Kreditverkauf und Forderungsmanagement

Anforderungen an ein stimmiges Gesetz zum Kredithandel

Die Bundesvereinigung Kreditankauf und Servicing e. V. (BKS) sah sich unmittelbar nach ihrer Gründung im Juni 2007 mit Plänen aus den Reihen der Regierungskoalition konfrontiert, den Kredithandel durch neue, restriktive gesetzliche Regelungen ordnen zu wollen. Sehr schnell wurde dabei deutlich, dass bei den zuständigen Parlamentariern weder zwischen dem Handel mit notleidenden und dem mit "gesunden" Darlehensforderungen unterschieden, noch die Bedeutung und die Praxis des Themas insgesamt richtig eingeschätzt wurde. Die BKS sah daher zunächst die Aufgabe darin, gemeinsam mit anderen Verbänden der Finanzwirtschaft und ihren Mitgliedern, die Abgeordneten des Bundestages an die tatsächliche Bedeutung und die heutige Praxis heranzuführen.

Wirtschaftliche Bedeutung des Kredithandels

Der Verkauf von notleidenden Forderungen (einschließlich Darlehen) an spezialisierte Unternehmen spielt heute nämlich bereits eine wesentliche Rolle zur Sicherung der Liquidität nicht nur von Banken, sondern auch von (mittelständischen) Unternehmen. Vor allem im Bankbereich ermöglicht der Verkauf von notleidenden Darlehensforderungen privaten wie öffentlichen Banken, Sparkassen und Landesbanken, ihre laufenden Aktivitäten zur Verbesserung ihrer Risikostruktur voranzutreiben und eröffnet ihnen zusätzliche Chancen, ihre Position im Markt und ihre Ertragskraft weiter zu stärken.

Viele Banken sind in Deutschland darauf angewiesen, auch mit Hilfe des Verkaufs sogenannter Non- oder Sub-performing Loans (NPL, SPL) die Verbesserung ihrer Risikostruktur voranzutreiben und sich damit zusätzliche Chancen zu eröffnen, ihre Position im Markt und ihre Ertragskraft zu erhalten oder weiter zu stärken. Dabei zeigt die aktuelle Finanzkrise, wie wichtig ein funktionierender NPL-Markt ist: Er dient der vernünftigen Risikosteuerung und Refinanzierung und stabilisiert damit das Finanzsystem insgesamt.

Mit Zunahme von Waren- und Konsumentenkrediten wird bei anhaltend schlechter Zahlungsmoral die Möglichkeit des Verkaufs von Forderungen an spezialisierte Finanzdienstleister zu attraktiven Konditionen sogar für viele Unternehmen zu einer die Existenz sichernden Frage. Maßnahmen des Gesetzgebers, die zu einer Verschlechterung der Bedingungen der Abtretung von Forderungen führen würden oder die Kosten solcher Transaktionen deutlich erhöhen, könnten sich daher nicht nur für die Übernehmenden, sondern vor allem für die Firmen als schädlich erweisen, die auf diese Form der Liquiditätssicherung angewiesen sind.

Die BKS hat sich daher bereits in der Phase des Aufbaus des Verbandes sehr engagiert in die laufende Gesetzgebungsdiskussion eingemischt und versucht, den Parlamentariern zu verdeutlichen, dass entgegen einer aufgeregten und häufig auch schon sachlich falschen Medienberichterstattung, Darlehensschuldner in Deutschland auch ohne Änderung der Gesetze gut gegen eventuelle Missbräuche geschützt sind.

Generell ist eine Übertragung von "lebenden" Kreditforderungen ohne Zustimmung des Schuldners nicht möglich. Falls ein Schuldner der Übertragung jedoch zustimmt, gehen damit alle Rechte und Pflichten auf den Käufer über. In dem Spezialfall notleidender Forderungen, insbesondere wenn das Darlehen gekündigt wurde, weil der Schuldner nicht nur vorübergehend nicht zahlungsfähig oder -willig ist, ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (Urteil vom 27. Februar 2007) der Verkauf auch ohne Zustimmung des Schuldners möglich. Das ist auch sachgerecht, da es dem Gläubiger, der sich seinerseits vertragstreu verhalten hat, gestattet sein muss, möglichst effektiv gegen einen Schuldner vorzugehen, der sich seinerseits nicht vertragstreu verhält.

Ausgewogenes Verhältnis von Gläubiger- und Schuldnerrechten

Jedoch gehen auch bei einem solchen Verkauf alle Rechte und Pflichten - so wie sie zuletzt bestanden - auf den Käufer über. Der Verkauf der Forderung ändert somit insbesondere nichts an der Möglichkeit des Schuldners, gegen den neuen Gläubiger die gleichen Einwendungen geltend zu machen, wie zuvor gegen den ursprünglichen Forderungsinhaber. Insbesondere bleiben die vertraglichen Vereinbarungen über Zinsen und Gebühren, Laufzeiten und sonstige Bedingungen gültig und bleibt der Schuldner weiterhin auch durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen geschützt.

Die Verschwiegenheitspflicht beziehungsweise das sogenannte "Bankgeheimnis" führt dabei nicht zu einem Abtretungsverbot von notleidenden Forderungen. Auch aus Datenschutzvorschriften ergibt sich kein gesetzliches Verbot im Sinne des Paragrafen 134 BGB und liegt kein Geheimnisverrat im Sinne der Strafvorschriften vor.

Insgesamt enthält das deutsche Rechtssystem nach Ansicht der BKS heute schon ein ausgewogenes Verhältnis von Gläubiger- und Schuldnerrechten, das auch beim Verkauf eines notleidenden Kredits fortbesteht. Aus Sicht der BKS gab und gibt es daher eigentlich keine Notwendigkeit für die aus den Reihen des Parlamentes betriebene gesetzliche Neuordnung des Kredithandels, auch nicht im Rahmen des Risikobegrenzungsgesetzes. Die in den Anhörungen und Gesprächen vorgebrachten Zweifel und Bedenken grundsätzlicher Art - insbesondere zum Thema Akzessorietät der Sicherungsgrundschuld und Gut- beziehungsweise Bösgläubigkeit des Erwerbers - erwiesen sich bei näherem Hinsehen aus fachlicher Sicht denn auch entweder als "akademische Sonntagsfragen" ohne Relevanz für die Praxis oder aber als verdeckte "Kampfmittel", um einzelnen Schuldnern sachlich nicht gerechtfertigte Vorteile gegenüber eigentlich berechtigten Forderungen von Gläubigern zu verschaffen oder aber die Branche insgesamt zu diskreditieren.

Während man ein solches Treiben bei Parlamentariern des linken Spektrums vielleicht noch aus dem Motiv genereller "Kapitalismuskritik" nachvollziehen kann, hat aus Sicht der BKS die undifferenzierte Argumentation einiger Ab

geordneter der CDU/CSU dann doch sehr verwundert. Gerade aus Richtung der bayerischen Staatsregierung und des von Horst Seehofer geführten Verbraucherministeriums kamen immer wieder Vorschläge, bei denen man sich schon die Frage stellen muss, ob die Funktionsfähigkeit des Finanzsektors in der Union keinen Stellenwert mehr genießt und wo denn die angebliche Wirtschaftskompetenz der Christdemokraten geblieben ist.

Notwendige Versachlichung der Diskussion

Glücklicherweise hat sich sowohl das Bundesministerium der Finanzen (BMF), als auch das Bundesministerium der Justiz (BMJ), bis in die Spitzen des Hauses hinein während der gesamten Debatte sehr darum bemüht, eine Versachlichung herbeizuführen. Dieses ist auch insoweit gelungen, als rechtzeitig zur Verabschiedung des Gesetzes am 27. Juni 2008 im Bundestag die schlimmsten Irrungen und Wirrungen aus den Gesetzesberatungen vom Tisch waren: Weder wurde ein generelles Veräußerungsverbot beschlossen, noch ein Kündigungsrecht ohne Vorfälligkeitsentschädigung im Falle einer Übertragung.

Das schließlich im Gesetz enthaltene Gebot der Information des Betroffenen von einem Forderungsübergang, wie auch der rechtzeitigen Information über eine Anschlussfinanzierung, Klarstellungen bezüglich der Akzessorietät der Sicherungsgrundschuld und Ähnliches entsprechen zumindest der Praxis der Mitglieder der BKS und unserem "Code of Conduct" und bedeuten daher aus unserer Sicht zumindest keine Verschlechterung der Situation. Die Möglichkeit der Kündigung eines immobilienbesicherten Darlehens kann sich im Einzelfall sicherlich als Verschlechterung der Situation der betroffenen Bank erweisen, stellt aber nicht die Funktion des Finanzsektors insgesamt infrage. Insofern können sich die neuen Regeln als vernünftige Basis für zukünftige Kreditverkäufe erweisen und zu einem Mehr an Transparenz und rechtlicher Klarheit führen.

Die BKS ihrerseits bemüht sich - auch nach Abschluss der gesetzlichen Debatte - weiter um eine Versachlichung der aufgeregten öffentlichen Debatte, deren Hintergrund sicherlich im Nachhall der Diskussion um "Heuschrecken" und die "Subprime-Krise" zu suchen ist. Mit dem Angebot eines Ombudsmanns will sie künftig berechtigten Beschwerden von Schuldnern beispielsweise über problematische Abrechnungen oder Verfahrensweisen entgegenkommen und hier ein niederschwelliges Angebot der Konfliktlösung eröffnen, das zu einer weiteren Normalisierung des politischen und medialen Umgangs mit dem Thema Kredithandel führen soll.

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