Digitalisierung

Rettung für die Beratung

Es ist gar keine Frage: Die Finanzdienstleister müssen weiter an der Digitalisierung ihres Geschäftsmodells arbeiten. Sie tun aber gut daran, zugleich die Sorgen ernst zu nehmen, die ihre Kunden damit verbinden. Diese Sorgen zeigt die Studie "Digitale Nutzung in Deutschland 2018", die der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e. V. gemeinsam mit der Forschungsagentur DCORE durchgeführt hat.

Obwohl die Zahlen zum Mediennutzungsverhalten den Trend der zunehmenden Digitalisierung des Alltags eindrucksvoll belegen, stößt dies bei einem großen Teil der insgesamt 1 000 befragten Online-Nutzer ab 14 Jahre nicht auf reine Begeisterung. So stimmen 37 Prozent der Befragten der Aussage zu: "Ich lehne generell die Digitalisierung des Alltags ab". Und dieser Anteil ist überraschenderweise umso größer, je jünger die Befragten sind. Unter den 14- bis 24-Jährigen bekennen sich 44 Prozent zu dieser Aussage, unter den 55- bis 69-Jährigen sind es nur noch 32 Prozent. Auch lehnen Frauen (38 Prozent) die Digitalisierung des Alltags in noch höherem Maße ab als Männer (35 Prozent).

Noch deutlicher kommen die Sorgen der Menschen in der Zustimmung zu der These "Die zunehmende Technisierung und Automatisierung bereiten mir Sorgen" zum Ausdruck. Dieser Aussage stimmen 52 Prozent der Männer und sogar 57 Prozent der Frauen zu. Wieder sind es gerade die Jungen, die besonders große Sorgen zum Ausdruck bringen (63 Prozent unter den 14- bis 24-Jährigen). Am geringsten ist der Anteil bei den 25- bis 34-Jährigen (49 Prozent), bei den 35- bis 54-Jährigen steigt er wieder auf 56 Prozent, bei den 55- bis 69-Jährigen sind es immer noch 50 Prozent.

Diese Skepsis zeigt sich auch in den Fragen nach den Kanälen, in denen Verbraucher Produkte kaufen beziehungsweise Verträge. Finanzdienstleistungen und Versicherungen sind dabei zwar diejenigen Produktkategorien, die am häufigsten im Internet abgeschlossen werden; 45 Prozent der Befragten geben an, dies zumindest gelegentlich zu tun. 37 beziehungsweise 41 Prozent sagen aber auch, dass sie diese Produkte nicht im Internet kaufen. Versicherungen sind dabei die Produktkategorie, die am zweithäufigsten nicht im Internet gekauft werden.

Gerade bei Versicherungsprodukten kann dies auf die bisher noch limitierten Online-Abschlussmöglichkeiten, auch aufgrund gesetzlicher Vorgaben für die Beratung, zurückzuführen sein. Darauf, dass es nicht allein daran liegt, deutet indes eine andere Zahl hin: Denn bei der Frage, welche Produktbereiche oder Services künftig nur noch im Internet gekauft werden, rangieren nicht nur Versicherungen (20 Prozent), sondern auch Finanzprodukte oder Serviceleistungen (15 Prozent) im Mittelfeld. Das heißt: Obwohl bei Bankgeschäften heute schon praktisch alles online möglich ist, rechnet ein großer Teil der Befragten nicht damit, dass sich das Geschäft komplett in die digitalen Kanäle verlagert.

Natürlich ist das keine verlässliche Zukunftsaussage. Die immer wieder hoffnungsvoll geäußerte These, dass der stationäre Vertrieb von Finanzdienstleistungen auch weiterhin von Bedeutung bleiben wird, erhält damit jedoch eine Bestätigung. So paradox es klingen mag: Vielleicht ist es sogar gerade das Fortschreiten der Digitalisierung, das die persönliche Beratung vor Ort am Leben erhalten wird. Denn je unpersönlicher viele Dinge werden, umso mehr könnte das Unbehagen damit steigen. Die Wertschätzung unmittelbarer menschlicher Interaktion wäre dann umso größer. Red.

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