Bankassurance

Abschied vom Garantiezins?

Zum Jahresende könnte es in der Lebensversicherung wieder einmal eine "Sonderkonjunktur" geben. Denn die Bundesregierung plant im Zuge der Einführung von Solvency II die Abschaffung des Höchstrechnungszinses. Das ist der Zinssatz, den Versicherungsunternehmen für die Berechnung der Deckungsrückstellungen für Lebensversicherungen maximal zugrunde legen dürfen und der bisher vom Bundesfinanzministerium bestimmt und in der Deckungsrückstellungsverordnung festgelegt wurde. Als "Garantiezins" wird der Höchstrechnungszins deshalb bezeichnet, weil sich an ihm die langfristigen Garantien in der klassischen Lebensversicherung orientieren.

Weil sich die zum sicheren Geschäftsbetrieb erforderlichen Eigenmittel nach Solvency II aus Risikomodellen und Marktwerten herleiten, kann nach Einschätzung der Bundesregierung die explizite quantitative Schranke für alle Lebensversicherer bei der Garantiebewertung entfallen. Deshalb soll die Deckungsrückstellungsverordnung zum 1. Januar 2016 aufgehoben werden.

In den Medien sind diese Pläne als Abschaffung des Garantiezinses oder gar der klassischen Lebensversicherung selbst bezeichnet worden. Dieser Aufschrei verwundert - sind doch die klassischen Produkte, für die der Höchstrechnungszins maßgeblich ist, längst auf dem Rückzug. Zuletzt hat Marktführer Allianz angekündigt, die traditionellen Produkte künftig nur noch auf ausdrücklichen Kundenwunsch verkaufen zu wollen. Der Vertrieb soll sogar von ihnen abraten. Für die neuen Produkte mit Kapitalmarktorientierung wie Fondspolicen, Lebensversicherungen mit Indexanbindung oder Abschnittsgarantien ist ein Höchstrechnungszins ohnehin nicht erforderlich. Trotzdem wehrt sich die Assekuranz heftig gegen die Pläne des Bundesfinanzministeriums. Denn dadurch entsteht in der Öffentlichkeit der Eindruck, die Lebensversicherer würden künftig keine Garantien mehr aussprechen. Gerade von den Garantien jedoch lebt der Erfolg des Produkts im deutschen Altersvorsorgesystem.

Richtig ist: Auch nach Abschaffung des Höchstrechnungszinses könnten Lebensversicherer ihren Kunden Leistungen verbindlich zusichern - wenn ihre Eigenmittel das zulassen, sogar mit höheren Zinssätzen als den zuletzt 1,25 Prozent. Jeder Anbieter müsste seinen Garantiezins dann aber selbst kalkulieren, die Garantien wären nicht mehr einheitlich. Und gerade hier sieht die Deutsche Aktuarvereinigung e.V., Köln, das Problem. Ohne die Begrenzung durch einen Höchstrechnungszins wären bei steigenden Marktzinsen wieder langfristige Zinsgarantien möglich, die am Kapitalmarkt nicht abgesichert werden können, monieren die Versicherungsmathematiker. Solvency II allein könnte eine Situation wie die heutige nicht verhindern.

Das letzte Wort ist in Sachen "Garantiezins" noch nicht gesprochen. Viele Kunden, denen klassische Garantien wichtiger sind als die Rentabilität der Versicherung, könnten jedoch aus Furcht, solche Garantien künftig nicht mehr zu erhalten, vor Jahresende noch einen Abschluss in Erwägung ziehen. Ab dem kommenden Jahr werden die Vertriebe dann noch mehr kommunizieren und erklären müssen. Und die Kunden werden bei einem möglichen künftigen Wettbewerb um den höchsten Garantiezins genau abwägen müssen, welche Angebote als seriös eingestuft werden können. Red.

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