Gespräch des Tages

Basel III - Nichts passiert?

Als "Kernstück der neuen bankaufsichtlichen Regeln" hat Franz-Christoph Zeitler die am zweiten Septemberwochenende in Basel beschlossenen aufsichtlichen Anforderungen an das Eigenkapital bezeichnet. Und in der Tat bedeutet die in der Endstufe im Jahre 2019 um das 3,5-fache gesteigerte Ausstattung an hartem Kernkapital die in der Branche ohnehin erwartete und in der Praxis teilweise schon antizipierte deutliche Verschärfung der bisher geltenden Vorschriften. Aber die noch offenen Fragen, die der für Banken und Finanzaufsicht zuständige Vizepräsident der Deutschen Bundesbank ansprach, die Hinweise auf den ständigen Überprüfungsbedarf sowie die Option auf möglicherweise notwendige Nachjustierungen lassen vermuten, dass die Regulatoren auch in den kommenden acht Jahren sehr intensiv damit beschäftigt sein werden, die Wirkungen der jeweils gültigen Beschlusslage zu überprüfen. Denn es geht eindeutig um die Schaffung neuer Rahmenbedingungen und damit auch um mögliche Eingriffe in den Bankenwettbewerb.

Ob im Zuge der Umsetzung das theoretisch so leicht propagierbare Level Playing Field geschaffen werden kann, ist hinsichtlich der historisch gewachsenen und damit sehr unterschiedlichen Bankenstrukturen in den einzelnen Ländern jedenfalls längst nicht ausgemacht. Aus heutiger Sicht ist es schon recht schwer absehbar, inwieweit die Übergangszeiten ausreichen, die bisher anerkannten Kernkapitalbestandteile nun in andere zu wandeln, die den neuen Anforderungen gerecht werden. Wie steht es darüber hinaus mit einer Neutralisierung der Wirkungen der unterschiedlichen Rechnungslegungsvorschriften? Funktioniert die Kapitalbeschaffung für die nicht börsennotierten Banken? Mit welchen zusätzlichen Regelungen lässt sich die unterschiedliche Systemrelevanz der einzelnen Banken und Institutsgruppen berücksichtigen? Gelingt es in weiteren Regulierungsschritten die ebenfalls beschlossene Leverage Ratio in Höhe von drei Prozent wirklich risikodämpfend in den Regulierungsrahmen einzubringen? Und befördern die neuen Eigenkapitalregeln für die Kreditwirtschaft nicht zwangsläufig Ausweichreaktionen in das unregulierte Schattenbanksystem?

Dass all diese Schwierigkeiten der praktischen Umsetzung auch der Deutschen Bundesbank gewahr sind, lässt sich andeutungsweise der Stellungnahme nach den Baseler Beschlüssen entnehmen und wurde von Franz-Christoph Zeitler und seinem Zentralbereichsleiter Erich Loeper auch verbal noch einmal bekräftigt.

Gleichwohl ist nun auf regulatorischer Ebene ziemlich exakt zwei Jahre nach der Lehman-Pleite eindeutig etwas passiert. Die Zielvorgaben für die künftige Eigenkapitalausstattung stehen, es sind darüber hinaus noch eine ganze Reihe von flankierenden Projekten auf der Agenda der Regulatoren. Und es wurde viel über die unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen in verschiedenen Kreditinstituten und/oder Ländern nachgedacht. Wie sich in der komplexen Wirklichkeit die möglichen Wirkungszusammenhänge im Zusammenspiel aller Maßnahmen auswirken werden, lässt sich damit allerdings längst noch nicht seriös in Modellrechnungen erfassen. Und man wird sehr gut hinschauen müssen, wie die einzelnen Länder beziehungsweise Regionen die eingeräumten Gestaltungsspielräume nutzen.

Bei den deutschen Bankengruppen ist übrigens trotz aller Unterschiede in der aktuellen Beurteilung der Basel-III-Regeln - in einem Punkt demonstrative Einigkeit zu spüren. Erst einmal müssen alle Länder, also auch die USA, bis 2011 die Basel-II-Regeln umgesetzt haben. Sonst wird Basel-III zu einer Fortschreibung von Wettbewerbsverzerrungen.

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