Im Blickfeld

Basel III - kein Grund zum Jubeln?

Die jüngst beschlossenen Kapitalstandards (BaselIII) sind die logische Konsequenz der Finanzkrise und längst überfällig. Sie kurieren an der Basis und erhöhen zu Recht kräftig das Kapitalpolster, das Banken für den Fall der Fälle bereithalten müssen. Nun werden offensichtlich Versäumnisse der Vergangenheit kompensiert, die bereits ihre Wurzeln in den Nachkriegsjahrzehnten haben. Denn erinnern wir uns: Über lange Jahre hinweg wurde in den Geschäftsmodellen der Banken in großzügigem Umfang die sogenannte Quersubventionierung toleriert, was im Wesentlichen bedeutete, dass die Risiken weitgehend nicht verursachungsgerecht zugeordnet wurden. Die Anpassung von Liquidität und Kapital an das heute wesentlich höhere Risikoprofil, bedingt nicht zuletzt durch das exponentielle Wachstum sogenannter Finanzderivate, stößt naturgemäß nicht überall auf Wohlwollen und wird teils zu Recht als ungerecht und unausgewogen empfunden. Den Einwendungen und Hochrechnungen der Bankenverbände, dass nun die neuen Kapitalunterlegungsregeln tiefgreifende Folgen haben werden bis hin zu einer erneuten Kreditklemme, kann nicht gefolgt werden. Sicherlich zutreffend wird sein, dass es über weite Teile zu einer Kreditverteuerung kommen wird, da die Mehrkosten von BaselIII an die Kunden weitergereicht werden. Dies war bereits bei den vorausgegangenen Umsetzungen der Basel-Regeln der Fall. Berechtigte Sorge bereitet das aufzubringende Kapitalvolumen, das Experten auf bis zu 1000 Milliarden Euro schätzen, das weltweit erforderlich wird, um die Bestimmungen erfüllen zu können. In der Tat eine hohe Summe. Zu bedenken ist aber, dass Übergangsfristen gewährt werden, über die zu diskutieren wäre, außerdem ist die Summe in Relation beispielsweise zum Abschreibungsbedarf der Banken zu sehen, die sie aufgrund der Lehman-Krise in ihren Büchern tragen. Für schwächer aufgestellte Institute dürfte die Kapitalbereitstellung eine harte Herausforderung und Überlebensfrage darstellen, getreu den Gesetzen der Marktwirtschaft. Im Detail weisen denn auch die neuen Regeln Nachbesserungsbedarf auf. Offensichtlich waren die Experten in Basel nicht bereit, beispielsweise Gegebenheiten zu berücksichtigen, die historisch bedingt den Geschäftsmodellen zugrunde liegen und sich in unterschiedlichen Risikoprofilen widerspiegeln. Gleichermaßen wurde es versäumt, die EU-Regelung der stillen Einlagen zu übernehmen. Gespannt sein darf man zudem, wie die einzelnen Länder mit ihren nationalen Finanzaufsichten die Umsetzung - neben der festgeschriebenen Kernkapitalforderung von sieben Prozent - des zusätzlichen "antizyklischen Kapitalpuffers" ausgestalten werden. Die weichen Regeln sollen je nach spezifischer Situation der Bank entsprechend festgelegt werden. Vergangene Erfahrungen lassen befürchten, dass es innerhalb der G-20-Staaten hierzu recht unterschiedliche, politisch gefärbte "harte und weiche" Auslegungen geben wird. Hier bleibt auf Ehrlichkeit und Fairness im Interesse der Gesamtheit zu hoffen, insbesondere seitens der Bankengruppen, die sich auf der Verliererseite wähnen. Nach der Einigung der Experten in Basel hat nun die Politik im November in Seoul beim G-20-Gipfeltreffen mit ihrer erforderlichen Zustimmung die Gelegenheit, Feinanpassungen bei offenkundigen Ungerechtigkeiten abzufedern. Warten wir ab, wann es zu einer Basel-IV-Regelung kommen wird. Prof. Dr. Klaus Fleischer ist Kapitalmarktexperte der Wirtschaftskanzlei RP Richter Partner und Bankprofessor an der Hochschule München.

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