Sparkassen

Für Ludwig Poullain

Was einen Präsidenten im Sparkassenverbund wie im Sparkassenverband in lebhafter Erinnerung bleiben lässt, ist im Grundsätzlichen immer das Gleiche: Machtbewusst muss er stets gewirkt haben, alte Strukturen müssen ihn regelmäßig gestört haben, interne Konflikte müssen ihn heftig beschäftigt haben, die private Konkurrenz muss er gerne erzürnt haben, im Politischen auf unterschiedlichen Ebenen muss er geübt gewesen sein, sein Handwerk muss er von Grund auf gelernt haben. Ach ja, auch von lebenslanger Freude am Einmischen, am Besserwissen, am Dasein überhaupt muss er ausgezeichnet gewesen sein. Dass dieser Steckbrief für Ludwig Poullain geschrieben werden kann, der jetzt im Alter von 95 Jahren starb, ist keine Frage.

Sein Lebenslauf ist einer zum Anfassen. Sparkassenlehre in Remscheid, nach dem Krieg Prüfer beim Rheinischen Verband, Vorstand in Solingen, Vorsitzender in Recklinghausen, Generaldirektor alsbald bei der Girozentrale in Münster, Vorstandsvorsitzender dann der neuen aus Düsseldorf und Münster erbauten Westdeutschen Landesbank, fünf Jahre dann deutscher Sparkassenpräsident, der Abgang 1977 schließlich nicht schmerzlos.

Zwei bankpolitische Entwicklungen vor allem sind auch ihm mit zuzuschreiben. Die erste betrifft die vorsichtige Lösung der Sparkassen aus ihrer unmittelbaren Existenz als kommunaler Einrichtung und sonst nichts. Poullain war der Überzeugung, dass dieser Zustand ihnen keine Chance im kreditpolitischem Wettbewerb geben würde, dass sie sich also voller Respekt gegenüber den gewachsenen kommunalen Bedingungen zu "richtigen" Banken entwickeln müssten. Ein wenig überpointiert: Die Sparkassen von heute, als dominierender Teil des deutschen Kreditwesens, hätte es ohne Poullain so nicht gegeben - auch wenn die "Befreiung" bekanntermaßen bis heute alltägliche Konflikte auslöst.

Die zweite Entwicklung, die ohne das Exempel Ludwig Poullains so nicht passiert wäre, ist aller Wahrscheinlichkeit nach die Entstehung von Landesbanken anstatt Girozentralen. Der ungeheure Ehrgeiz und auch die rasende Eile, mit der die neu entstandene Westdeutsche Landesbank zu einer Großbank sui generis wurde - einer, die die gewöhnlichen Sparkassen kaum noch als Gründungsmitglieder anerkannte und kaum noch als Zubringer brauchte, sondern sich stattdessen eine ganz eigene glamouröse Welt von Düsseldorf bis Tokio und kreuzweise zurück baute, die wirkte einfach auf alle Kollegen "unwiderstehlich". Und als sich die WestLB dann auch noch anschickte, nicht allein als unbestrittener Meinungsführer eines von Landespolitikern heftig umworbenen, geförderten und geforderten neuen Bankwesens aufzutreten, sondern als Aufkäufer von kleineren Landesbanken zu agieren, da ist eben kein Halten mehr gewesen: Größenwahn als Geschäftsidee. Auch daran ist Poullain, gewollt oder ungewollt (?), nicht unschuldig.

Sein Absturz und Rückzug in den siebziger Jahren, auch dies vielleicht typisch, kündet von einer Portion an Regelmissachtung, die den Prinzipien nach bis in die jüngsten Landesbankprozesse hineinreicht. Aber resigniert hat "LuPo" nie und seine Präsenz war alleweil gegeben. Die Redaktion der ZfgK erinnert an ihren früheren Mitherausgeber in aufregenden Jahren voller Hochachtung.

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