STANDORTPOLITIK

Innenstadt oder Einkaufszentrum?

Quelle: pixabay.com

In vielen Orten ist es das gleiche Bild: Auch wenn die sonstige lokale Infrastruktur erodiert, halten Volksbank und/oder Sparkasse noch lange die Stellung. Häufig schließen sie ihre Geschäftsstellen erst dann, wenn Geschäfte oder Ärzte schon lange verschwunden sind. Gerade deshalb ist es bemerkenswert, was die Sparkasse Langen-Seligenstadt im hessischen Langen tut: Denn sie zieht sich zu einem Zeitpunkt aus der Einkaufsstraße in der Innenstadt zurück, zu dem ein neues Bauprojekt mit einem "Kundenmagneten", wie es die Stadtverwaltung formuliert, dem Stadtzentrum zusätzliche Attraktivität verleihen soll.

Dass eine nur etwa einen Kilometer von der Hauptstelle entfernte Filiale mit bisher vier Mitarbeitern nicht als bemannter Standort weiterbetrieben werden soll, ist nachvollziehbar und liegt im Trend der Zeit. Die örtliche Voksbank ist den gleichen Schritt schon vor Jahren gegangen und hat eine der Sparkasse direkt gegenüber liegende Filiale in einen SB-Standort umgewandelt. Auch die Sparkasse will die Filiale durch eine reine Selbstbedienungsstelle ersetzen - allerdings nicht in der Innenstadt, sondern in einem neuen Einkaufszentrum am Stadtrand.

Zumindest in Sachen Sichtbarkeit überlässt man so komplett der Konkurrenz das Feld. Die Volksbank ist zwei Mal an der zentralen Einkaufsstraße vertreten - mit einem Beratungscenter am einen sowie dem SB-Standort gegenüber der bisherigen Sparkassenfiliale am anderen Ende. Darüber hinaus gibt es im Stadtkern je eine Filiale von Commerzbank und Postbank. Die Hauptstelle der Sparkasse ist zwar nur wenige hundert Meter entfernt - aber eben doch für Einkäufer nicht direkt sichtbar.

Für die Standortentscheidung sind zwei Gründe vorstellbar: Zum einen wäre es möglich, dass die Relevanz der Sichtbarkeit im Straßenbild - früher der Neugeschäftsbringer Nummer eins - in Zeiten der Digitalisierung und "digitaler Nähe" als weniger groß eingestuft wird.

Es kann allerdings auch gut sein, dass die Sparkasse ihrer Zeit schlicht voraus ist: Schließlich lehrt die Erfahrung, dass neue Einkaufszentren am Stadtrand in vielen Fällen zu sinkender Kundenfrequenz in der Innenstadt - wenn nicht gar zu deren Verödung - führt. Bankfilialen (gleichgültig, ob mitarbeiterbesetzte oder unbemannte) lohnen sich jedoch nur dort, wo ausreichend Besucherfrequenz vorhanden ist. Insofern könnte die Standortentscheidung durchaus ein Statement zur Standortqualität in der Innenstadt sein - nach dem Motto: "Die Innenstadt ist tot - es lebe der Stadtrand". Red.

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