Zahlungsverkehr

Jeder für sich allein

Start-ups sind zarte Pflänzchen, die sich entwickeln müssen und entwickeln dürfen. So hat es BaFin-Präsident Felix Hufeld auf der Bankenaufsichtskonferenz der Deutschen Bundesbank verständnisvoll formuliert. Hoffentlich sieht das die deutsche Kreditwirtschaft in Sachen Paydirekt auch so. Denn im Grunde genommen ist die deutsche Paypal-Konkurrenz eine gute Idee und auch richtig konzipiert. Als reiner Produktlieferant soll das IT-Start-up, wie Geschäftsführer Dr. Niklas Bartelt es formuliert, die deutschen Banken und Sparkassen endlich dahin bringen, wo andere schon lange sind: nämlich an den PoS im Online-Handel. Angesichts der wachsenden Bedeutung der Käufe im Internet ist das wahrlich überfällig. 28 Prozent der Umsätze im Online-Handel werden laut EHI mit Rechnung beglichen, 21,8 Prozent mit Lastschrift und dann folgt schon Paypal mit 20,2 Prozent vor der Kreditkarte, dem Ratenkauf oder der Sofortüberweisung.

Doch wie in der Vergangenheit schon häufiger zu beobachten, tun sich die verschiedenen Bankengruppen mit Gemeinsamkeit ein wenig schwer. Gegönnt wird nichts, und schon gar nicht dem Konkurrenten. Das erschwert natürlich auch den Start von Paydirekt. War da zunächst nur die schwierige Positionierung in der Öffentlichkeit durch Restriktionen bei Öffentlichkeitsarbeit und Marketing, kam dann Anfang September ein ziemlicher Hieb von den deutschen Sparkassen, die sich dem Zug Paydirekt erst sehr zögerlich und spät angeschlossen haben und ihren Kunden (anders als die Großbanken und genossenschaftlichen Institute) Paydirekt nicht schon zum Weihnachtsgeschäft anbieten, sondern erst im Frühjahr 2016.

Einen "Big Bang" mit entsprechender öffentlicher Aufmerksamkeit gab es nicht - Paydirekt startet fast ebenso "schleichend" wie seinerzeit die Geldkarte - dabei hätte man meinen sollen, die Branche hätte aus diesem Fehlschlag gelernt. Das Gegenteil scheint der Fall zu sein: Öffentliche Aufmerksamkeit wird nicht nur nicht gefördert, sie scheint gar nicht gewollt. Bei einem Pressegespräch zum Start wurden sogar die Vertreter von Rundfunkanstalten gar nicht erst zugelassen. Sogar jetzt, wo das Produkt am Markt ist, darf es für Paydirekt also offenbar nur sehr begrenzt öffentliche Aufmerksamkeit geben. Auch das liegt vermutlich an den Sparkassen, die sich in Sachen Paydirekt mehr als selbstbewusst präsentieren. "Angesichts der Marktverteilung geht es los, wenn wir mitmachen!", so DSGV-Präsident Georg Fahrenschon.

Was die Sparkassen eigentlich wollen, scheint dabei nicht restlos klar. Unter anderem das Zögern hat DSGV-Vorstandsmitglied Ludger Gooßens seinen Kopf gekostet, auch wenn Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon nun versucht, die Zurückhaltung mit Sicherheitsbedenken zu begründen - entgegen dem alten Grundsatz, über Sicherheit öffentlich nicht zu sprechen: "Wir legen allergrößten Wert auf Sicherheit und Qualität. Deshalb müssen die neuesten Verschlüsselungstechnologien eingesetzt und umfangreich getestet werden - auch um den Preis, dass das Zeit kostet. Deshalb raten wir dazu, in diesem Jahr zunächst die bereits fertigen Anwendungen umfangreich mit Mitarbeitern und einzelnen Instituten zu testen."

Auf Nachfrage, dass das System so unsicher doch nicht sein könne, wenn die großen Banken und die Genossenschaftsbanken es schon nutzten, kam es dann noch dicker, Fahrenschon antwortete, dass es jedem selbst überlassen bleibe, ein unsicheres System zu nutzen. So sorgt man für Vertrauen im Markt und für Zuneigung unter den Kollegen/Konkurrenten.

Entscheidend für jedes Zahlungsmittel ist die Akzeptanz - auf der Händler- wie auf der Kundenseite. Mit Blick auf die Kunden ist jeder wie auch immer geartete Wettbewerb unter den das System promotenden Banken natürlich schwierig. Aber er ist noch systemimmanent. Denn solange hinter jedem Paydirekt-Account nur ein Konto hinterlegt werden kann, wird jeder für sich alleine und bei seinen Kunden kämpfen. Eine gemeinsame Strategie muss da ein Stück weit auf der Strecke bleiben. Und auch bei der Akzeptanz auf Händlerseite hängt viel vom Verhandlungsgeschick und der Nachgiebigkeit der Kreditwirtschaft ab. Denn Paydirekt wird sich gegenüber Paypal nur durchsetzen, wenn es billiger und sicherer ist, dazu benutzerfreundlicher und schneller. All das wird zugesichert.

Doch da die Preisverhandlungen bilateral erfolgen müssen, wird sich erst noch herausstellen, ob man überall zwischen den Banken und den Händlern Einigkeit erzielen kann. Denn die Marktmacht großer Konzerne wie Metro/Rewe und erst recht Amazon ist natürlich enorm. Ein Online-Zahlungsverfahren ohne Amazon hat sicherlich keine Zukunft. Gleichzeitig funktioniert ein solches System nur, wenn Einigkeit zwischen allen Parteien erzielt wird, denn ansonsten droht Kunden einzelner Banken oder Bankengruppen die Ausgrenzung. Auch das käme dem Todesstoß gleich. Es bleibt zu hoffen, dass die deutsche Kreditwirtschaft Eigeninteressen hintanstellt, um die gute Idee und das gute Produkt Paydirekt nicht von Anfang an zweifelhaft zu machen. Red.

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