Nachwuchskräfte

Bildungsfinanzierung: Studienfonds statt Kredit

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Studienkredite, mit denen Studierende ihre Finanzierungslücke schließen, werden wegen der Schuldenlast, mit denen die Nachwuchskräfte ins Berufsleben starten, oftmals kritisch gesehen. Bildungsfonds sollen hier eine flexiblere Alternative darstellen. Denn hier wird die Rückzahlung prozentual ans Einkommen gekoppelt. Damit diese Flexibilität nicht die Sicherheit des Portfolios gefährdet, setzt das Konzept einen sorgfältigen Auswahlprozess voraus, der individuelle und studienbezogen Kriterien gleichermaßen berücksichtigt, sodass das Portfolio idealerweise die gesamte Entwicklung am Arbeitsmarkt abbildet. Rund jeder achte Bewerber erhält am Ende des durchgehend digitalen Prozesses einen Vertrag. Red.

In Deutschland studieren fast 2,8 Millionen Studenten. Allein im Studienjahr 2015/2016 haben sich über 500 000 Studenten neu an einer deutschen Hochschule eingeschrieben. Im Schnitt haben Studenten je nach Studienort Kosten von 800 Euro im Monat zu bewältigen. Um das zu finanzieren, nutzen Studenten für gewöhnlich mehrere Finanzierungsquellen. Die wichtigste davon sind die Eltern. Bei vielen kommen Jobs und/oder BAföG hinzu. Doch nicht alle können nebenher verdienen.

In den Ballungszentren sind die Mieten inzwischen so hoch, dass nicht selten eine Finanzierungslücke bleibt. Ein wachsender Anteil hat Bedarf an einer privaten Studienfinanzierung. Dafür hält der Markt verschiedene Angebote bereit. Klassische Studienkredite werden aufgrund ihrer mangelnden Flexibilität - vor allem in der Rückzahlungsphase - zunehmend kritisch gesehen.

Studienfonds statt Studienkredit

Als Alternative haben sich in den vergangenen Jahren sogenannte Studienfonds etabliert. Beispielsweise fördert die Deutsche Bildung mit ihrem Studienfonds, an denen sich private und institutionelle Investoren beteiligen, Studenten verschiedener Fachrichtungen. Sie studieren an renommierten Hochschulen im In- oder Ausland. Die Studienfinanzierung ist in Höhe und Auszahlungsturnus flexibel und richtet sich nach dem individuellen Bedarf der Bewerber. Der Deckel liegt bei 30 000 Euro für einen MBA oder eine Promotion. Für Bachelor und Mas ter sind 15 000 beziehungsweise bis zu 25 000 Euro möglich.

Im Sinne eines aktiven Portfoliomanagements kombiniert die Deutsche Bildung die Finanzierung mit dem inhaltlichen Förderprogramm Wissen Plus. Die geförderten Studenten nehmen dabei an Trainings zur Entwicklung von Schlüsselqualifikationen teil, werden mit Arbeitgebern vernetzt und erhalten intensive Bewerbungsberatungen, um erfolgreich zu studieren und in das Berufsleben einzusteigen.

Die geförderten Absolventen zahlen an den Studienfonds zurück, sobald sie in den Beruf eingestiegen sind und mindestens ein Einkommen von 1 500 Euro erzielen. Die Höhe der Rückzahlung ist dabei immer als Anteil an das Einkommen fixiert und die Rückzahldauer fest vereinbart, was ein Überschuldungsrisiko für den Nachwuchsakademiker grundsätzlich ausschließt und Freiheit bei der Berufswahl lässt. Für Spitzenverdiener gibt es einen Cap.

Der Prozentsatz des Einkommens und die Rückzahldauer werden in Abhängigkeit von Lebenslaufkriterien und der Fördersumme individuell für den einzelnen Studenten kalkuliert. Gleichzeitig wird der Investor vor Ausfällen geschützt, da er am Erfolg des gesamten, breit diversifizierten Portfolios von mehreren tausend Nachwuchsakademikern beteiligt ist.

Der Auswahlprozess: Acht Prozent erhalten einen Vertrag

Um die berufliche Entwicklung der Studenten einzuschätzen und das Ausfallrisiko gering zu halten, braucht es einen intelligenten Auswahlprozess auf Basis eines Scorings, das zur Prognose geeignete Lebenslaufkriterien und Eckdaten des Studiums gewichtet und in Bezug zum gesamten Portfolio setzt. Studenten können sich ausschließlich online bewerben und werden dabei durch einen Bewerbungsprozess geführt, in dem sie auch die erforderlichen Dokumente wie Lebenslauf, Leistungsnachweise und Zeugnisse hochladen: Die Bewerbung ist komplett digitalisiert und mit der spezifischen, zu diesem Zweck programmierten Datenbank verknüpft, in der Scoring und Pricing anhand der Bewerberdaten erfolgen.

Ohne Sicherheiten und Bürgschaften

Die Daten, die von den Bewerbern selbst in das System gegeben werden, überprüft das Team der Deutschen Bildung auf Plausibilität und Richtigkeit und nimmt einen Abgleich mit den hochgeladenen Dokumenten vor. Ein Team von fünf Vollzeitbeschäftigten kann mit Hilfe dieses hochautomatisierten Prozesses in Spitzenzeiten bis zu 2 000 Bewerbungen pro Monat bearbeiten und individuelle Angebote über die Finanzierung und deren Rückzahlung erstellen. Zirka acht Prozent der Bewerber erhalten am Ende einen Vertrag.

Zwei Fragen leiten das Team bei der Einschätzung der Bewerber: Wird der Student mit hoher Wahrscheinlichkeit sein Studium abschließen? Und wird er es so abschließen, dass er ein reguläres Einkommen erwirtschaften wird?

Der erste Filter zur Beantwortung dieser Fragen wird durch definierte KO-Kriterien gesetzt: Zu den harten Kriterien zählt das zugesagte oder bereits angetretene Studium an einer Fachhochschule oder Universität, die staatlich anerkannt ist. Ausländische Hochschulen werden entsprechend einschlägigen Rankings auf ihr Renommee hin überprüft. Auch müssen die Bewerber als Bildungsinländer ihr Abitur in Deutschland gemacht haben und dürfen keinen negativen Schufa-Eintrag haben. Im Gegensatz zu Kreditinstituten wird auf Sicherheiten und Bürgschaften jedoch bewusst verzichtet.

Im zweiten Schritt fließen biografische und studienbezogene Kriterien in das Scoring ein. Studienfach, Hochschule, Abiturnote und Noten für bereits absolvierte Studienleistungen sind Kernindikatoren, die anhand von Immatrikulationsbescheinigung, Zeugnissen und Leistungsnachweisen überprüft werden. Darüber hinaus geben die Bewerber detailliert ihre absolvierten Praktika, Nebentätigkeiten, vorherigen Berufsausbildungen, ehrenamtliches Engagement, Auslandserfahrungen und Sprachkenntnisse an. Alle Kriterien zusammen bilden die Grundlage für die Einstufung des zukünftigen Einkommens und die Kalkulation der einkommensabhängigen Rückzahlung.

Studienbezogene Kriterien

Vorläufige Ausschlusskriterien ergeben sich aus den statistischen Daten zu Studienabbrüchen.

- So sind die Abbruchquoten an Fernhochschulen bis zum dritten Semester so hoch, dass die Förderung im Sinne eines vernünftigen Portfoliomanagements erst nach diesem Zeitpunkt vertretbar ist.

- Ein anderes vorläufiges Ausschlusskriterium können die überdurchschnittlich langen Studienzeiten in bestimmten Fachrichtungen sein, was die Laufzeit der Förderung bis hin zur abgeschlossenen Rückzahlung sprengen würde. Das gilt zum Beispiel für den vergleichsweise langen Ausbildungsweg von Medizinern oder auch für Lehramtsstudenten, an deren Studium sich das zweijährige Referendariat anschließt. Grundsätzlich geeigneten und talentierten Kandidaten aus diesen Gruppen wird in diesem Fall zu einem späteren Zeitpunkt ein Angebot gemacht, wenn das Risiko eines Studienabbruchs wieder ein durchschnittliches Niveau erreicht hat oder die Gesamtlaufzeit ein vertretbares Angebot für die Rückzahlung erlaubt.

Die verschiedenen Kriterien werden im Rahmen des Scorings gewichtet und zusammengeführt, sodass jeder Kandidat einen individuellen Score erhält.

Statistiken ergänzt durch aussagekräftige Indikatoren

Unterstützt wird der Bewerbungsprozess durch einen detaillierten Leitfaden in der Bewerbungsmaske, aber auch durch das Team der Berater, die den Bewerber im Zweifel durch gezielte Rückfragen dazu anhalten, seine eingegebenen Daten zu optimieren: Erfahrungsgemäß können die jungen Bewerber die Bedeutung der einzelnen Indikatoren für das Pricing nicht immer vollständig einschätzen und lassen Informationen aus, die ihr Angebot positiv beeinflussen würden. In anderen Fällen werden durch die Berater auch Unstimmigkeiten aufgedeckt, die das prognostizierte Einkommen nach unten korrigieren oder zur Ablehnung des Bewerbers führen.

Das System greift auf eingespeiste Gehaltsstatistiken von führenden Instituten der verschiedenen Branchen zu, die regelmäßig an die aktuelle Marktentwicklung angepasst werden. Die Software kennt aber auch kausale Zusammenhänge zwischen Lebenslaufkriterien, Abbruchquoten und zukünftiger Einkommensentwicklung.

- So ist die Abiturnote zum Beispiel kein guter Indikator dafür, wieviel ein Hochschulabsolvent später verdient, wenn er das Studium geschafft hat - wohl aber für die Wahrscheinlichkeit, den Studienabschluss überhaupt zu erreichen.

- Anderes Beispiel: Auslandserfahrungen sind in vielen Fachrichtungen ein Indikator für die Einkommensentwicklung, der deshalb mit einem entsprechenden Schlüssel gewichtet wird.

Praktisch heißt das: Zwei gleichaltrige BWL-Studenten der Universität Mannheim, die sich im dritten Semester ihres Bachelors befinden und die gleiche Summe für ihre Studienfinanzierung beantragen, erhalten dennoch unterschiedliche Angebote für die Rückzahlung. Hierzu zwei Beispiele:

1. Tim B. studiert Betriebswirtschaftslehre an der Universität Mannheim und braucht insgesamt 9 600 Euro. Vor dem Studium hat er bereits eine Berufsausbildung als Bankkaufmann gemacht, was die Prognose für einen erfolgreichen Berufseinstieg leicht verbessert. Auch hat er schon ein Auslandssemester absolviert. Das Abitur war mit 2,8 eher durchschnittlich, was den Score weder positiv noch negativ beeinflusst. Die Deutsche Bildung hat ihm ein Angebot eröffnet über 48 Monate Rückzahlung von acht Prozent seines Einkommens.

2. Fast identische Eckdaten bringt Carolin D. mit. Auch sie studiert Betriebswirtschaftslehre, hat vorab eine Ausbildung absolviert und war schon im Ausland. Ihr Vorsprung an Erfahrung durch Praktika sowie ihre Sprachkenntnisse sorgen für einen positiven Korrekturfaktor. Obwohl sie die gleiche Fördersumme wie Tim B. bekommt, zahlt sie nur sieben Prozent ihres Einkommens 48 Monate lang zurück.

Korrekturfaktor sorgt für Chancengerechtigkeit

Die Software gibt für die geprüften Bewerber einen Korrekturfaktor aus, der die Abweichung von einem angenommenen Durchschnittskandidaten markiert. Die grobe Einschätzung erfolgt dabei über ein Ampelsystem, das sowohl Topkandidaten empfiehlt als auch vor Bewerbern warnt, bei denen mit Problemen zu rechnen ist. Der Korrekturfaktor schützt zudem vor unbewussten subjektiven Einflüssen in der Bewerberauswahl und trägt damit auch zur Chancengerechtigkeit bei der Vergabe der Studienfinanzierung bei. Gleichzeitig sichert er die Performance des Studienfonds, der durch einen Ausgleich zwischen einkommensstarken und weniger hoch verdienenden Absolventen charakterisiert ist. Dem einzelnen Geförderten ist durch die anteilig am Einkommen bemessene Rückzahlung dennoch absolut freigestellt, welchen beruflichen Weg er einschlägt - unabhängig vom theoretisch prognostizierten Gehalt. Die Sicherheit des Studienfonds wird über die Masse der geförderten Studenten erzielt: Je mehr Studenten dem durch die Vielfalt an Fachrichtungen und Hochschulen breit diversifizierten Portfolio angehören, umso geringer wirken sich tatsächliche Abweichungen von der prognostizierten Entwicklung aus.

Vom einzelnen Menschen zum Portfolio

Genau aus diesem Grund erfasst und gewichtet die Software nicht nur die ausschlaggebenden Indikatoren des einzelnen Bewerbers, sondern setzt den Kandidaten auch ins Verhältnis zum gesamten Portfolio, um Klumpenrisiken vorzubeugen.

- So kann es passieren, dass Bewerber bestimmter Fachrichtungen trotz eines vielversprechenden Scorings vorläufig abgelehnt werden, wenn zu viele andere Studenten derselben Fachrichtung in die Studienförderung aufgenommen wurden.

- Genauso verhindert das System eine zu starke Konzentration auf einzelne Hochschulen, was im Ergebnis zu einer starken Diversifikation führt.

Ziel ist ein ausgewogener Mix an Nachwuchsakademikern, der sich dem demografischen Durchschnitt der deutschen Hochschullandschaft annähert. Der Studienfonds spiegelt auf diese Weise in Annäherung die Entwicklung des gesamten Arbeitsmarktes.

Selbstlernendes System

Das Scoring der Deutschen Bildung ist ein selbstlernendes System. Waren zunächst externe Gehaltsstatistiken die initiale Basis für das Pricing, fließen fast zehn Jahre nach Start der Geschäftsidee längst die Erkenntnisse über die Absolventen ein, die ihre Rückzahlung an den Studienfonds abgeschlossen haben. Wie belastbar waren die Gehaltsstatistiken? Inwiefern müssen Annahmen über Indikatoren für das Einkommen modifiziert werden? Wie verändert eine gesicherte Studienfinanzierung in Kombination mit einem gezielten Förderprogramm für den Berufseinstieg die tatsächliche Entwicklung junger Menschen auf dem Arbeitsmarkt? Das System analysiert sich und die Studienförderung als weiteren Indikator auf diese Weise fortlaufend selbst, was eine stetige Verfeinerung von Scoring und Angeboten zur Folge hat.

Die Finanzierung des Studiums über eine Förderung aus Studienfonds hat für Studenten einen entscheidenden Vorteil: Die Rückzahlung ist anders als bei einem Kredit nicht starr, sondern erfolgt anteilig von dem Einkommen, das der einzelne Absolvent nach dem Berufseinstieg tatsächlich hat. Spitzenverdiener zahlen mehr zurück, Geringverdiener entsprechend weniger. Und wer sich für einen ganz anderen Weg im Leben entscheidet, kann das tun. Vor Überschuldung geschützt sind alle.

Was für den Studenten sowohl Freiheit als auch Sicherheit bedeutet, darf für die Investoren des Studienfonds jedoch kein Risiko darstellen. Dazu bedarf es eines intelligenten Scorings, das den beruflichen Erfolg eines Studenten so exakt vorhersagt, dass die Performance des gesamten Portfolios am Ende stimmt. Die auf Studienfinanzierung spezialisierte Deutsche Bildung, deren Geschäftsmodell sowohl institutionellen als auch privaten Investoren ein Investment in Nachwuchsakademiker ermöglicht, nutzt eine hochautomatisierte Software, um Bewerber zu prüfen und ihr späteres Einkommen zu prognostizieren.

Seit dem Start des Studienfonds wurden bislang insgesamt über 2 200 Studenten gefördert. Dass davon bereits 184 ihre Rückzahlungen vollständig abgeschlossen haben, zeigt, dass die Kombination von finanzieller und inhaltlicher Förderung bei gezielter Auswahl der Geförderten nachhaltig funktioniert.

Zum Autor

Ulf Becker, Mitglied des Vorstands, Deutsche Bildung AG, Frankfurt am Main

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