Aktienkultur

Nicht zu dumm

Die Deutschen sind zu dumm und zu ängstlich für die Investition in Aktien, lautet die gängige Diagnose, wenn das Klagelied über die fehlende Aktienkultur in Deutschland angestimmt wird. Doch der "naturgegeben risikoscheue Deutsche" ist ein Mythos, so BVI-Geschäftsführer Thomas Richter und verweist auf die vielen Anleger, die seinerzeit Optionsscheine und Neue-Markt-Aktien gekauft haben. Auch das Argument unzureichender Finanzbildung ziehe nur bedingt, weil die US-Bürger - seit jeher ein Volk von Aktionären - an dieser Stelle noch schlechter abschneiden.

Den Hauptgrund für die fehlende Aktienkultur in Deutschland macht Richter stattdessen in einer einseitigen Förderung von Zinsprodukten für die Altersvorsorge aus, während der Staat bei Aktien mit einer Steuerlast von rund 50 Prozent kräftig zugreife und die Beratung zudem regulatorisch erschwert. Richter sieht demnach den Staat gefordert, Hindernisse für das Wertpapiersparen zu beseitigen.

Natürlich muss ein BVI-Geschäftsführer in diesem Sinne argumentieren. Gleichwohl sind die Argumente nicht von der Hand zu weisen. Und so drängt sich der Eindruck auf, dass es gar nicht die Anleger sind, die der Aktie nicht über den Weg trauen, sondern die Politiker selbst. Das ist sicher keine gute Ausgangsbasis dafür, zu einer besseren Aktienkultur im Lande zu kommen. Red.

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