in allem zeigt das: Um die Commerzbank wird es berechenbarer und damit auch langweiliger werden. Große Ertragssprünge sind weder im Firmenkunden- noch im Privatkundengeschäft zu erwarten. Und auch das Investmentbanking, das in anderen Häusern durchaus mal für die ein oder andere Überraschung nach oben wie nach unten gut ist, soll bei der Frankfurter Bank ganz bodenständig etwa durch kleinere Anleihe-Emissionen für Mittelständler wachsen. Viel Fantasie für die Aktie bleibt da nicht, was den Altaktionären, die durch eine neuerliche Kapitalerhöhung ohnehin nicht gerade pfleglich behandelt wurden, sicherlich nicht recht sein kann. Sie und alle anderen werden sich daran gewöhnen müssen, dass die Commerzbank kein zweiter nationaler Champion neben der Deutschen Bank sein kann, und selbst den Vergleich mit anderen europäischen Großbanken könnte man als schmeichelhaft empfinden.

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