Eine andere Baustelle

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sb - Wenn es das Ziel der Bundesregierung war, mit ihrem Vorstoß in Sachen Bargeldobergrenze von der Flüchtlingspolitik abzulenken, dann ist ihr das gelungen. Die Wellen, die das Vorhaben schlug, Barzahlungen auf künftig maximal 5 000 Euro zu begrenzen, waren aber vielleicht höher als beabsichtigt, zumal der Gegenwind auch von prominenter Seite kam. Gut möglich, dass man im Bundesfinanzministerium glaubte, eine Obergrenze von 5 000 Euro sei so hoch gesetzt, dass sie nur vergleichsweise wenige Transaktionen betreffen und deshalb auf keinen nennenswerten Widerstand stoßen würde.

Doch dann hätte man sich getäuscht. Schließlich deuten viele Kommentatoren einen solchen Schritt als einen ersten, dem weitere bis hin zur Abschaffung des Bargeldes - siehe Dänemark - folgen werden. Dass Frankreich die bisherige 3 000-Euro-Grenze zum 1. September 2015 auf 1 000 Euro abgesenkt hat, scheint solche Befürchtungen zu bestätigen. Und auch die Verlautbarungen der EZB, den Abschied von der 500-Euro-Banknote vorzubereiten, können diese Befürchtungen nur bestätigen.

Die von der Bundesregierung angeführte Begründung für die anvisierte Begrenzung von Bartransaktionen - die Eindämmung der Terrorismusfinanzierung - ist gewissermaßen ein Totschlagargument. Allerdings sind die Wege, auf denen sich terroristische Organisationen finanzieren, so mannigfach und komplex, dass es fraglich bleibt, ob das genannte Ziel damit erreicht werden kann. Und wie passt es zusammen, Verbraucher bei Transaktionen über höhere Beträge in elektronische Kanäle zu zwingen, wenn die Gesetzgebung gleichzeitig auch Menschen ohne festen Wohnsitz und im Fall der Flüchtlinge sogar ohne Papiere den Zugang zu einem Girokonto ermöglicht? Warum muss jeder Bürger hier elektronische Spuren hinterlassen, wenn gleichzeitig Möglichkeiten geschaffen werden, durch die solche Spuren auch ins Nichts führen können? Vor den hier schlummernden Risiken in Sachen Geldwäsche haben die kreditwirtschaftlichen Verbände bereits hinreichend gewarnt.

Beim Thema Bargeldobergrenze indessen haben sich sowohl die Deutsche Kreditwirtschaft als auch deren einzelne Verbände bedeckt gehalten. Wohl twitterte Sparkassenpräsident Georg Fahrenschon: "Ohne Bargeld sind wir zu abhängig von der Technik". Alles in allem aber überließ man es der Deutschen Bundesbank, sich gegen Eingriffe in die Bargeldnutzung zu positionieren. Das ist nur zu verständlich - ist doch das Thema Bargeld für Banken und Sparkassen in erster Linie ein Kostenblock, den man gar zu gerne durch einen möglichst großen Anteil elektronischer Zahlungen ersetzen möchte. Eine Lanze für die Freiheit der Bankkunden, über das Zahlungsmittel der Wahl frei zu entscheiden, mochte man da offenbar nicht brechen. Andererseits wäre es angesichts des Gegenwinds wohl auch nicht opportun gewesen, sich hinter den Vorschlag von Finanzstaatssekretär Michael Meister zu stellen. Ohnehin bleibt die Baustelle, an der sich Banken und Sparkassen beim Kampf gegen das Bargeld abarbeiten, eine andere: der Bereich der Kleinbetragszahlungen unter 20 Euro, für die am häufigsten Banknoten und Münzen gezückt werden. Hierfür wurde 1996 die Geldkarte eingeführt, nun sollen es Girogo oder das kontaktlose Bezahlen per Girocard richten. Und damit auch Händler, für die sich klassische Terminals nicht lohnen, Karten akzeptieren können, positionieren sich Kreditwirtschaft und Kartendienstleister mit sogenannten m-PoS-Lösungen, die das Smartphone etwa des Markthändlers zum Terminal machen.

Ein ganz klein wenig relativiert der langsam, aber stetig wachsende Anteil elektronischer Zahlungen selbst bei kleineren Beträgen auch die im Zusammenhang mit einer Bargeldobergrenze genannten Datenschutzbedenken. Schließlich hinterlässt der Verbraucher bei diesen Alltagstransaktionen die große Masse elektronischer Spuren, die ihn immer gläserner machen. Bargeld ist an dieser Stelle auch Datenschutz. Wie weit er diesen aufgeben möchte, sollte man dem Einzelnen überlassen.

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