Privatkundengeschäft

Flüchtlinge ohne Konto

Seit dem 9. September dieses Jahres können Flüchtlinge hierzulande ein Basiskonto eröffnen, auch wenn sie keinen Pass oder Ausweis haben. Das hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in einer Übergangsregelung ermöglicht und die Kreditinstitute entsprechend informiert.

Hintergrund ist die Unvereinbarkeit der Identifizierungsanforderungen des Geldwäschegesetzes mit der richtlinienkonformen Umsetzung der EU-Zahlungskontenrichtline, die jeder Person mit rechtmäßigem Aufenthalt in der EU auch das Recht auf ein Basiskonto einräumt. Die nationale Umsetzung der Zahlungskontenrichtlinie soll voraussichtlich im ersten Halbjahr 2016 in Kraft treten, gleichzeitig mit einer Verordnung, die auch solche Dokumente, die ein Bleiberecht rechtfertigen, aber keinen Passersatz darstellen, als gleichwertige Dokumente für die Identifizierung einstuft.

Angesichts der Flüchtlingsmassen, die aktuell nach Deutschland strömen, sah sich die BaFin jetzt jedoch zu einer Übergangsregelung genötigt, die allen Flüchtlingen den Zugang zu einem Konto ermöglichen soll. So sollen zum einen unkontrollierte Bargeldströme verhindert und auch Flüchtlingsgelder einem geldwäscherechtlichen Monitoring unterzogen werden. Darüber hinaus werden so die Voraussetzungen für die unbare Auszahlung von Sozialleistungen durch Kommunen und Landkreise geschaffen.

Bis zum Inkrafttreten der neuen gesetzlichen Regelungen gelten bei der Kontoeröffnung auch solche Dokumente als ausreichend, die Briefkopf und Siegel einer deutschen Ausländerbehörde tragen, ein Lichtbild und Angaben zu Name, Geburtsort und -datum, Staatsangehörigkeit und Anschrift des Betreffenden enthalten sowie vom ausstellenden Bearbeiter unterschrieben sind.

Obwohl die BaFin ein entsprechendes Schreiben bereits am 21. August an den DSGV, federführend für die Deutsche Kreditwirtschaft, weitergeleitet hatte, mit der Bitte, die neue Verwaltungspraxis gegenüber den Kreditinstituten und Prüfungsverbänden zu kommunizieren, scheint die Übergangsregelung bei Sparkassen, Volksund Raiffeisenbanken sowie Online-Banken noch nicht weit verbreitet zu sein. Das hat jedenfalls die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in einer Stichprobe festgestellt. Eine Online-Bank habe (vermutlich mit Bezug auf den DSGV als Adressat des BaFin-Schreibens) darauf verwiesen, dass die Regelung nur für Sparkassen gelte. Andere Institute hätten sich darauf berufen, dass die Erleichterung nur für Personen mit festem Wohnsitz gelte.

Keine Frage: Es geht nicht an, wenn einzelne Institute es sich einfach machen und auf die Sparkassen verweisen, wenn man auch in dem genannten Beispiel wohl davon ausgehen kann, dass es sich hier um ein Missverständnis handelt. Ohnehin dürfte der Wunsch nach einem Basiskonto - wie früher beim "Girokonto für Jedermann" - am häufigsten bei den Sparkassen aufschlagen. Die Branche sollte sie damit aber nicht allein lassen. Denn weil es eben nicht nur die hoch Qualifizierten sind, die zu uns kommen, sondern viele Migranten lange brauchen werden, um im Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, ist das ein Segment, das auf längere Sicht mehr Kosten verursacht als es Potenzial zu bieten verspricht.

Die Frage nach einem festen Wohnsitz scheint berechtigt, und das aus verschiedenen Gründen. Angesichts der derzeitigen Provisorien in der Unterbringung der Flüchtlinge sind mehrfache Umzüge an der Tagesordnung. Schließlich folgt nach der Erstaufnahmestelle oft genug auch nach der Zuweisung zu einer Kommune zunächst eine Turnhalle oder ein Zeltlager, bevor eine dauerhafte Unterkunft gefunden werden kann. Das bedeutet im günstigsten Fall Verwaltungsaufwand für die kontoführende Bank. Und da man vermutlich nicht in allen Fällen davon ausgehen darf, dass die Flüchtlinge mit den Gepflogenheiten des Bankwesens vertraut genug sind, um der Bank ihren Umzug mitzuteilen, kann dieser durchaus das übliche Maß übersteigen.

Vor allem aber dürfte es bei der Frage nach einem festen Wohnsitz um jene Menschen gehen, die noch in einer Erstaufnahmeeinrichtung leben. Da sie diese nach einigen Monaten verlassen werden, bedeutet das für regionale Institute an den entsprechenden Orten einen beträchtlichen Kostenblock - nicht zuletzt durch die Ausstellung von Zahlungskarten. Insofern ist der Wunsch der Kreditinstitute, die Eröffnung eines Basiskontos an einen festen Wohnsitz zu knüpfen, mindestens nachvollziehbar. Red.

Noch keine Bewertungen vorhanden


X