Gespräch des Tages

Mittelstandsfinanzierung - Schreckgespenst Kreditklemme?

Hier prallen Welten aufeinander. Auf der einen Seite steht Hans-Joachim Metternich, Anfang März dieses Jahres von der Bundesregierung eingesetzter Kreditmediator. Seit Amtsantritt hat dieser laut jüngster Mitteilung vier (! ) Kredite vermittelt. Auf der anderen Seite wirbt Mario Ohoven, Präsident des Bundesverbands der mittelständischen Wirtschaft, für die Interessen seiner Mitglieder. Von den über den Verband hinaus rund 2,7 Millionen Unternehmen mit bis zu 20 Mitarbeitern erwarten entsprechend BVMW-Studie etwa die Hälfte Probleme, sich in den kommenden Monaten neue Kredite zu besorgen. Stellt man beide Zahlen gegenüber wird schnell klar, dass die Finanzierung des Mittelstands ein potenzieller Unruheherd werden könnte.

So kurios wie beunruhigend ist dabei, dass beide Seiten sich bei der Prognose sogar einig sind: So rechnen sowohl Mediator wie auch Verband damit, dass die Nachfrage nach Krediten im zweiten Halbjahr 2010 deutlich anziehen wird. Tatsächlich haben viele Unternehmen dem Vernehmen nach volle Auftragsbücher und trauen sich wieder zu investieren. Nur wie sollen die Banken die stärkere Kreditnachfrage bewältigen? Um die "Rosinen" muss man sich sicherlich keine Sorgen machen, denn ein lukratives Geschäft wird wohl keine Bank so schnell ausschlagen. Der Breite der Unternehmen würde dann dort, wo Alternativen wie Leasing nicht gangbar sind, eine Kreditklemme drohen dabei bräuchten viele das Geld nur zur Anschubfinanzierung.

Gefahr erkannt, Gefahr gebannt? Leider ist das nicht so. Denn ein schlüssiges Rezept können beide Seiten nicht vorlegen. So dürfte beispielsweise der Vorschlag des Verbands, das Hausbankprinzip zugunsten eines Direktkontakts mit der KfW aufzugeben, sicherlich kaum auf fruchtbaren Boden stoßen. Gleiches gilt für die Forderung nach einer Klausel, mit der die Risikogewichte bei der Bewertung von Krediten an den Mittelstand gesenkt würden und somit auf Bankenseite weniger Eigenkapital vorzuhalten wäre.

Tatsächlich sind die Anreize für Banken, stärker Kredite an den Mittelstand zu vergeben, auch nicht sehr groß, so lange für Investitionen in Staatsanleihen oder US-amerikanische Hypothekenkredite kein oder nur sehr wenig Eigenkapital hinterlegt werden muss. Wenn nicht zum Zockertum, so verleitet das Großbanken sicherlich kaum dazu, wieder verstärkt im Dienste eines funktionierenden (Real-)Wirtschaftskreislaufs zu agieren. Bei kaum noch in diesem Marktsegment aktiven Auslandsbanken würde die Mittelstandsfinanzierung damit noch stärker auf den Schultern der dezentralen Verbünde liegen.

Wie sieht all dies aber die Kreditwirtschaft? Die beharrt darauf, dass es derzeit keine Kreditklemme gibt und (wahrscheinlich) auch keine geben wird. Die nackten Zahlen geben ihnen (noch) Recht: Bisher gab es beim Kreditmediator nach einem Nein von Banken gerade einmal 54 Anträge von Unternehmen auf Unterstützung. Davon betrafen 20 Restrukturierungen, für die der Mediator nicht zuständig ist. Die übrigen 30 Anfragen, zusätzlich zu den vier Erfolgsmeldungen, sind nun in Bearbeitung. Selbst wenn man bedenkt, dass sich die Abwartehaltung des Mittelstands in den kommenden Monaten auflösen könnte, wird hier schnell der Symbolcharakter der Einrichtung deutlich.

Auch in den einschlägigen Zahlenwerken ist von Finanzierungsengpässen bislang wenig zu sehen. Nach dem jüngsten Monatsbericht der Bundesbank hat das Volumen der kurz-, mittel- und langfristigen Kredite deutscher Banken an Unternehmen und Privatpersonen im April jeweils zugelegt. Ähnliches beobachtet auch das Ifo-Institut, seit einem halben Jahr zeigten sich die Banken bereitwilliger, heißt es dort. Ob der Mittelstand momentan nur einem Schreckgespenst nachjagt?

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