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VW Financial Services wird onlinefähig

Kfz-Finanzierungen sind traditionell ein klassisches Annex-Produkt, das in Verbindung mit einem anderen Produkt, in diesem Fall dem Fahrzeug, verkauft wird. Das wiederum heißt: Vertrieben werden müssen die automobilbezogenen Finanzprodukte idealerweise auch dort, wo das Fahrzeug verkauft wird.

Diese Vertriebsstelle war bisher in allererster Linie der Kfz-Fachhandel - wenigstens im Neuwagengeschäft. Weil aber auch hier die Digitalisierung Einzug gehalten hat, müssen die automobilen Finanzdienstleister nachziehen. Lange hatten sie sich in Sachen Online-Vertrieb zurückgehalten, um ihre Vertriebspartner in den Autohäusern nicht zu düpieren. Zumindest bei der Volkswagen Financial Services AG soll damit jedoch bald Schluss sein. Bis 2020 wollen die Braunschweiger alle wesentlichen Produkte auch online verkaufen.

Das ist jedoch nicht als Affront gegenüber den Autohäusern zu verstehen - vielmehr erfolge der Schritt sogar auf ausdrücklichen Wunsch der Autohändler. Natürlich ist jeder online verkaufte Vertrag einer, bei dem keine Provision an einen Kfz-Händler fließt. Doch an anderen Stellen soll das neue Konzept ihnen neue Geschäftsmöglichkeiten erschließen. Schon seit einigen Jahren wächst nämlich das Geschäft mit den Dienstleistungsverträgen, zu denen neben Versicherungen auch Leistungen rund um Wartung und Verschleiß sowie Reifen zählen, überdurchschnittlich; für 2015 weist VW Financial Services hier ein Plus um fast 19 Prozent auf 5,1 Millionen Verträge aus.

Zeitgleich mit der Digitalisierung will man dieses Potenzial noch weiter ausschöpfen, indem das Bestandsportfolio intensiver bearbeitet werden soll. Wenn solche Dienstleistungsverträge dann auch online abschließbar werden, dann kann das den Werkstätten unabhängig vom Fahrzeugkauf regelmäßige Kunden zuführen.

Für die Captive wiederum hat der Ansatz den Vorteil, auch bei Autokäufen außerhalb des Autohauses die passenden Produkte zum Fahrzeug anbieten zu können. Damit rückt endlich das bisher wenig erschlossene Potenzial des Gebrauchtwagenmarktes in Reichweite - im Grunde der einzige Bereich der Kfz-Finanzierung, in dem die automobilen Finanzdienstleister noch nicht den Ton angeben.

Bisher kamen sie hier allenfalls beim Gebrauchtwagenkauf über den Fachhandel - vorzugsweise bei den "jungen Gebrauchten" - ins Geschäft. Ein großer Teil des Gebrauchtwagenmarktes - und hier vor allem die Verkäufe unter Privatleuten - war durch die ausschließliche Konzentration auf den Fachhandel als Vertriebspartner bislang unerreichbar. Mit einem Online-Vertrieb könnte sich das ändern. Eine ähnliche Dominanz wie im Neuwagengeschäft über den Fachhandel wird es dort aber vielleicht nicht geben. Schließlich kommt die Funktion der Absatzförderung durch die Captives im Gebrauchtwagenmarkt nur sehr bedingt zum Tragen. Und das wiederum heißt, dass es dort möglicherweise auch weniger Sonderkonditionen etwa für bestimmte Modelle geben wird. Gerade bei einer preissensiblen Kundschaft kommen dann vielleicht doch auch weiterhin andere Konsumfinanzierer zum Zuge. Red.

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