Lebensversicherung

Garantiezinssenkung kommt zur Unzeit

Garantien bleiben der Markenkern der privaten Altersvorsorge. Das hat die Deutsche Aktuarvereinigung e.V. (DAV), Köln, ausdrücklich festgestellt. Allerdings fordern die Versicherungsmathematiker bei den Garantien einen echten Paradigmenwechsel. Während sich die Kapitalanlagen früher an den Garantiezusagen orientiert haben, müssten sich die Garantien fortan an die Möglichkeiten des Kapitalmarktes anpassen. Die Garantien der neunziger Jahre seien nicht zu hoch, aber zu lang gewesen.

Die Aktuare setzen sich schon seit geraumer Zeit für ein neues, zweistufiges Höchstrechnungszinsmodell ein, das sich in den ersten 15 Vertragsjahren an den realistisch erzielbaren Kapitalmarkterträgen orientiert und im langfristigen Bereich eher konservativ ausgelegt ist. Dadurch würden am langen Ende der Verträge zu hohe Rentenversprechungen verhindert, die nicht vom Kapitalmarkt abgesichert werden könnten. Zugleich partizipierten die Kunden zu Vertragsbeginn stärker an den Gewinnen des Kapitalmarkts. Dieser Ansatz würde nach Einschätzung der Aktuarvereinigung Transparenz und damit Vertrauen beim Verbraucher schaffen.

Die Unternehmen und Aktuare allein können die private Altersvorsorge jedoch nicht zukunftssicher machen. Hier sieht die DAV die Politik am Zug, mit entsprechend verbesserten Rahmenbedingungen die deutschen Alterssicherungssysteme zu stabilisieren. Und zu diesen Rahmenbedingungen gehört auch der vom Bundesfinanzministerium festgelegte Garantiezins.

Dass das Ministerium entschieden hat, diesen für 2017 beizubehalten anstatt ihn gänzlich abzuschaffen, wird deshalb von den Aktuaren wie auch vom Gesamtverband der deutschen Versicherungwirtschaft begrüßt. Die Absenkung auf 0,9 bereits zum 1. Januar 2017 komme jedoch zu früh. Aus Sicht der Aktuare wäre der 1. Januar 2018 dafür ausreichend gewesen.

Der Termin bereits zum 1. Januar kommenden Jahres bringt vor allem deshalb einen hohen Zeitdruck mit sich, weil die Versicherer zum Jahreswechsel nicht nur die meisten Tarife mit Zinsgarantien anpassen, sondern parallel dazu auch die Produktinformationsblätter für Riester- und Basisrenten samt Zertifizierung und Klassifizierung der geförderten Produkte einführen müssen, wobei die Vorgaben für die Produktinformation - wie so oft - viel zu spät erarbeitet wurden.

Aus der Einführung der Produktinformationsblätter einerseits und der Tarifanpassung andererseits ergibt sich für die Branche eine erhebliche Doppelbelastung, die nach GDV-Einschätzung in der gesetzten Zeitspanne kaum zu bewältigen ist.

Immerhin: Vorzieheffekte im Abschlussverhalten, die an anderer Stelle die Arbeitsbelastung zusätzlich steigen lassen, dürfte es durch die neuerliche Garantizinssenkung diesmal wohl nicht geben. Dazu ist die Lebensversicherung schon heute dank Niedrigzinsen und anhaltender öffentlicher Diskussion zu unattraktiv geworden. Eine Art "Schlussverkauf" im letzten Quartal 2016 wird deshalb wohl ausbleiben - dies umso mehr, als es nur noch vergleichsweise wenige Anbieter sind, die überhaupt auf die klassischen Produkte setzen. Für die neuen Garantiemodelle hat der Höchstrechnungszins ohnehin kaum Relevanz. Red.

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