Bankenmarkt Schweiz

ATMfutura - ein neuer Standard für Geldautomaten

Jürg Weber, Division CEO, SIX Payment Services, Zürich

Quelle: SIX

Zusammen mit Partnern hat Six im Auftrag der Schweizer Banken eine Multivendor-Software für Geldautomaten entwickelt. Sie soll ab 2018 auf allen Schweizer Geldautomaten laufen und die bisher 26 individuellen Lösungen von vier verschiedenen Herstellern ablösen. Der gemeinsame Standard "ATMfutura" soll die Zuverlässigkeit er höhen und Kosten in einem Geschäftsfeld ein sparen, in dem sich Banken nicht differenzieren können. Red.

Weltweit stehen Finanzplätze vor einem Dilemma, das zu lösen sich nicht einfach gestaltet: Wir befinden uns inmitten einer technologischen Transformation, die es umzusetzen gilt, in der Hoffnung, sich in Zukunft mit neuen Features gegenüber anderen Playern differenzieren zu können.

Fakt ist nun einmal: Die vielbeschriebene Digitalisierung ist längst auch im Finanzsektor angekommen, neue Technologien und Marktteilnehmer kommen und versuchen vielfach erfolgreich, sich Anteile am Kuchen zu sichern. Dies hat zur Folge, dass alte Geschäftsmodelle abgelöst werden, wodurch sich die Wertschöpfungskette der etablierten Banken und Finanzdienstleister nachhaltig verändert. Das Risiko ist also zweifach:

- zum einen gegenüber der Konkurrenz auf der Strecke zu bleiben und nicht schnell und modern genug zu sein

- zum anderen mit neuen Angeboten und Technologien zwar Vorreiter, aber nicht effizient im Betrieb zu sein.

Gemeinsam mit ihren Eigentümern hat Six die Möglichkeiten und Machbarkeiten der Zusammenlegung von sogenannten Backoffice-Funktionen zu einem zentralen Schweizer Banken-Backoffice strategisch geprüft.

Zentrales Back-Office für die Schweizer Banken?

Über die Vor- und Nachteile eines zentralen umfassenden Backoffices mag lange zu philosophieren sein. Die Banken sind sich aber einig, dass es sehr viele Schritte und Möglichkeiten zur Bündelung von Servicedienstleistungen gibt. Ein Trend zu mehr Auslagerung von Leistungen jenseits des Kerngeschäfts an Experten ist ungebrochen. Nicht nur Schweizer Banken und nicht nur Großbanken denken laut darüber nach, Teile ihrer Wertschöpfungskette auszulagern.

Und genau hier bringt sich Six ins Spiel. Als zentraler Infrastrukturprovider des Schweizer Finanzplatzes verfügt das Unternehmen über gute Voraussetzungen (Erfahrung, Eigentümerstruktur), von diesem Trend profitieren zu können und damit neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Ineffiziente Parallelstrukturen abbauen

Beim vorliegenden Beispiel handelt es sich um einen Abbau von ineffizienten Parallelstrukturen und um Standardisierung: Unter dem Namen "ATMfutura" bringt Six zusammen mit den Banken die insgesamt 26 verschiedenen Bancomat-Softwaresysteme auf einen einheitlichen Standard. Das Stichwort hier heißt Multivendor-Software. Es wurde eine Lösung entwickelt, die auf allen gängigen Geräten läuft.

Der Pilotversuch ist am Laufen und in Kürze wird neben der Schweizerischen Credit Suisse auch die Schweizer Großbank UBS den gemeinsamen Software-Standard auf ihren Geräten einsetzen. Weitere Banken werden folgen. Damit wird die Voraussetzung für eine zentrale Bewirtschaftung der Geldautomaten geschaffen. Das ist eine willkommene Kostenoptimierung in einem Umfeld, indem sich die Banken längst nicht mehr differenzieren können.

Die Multivendor-Software ist der erste Schritt im Projekt "ATMfutura". Die Software läuft auf allen Geldautomaten, egal welcher Herkunft oder Machart. Ein Umrüsten auf neue Geldautomaten erübrigt sich für die Banken also. Die Software lässt sich natürlich auch auf werkneue Geldautomaten bespielen. Das Betriebssystem, auf dem die Multivendor-Software aufgebaut ist, ist Windows.

Ein Gesamtpaket als Ziel

"ATMfutura" entlastet die Banken in Zukunft aber auch bei der Überwachung und Steuerung ihrer Geldautomaten. Indem Six ein zentrales Monitoring anbietet, schafft sie - zusammen mit der Multivendor-Software - die Voraussetzung, um weitere Glieder der Wertschöpfungskette zu übernehmen. Dazu können beispielsweise die Standortevaluation, die Installation, die Bestückung oder die Entsorgung der Geräte gehören.

Das Anbieten eines Gesamtpakets in diesem Geschäftsfeld ist das eigentliche Ziel. Hier liegt das große Potenzial: Banken, die den Betrieb ihrer Geldautomaten an Six auslagern, können mit signifikanten Kosteneinsparungen rechnen - dank Standardisierung, Volumenbündelung und Prozessoptimierung. Der Dienstleister seinerseits stützt ihr Geschäftsmodell noch breiter ab, ohne den Banken damit Konkurrenz zu machen.

Neue Funktionen in der Breite möglich

Mit der Umstellung auf "ATMfutura" stehen den Kunden neue und bankübergreifende Lösungen zur Verfügung. Für Benutzer hat die Vereinheitlichung den Vorteil, dass künftig auf allen Geldautomaten in der Schweiz die gleiche Benutzeroberfläche und Benutzerführung angezeigt werden kann - was die Bedienung erheblich vereinfacht.

Auch neue Funktionen werden in der Breite möglich: Dazu gehören etwa die freie Kontenauswahl bei Bargeldbezug; "Talking ATM", eine Funktion für Sehbehinderte, sowie die individuelle Notenstückelung.

GAA-Benutzung mittels QR-Code

Bezüge und Einzahlungen am Geldautomaten können mittels QR-Code - beispielsweise über das Smartphone - ausgeführt werden. Diese Funktion bietet den Kunden und den Banken zahlreiche Vorteile:

- Die durchschnittliche Verweildauer der Kunden am ATM sinkt deutlich, das heißt der Kundendurchsatz an hochfrequentierten Standorten kann signifikant zunehmen.

- Der Komfort für die Bankkunden erhöht sich. Denn der Bezug von Bargeld kann frühzeitig in der mobilen Banking-App vorbereitet und einfach und schnell über den generierten QR-Code am Geldautomaten bezogen werden.

- Der generierte QR-Code kann an jedes Smartphone weitergeleitet werden, sodass der Empfänger damit bei jedem Geldautomaten Geld beziehen kann.

Diese innovative Dienstleistung läuft in der Schweiz bankenübergreifend ausschließlich über die "ATMfutura"-Infrastruktur.

Neben der weiteren Entwicklung der Multivendor Software führte Six bereits im März 2017 ein zentrales ATM-Monitoringsystem ein, das den Banken als Dienstleistung im Sinne von Software as a Service angeboten wird. Die Nutzer der neuen Monitoringlösung profitieren von einer hochverfügbaren, stabilen IT-Infrastruktur und attraktiven Preisen aufgrund der Volumenbündelung.

Flexible Betriebsmodelle für Geldautomaten

Weiter wird im Zuge von "ATMfutura" geprüft, den Banken modulare Business-Process-Outsourcing-Lösungen anzubieten. Dienstleistungen diverser Partner werden entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu einem effizienten Gesamtpaket gebündelt. Mögliche Dienstleistungen sind Unterstützung bei der Standortevaluation, bei Geräteinstallationen bis hin zum vollständigen Betrieb von Hardware und Software inklusive Wartung und Geldbefüllung. Durch die Auslagerung des Geldautomatenbetriebs profitieren die Banken von signifikanten Kosteneinsparungen aufgrund von Standardisierung, Volumenbündelung und Prozessoptimierung.

Das Unterfangen "ATMfutura" ist Ausdruck der Unternehmensstrategie von Six: Schon heute laufen die bankübergreifenden Transaktionen an Schweizer Geldautomaten über die Systeme des Dienstleisters. Mit einer einheitlichen Software lässt sich aber die Verarbeitungstiefe bei bankeigenen Transaktionen erhöhen. Das Transaktionsvolumen auf den bestehenden Systemen von Six wird damit zunehmen, was zu den erwünschten Skaleneffekten führen wird.

Die zentralen Angebote stoßen bereits jetzt auf große Nachfrage (BPO Services). Dieser Trend wird sich im Hinblick auf die Situation der internationalen Finanzplätze fortsetzen. Das tiefe Zinsumfeld, niedrige Margen oder die zunehmende Regulierung versteht Six als Chance. Die Servicedienstleistungen werden zu einem der wichtigsten Geschäftsbereiche im Auftrag und Dienste ihrer Eigentümer.

Zum Autor Jürg Weber, Division CEO, SIX Payment Services, Zürich

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