Gespräch des Tages

Nord-LB - K-Frage als Dauerthema

Wahrscheinlich ist es der Bedeutung Hannovers für die Berliner Politik geschuldet, dass die eigentlich politisch besetzte K-Frage in den vergangenen Jahren Eingang in die Diktion der Norddeutschen Landesbank gefunden hat. Schließlich hatten und haben einige der Kanzler und Kanzlerkandidaten ihre politischen Wurzeln in der niedersächsischen Landeshauptstadt. Die dort ansässige Landesbank gebraucht den Begriff im übertragenen Sinn im Rahmen der anhaltenden Diskussionen über die Eigenkapitalausstattung der Banken. Und die haben bekanntlich im Zuge der Basel-III-Umsetzung und noch offensichtlicher mit Aufnahme der Arbeit der europäischen Bankenaufsicht (EBA) deutlich zugenommen.

In der Politik gibt es für den Umgang mit der berühmten K-Frage zwei ungeschriebene Gesetze. Ganz wichtig ist zum Ersten die Festlegung des richtigen Timings für die Kandidatenkür. Die Parteien wie auch die in Frage kommenden Bewerber brauchen hinreichend Zeit, sich bekannt zu machen. Sie wollen sich und die neuen Kandidaten aber keinesfalls einem unnötig langen Reibungsprozess in einem zähen Vorwahlkampf aussetzen. Zweite Regel: Wenn die Entscheidung gefallen ist, gilt es Ruhe und Geschlossenheit zu wahren, um sich bis zum Votum der Bevölkerung möglichst ungestört den Sachfragen widmen zu können.

Der Umgang der Nord-LB mit ihrer speziellen norddeutschen Lesart weist durchaus Gemeinsamkeiten mit dem Pendant aus der Politik auf. Auch die Eigenkapitalfrage hat enormen Einfluss auf die künftige strategische Ausrichtung. Auch hier verlangt die K-Frage nach klug terminierten klaren Entscheidungen, um an dieser Stelle Verlässlichkeit und damit die nötigen Freiräume für die wichtige Tagesarbeit zu schaffen. Wenn sich Parteien in der Kandidatenkür zerreiben, verlieren sie wertvolle Zeit, sich mit den politischen Sachfragen zu beschäftigen. Wenn Kreditinstitute über zu lange Zeiträume mit der Ordnung ihrer Eigenkapitalpositionen beschäftigt sind, können sie schnell strategische Optionen im Wettbewerb und damit letztlich Marktanteile einbüßen.

Letzteres blüht seit Beginn der Finanzkrise vor gut vier Jahren speziell der Helaba und der Nord-LB. Zwar waren und sind auch diese beiden Häuser nicht oder kaum durch Kapitalknappheit in ihren normalen Geschäften eingeschränkt. Aber durch die große Bedeutung des Instrumentes der stillen Einlagen für ihre Kapitalausstattung war ohne überzeugende Lösung der K-Frage die Zukunftsfähigkeit doch eingeschränkt - nicht zuletzt weil sich die Verhandlungen mit der Landespolitik und die notwendigen Entscheidungsprozesse als sehr zäh und zeitaufwendig erweisen. Das zeigte sich schon bei den Reaktionen auf die erhöhten Eigenkapitalanforderungen nach der Lehman-Pleite. Und es ist im Verlauf der EBA-Stresstests seit Anfang 2011 zu einem Dauerthema geworden.

Gerade bei der Nord-LB gab es in den vergangenen Jahren wiederholt Statements zur K-Frage, und die Diskussionen um ihre mögliche Lösung nahmen breiten Raum in nahezu allen Pressekonferenzen ein. Parallel zu der Veröffentlichung der Ergebnisse des jüngsten EBA-Stresstests Anfang Dezember 2011 hat die Bank einmal mehr die Irrungen und Wirrungen rund um ihre Kapitalausstattung dargestellt, diesmal sogar in einer Chronologie. Bis hin zum vorweihnachtlichen Bescheid der EU-Kommission über die Genehmigung der beschlossenen Kapitalmaßnahmen des Landes Niedersachsen und der Trägersparkassen in Höhe von 1,67 Milliarden Euro hat das K-Thema dabei besonders im vergangenen Jahr nicht nur viele Management-Kapazitäten gebunden, sondern auch in der öffentlichen Wahrnehmung die Geschäftsentwicklung in den Hintergrund gedrängt.

Dass die Bank beispielsweise ihr Vorsteuerergebnis nach drei Quartalen 2011 weit mehr als verdoppeln und das Nachsteuerergebnis mehr als verdreifachen konnte, ist nahezu untergegangen. Gleiches gilt für die positiven Entwicklungen in sechs von sieben Teilbereichen, angefangen von dem Segment Privat- und Geschäftskunden über das Verbundgeschäft, Firmenkunden, Energie- und Infrastruktur, Schiffs- und Flugzeugfinanzierung bis hin zu Immobilien. Allein das Segment Financial Markets und Institutionelle Kunden weist per September 2011 gegenüber dem Vorjahreswert einen Ergebnisrückgang aus. In sechs von sieben Bereichen wurden zudem Risikoaktiva abgebaut, in Summe von 89,2 auf 82 Milliarden Euro. Wer die Nord-LB auf die K-Frage reduziert, so hat der Vorstandschef Gunter Dunkel kürzlich zu Recht bedauert, hat die strategische Weiterentwicklung in den vergangenen Jahren nur unvollständig verfolgt.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X