Gespräch des Tages

Hypovereinsbank - Kein klares Bekenntnis

Was will der Kunde morgen? Was würden Verlage, Pharmaunternehmen, Modedesigner, Einzelhändler, Autohersteller, Finanzdienstleister und alle anderen Unternehmen natürlich auch nicht alles geben, diese Frage beantwortet zu bekommen. Eindeutig geht das aber nicht. Als quasi Ersatzbefriedigung werden Heerscharen von Forschern und Beratern beschäftigt, die anhand möglicher Trends die Auswirkungen auf das Kundenverhalten bestmöglich vorherzusagen versuchen. Wie oft haben gerade Banken in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten nicht schon die "Filiale der Zukunft" ausgerufen? Wie oft wurde der stationäre Vertrieb als zu teuer und unrentabel bezeichnet und die alleinig selig machende Zukunft im weltweiten Datennetz gesehen? Und wie oft kam es dann doch anders? Klar ist: Es gibt viele Bankstellen in Deutschland, vielleicht sogar zu viele. Die Bundesbankstatistik weist aktuell rund 36 000 Bankfilialen aus, dagegen gibt es nur je 14 000 Tankstellen und Bäckereien. Und natürlich wird sich auch das Kundenverhalten weiter in Richtung Mobilität und Online bewegen. Doch wie schnell und wie drastisch? Während die einen Institute diese Tendenzen zum Anlass nehmen, sich aus der Fläche zurückzuziehen, halten andere mit Blick auf die demografische Entwicklung und das steigende Beratungsbedürfnis ganz bewusst an der Präsenz vor Ort fest.

Sehr konsequent betreibt die Hypovereinsbank den Umbau. Nach zahlreichen Versuchen und Pilotphasen mit unterschiedlichen Filialkonzepten hat die klassische Niederlassung wohl bald ausgedient. Von noch knapp 600 Filialen sollen in den kommenden durch Schließungen und Zusammenlegungen von Standorten rund die Hälfte wegfallen. Der Grund: Privatkunden kontaktieren die Bank schon heute rund 500 Mal pro Jahr über Telefon, Internet, Video, Tablet und Smartphone oder nutzen die Selbstbedienungsgeräte und suchen die Filiale nur ein bis zweimal pro Jahr für ein umfassendes Beratungsgespräch auf (siehe auch Beitrag Buschbeck in diesem Heft). Stattdessen sollen bis Ende 2015 rund 350 Millionen Euro in das neue Multikanalangebot investiert werden. Dazu Vorstandschef Theodor Weimer auf der Bilanzpressekonferenz: "Wir können uns den Umbau leisten und wir wollen uns den Umbau leisten. Auch weil wir nicht glauben, dass wir uns künftig noch so viele Filialen leisten müssen."

Aber auch wenn Weimer betonte, dies sei weder ein Rückzug aus der Fläche, noch eine Abkehr vom Retailbanking - ein klares Bekenntnis für die Privatkunden sieht anders aus. Sagte er doch auch: "Zwei Prozent Marktanteil im Massengeschäft - da kann man mit den Großen nicht mithalten. Ich kenne die Zahlen des Marktes, im Filialgeschäft wird kaum oder kein Geld verdient, wenn richtig gerechnet wird. Große Spieler können natürlich Skaleneffekte nutzen, da sind wir benachteiligt. Ich glaube auch nicht, dass steigende Zinsen das Kundenverhalten verändern werden." Folgerichtig wird sich die Hypovereinsbank "sukzessive in den Bereich der wohlhabenden Kunden bewegen". Dieser Kundschaft, mit der Geld verdient werde, so Weimer, müsse künftig mehr geboten werden. Offen ist dabei natürlich, wie die bisherige breite Privatkundschaft auf die Veränderungen reagieren wird, ansonsten freuen sich die Wettbewerber. Das abgelaufene Geschäftsjahr der Hypovereinsbank ist zwar deutlich besser gelaufen, als das des italienischen Mutterkonzerns, der einen Verlust von über 13 Milliarden Euro ausgewiesen hat. Unter dem Strich weisen die Münchner einen Konzernüberschuss von 1,1 Milliarden Euro und ein Ergebnis vor Steuern von 1,5 Milliarden Euro aus. Damit wurden die Vorjahreswerte um 16,6 Prozent im Konzernergebnis und um satte 29,2 Prozent beim Vorsteuerergebnis verfehlt. Dabei sind aber auch Restrukturierungsaufwendungen von knapp 400 Millionen Euro (im Vorjahr 102 Millionen Euro) zu berücksichtigen. Allerdings ist der Vorstandsvorsitzende nicht mit allen Ergebniskomponenten zufrieden. Der Zinsüberschuss sank um knapp 16 Prozent auf 2,91 Milliarden Euro, das Handelsergebnis leicht um sechs Prozent auf 1,1 Milliarden Euro.

Auch mussten gut 400 Millionen Euro mehr als im Vorjahr für mögliche Rechtsrisiken zurückgestellt werden. "Die Urteile werden immer bankenunfreundlicher," sagte Weimer. Da konnte der um rund fünf Prozent gestiegene Provisionsüberschuss nicht wirklich erfreuen, allerdings sorgte die um mehr als 70 Prozent gesunkene Kreditrisikovorsorge für spürbare Entlastung, sonst wären die Rückgänge noch drastischer ausgefallen. Mit 21,5 Prozent Kernkapitalquote ist die Hypovereinsbank inzwischen deutlich überkapitalisiert, Mittel, die im italienischen Konzern anderweitig gut zu gebrauchen wären. Von daher weckt das sicherlich Begehrlichkeiten. Diese im Rahmen zu halten, wird eine Herausforderung für das deutsche Management.

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